Des Drachens grauer Atem
nurKanäle bis zu den Feldern angelegt und der Zufluss unterKontrolle gehalten werden.
Für den ersten Anbauversuch wählte Sinhkat eine schnell wachsende Salatsorte. Wenn die Männer während der unbewohnten Arbeit noch zuweilen gemurrt hatten, weil die Sonne sie ausdörrte, so kamen sie eine Woche später jubelnd ins Dorf gelaufen und verkündeten, dass sich auf den Salatfeldern die ersten grünen Spitzen der jungen Pflanzen zeigten.
Auf einigen Flächen war Trockenreis ausgesät worden, und gegenwärtig pflanzte eine Gruppe von Frauen Erdnüsse. Von Sinhkat hatten sie gelernt, wie man die Keimzeit der Nüsse verkürzen konnte, indem man sie nämlich einige Tage unter feuchtem Moos in der Sonne liegen ließ. Er überwachte das Ausstreuen des Düngers, der nicht für alle Felder ausreichte und den Sinhkat deshalb vorerst nur für die Nußkulturen verwenden ließ. Denn fiel die Ernte hier gut aus, würde man literweise Erdnußöl pressen und endlich auch wieder ein Wildschwein braten können, statt es einfach über dem offenen Feuer zu rösten.
Um die gegenwärtige Knappheit an Nahrung zu überwinden waren auf Sinhkats Anraten Frauen in die etwas weiter vom Dorf entfernt liegenden Hügel gezogen, um Pilze und andere Wildfrüchte, auch Bambussprossen und Bananen zu sammeln. Gleichzeitig begann Sinhkat aus Pflanzen, die er mitgebracht hatte, Bananenstauden zu ziehen, die Früchte mit höherem Zuckergehalt und ohne Kerne trugen. Zu seiner Freude schienen diese Pflanzen die Reise einigermaßen gut überstanden zu haben. Sie wuchsen schnell an und richteten sich auf.
Sinhkat hatte Stecklinge für eine ganze Bananenplantage mitgebracht. Vorerst konnte man sie noch auf engem Raum aufziehen, aber schon in einigen Wochen würde man sie versetzen müssen, mit größeren Abständen. Deswegen war lange darüber beraten worden, wo man sie in die Erde bringen könnte. Muchathien hatte schließlich vorgeschlagen, die für Mister Warrens Flugzeuge angelegte Lande- piste zu benutzen. Als die anderen Männer diesen Vorschlag einmütig guthießen, war Sinhkat klar geworden, dass er den schwierigsten Teil seiner Aufgabe offenbar gelöst hatte: Die stumpfe Ergebenheit in für unabänderlich gehaltenes Schicksal wurde mehr und mehr von einem Unternehmungsgeist verdrängt, der bereits ein hohes Maß an Selbstvertrauen verriet. Das aber war die wichtigste Voraussetzung für alles, was noch zu tun blieb.
Zweifellos, so sagte sich Sinhkat, würde die Verwandlung der Landepiste in eine Bananenkultur ein zweites Problem fast nebenbei beseitigen. Wenn es die Piste nicht mehr gab, könnten Mister Warrens Maschinen auch nicht mehr in Muong Nan landen!
Da sich nun alle einig waren, hatte Lo Wen eine Bitte geäußert die sie überraschte: „Auch ich bin mit dieser Sache einverstanden. Aber ich bin der Dorfvorsteher, und ich bin von Mister Warren gezwungen worden, mich weiter für das Opiumgeschäft zu verpflichten. Wenn morgen sein Flugzeug käme, würde man mir Fragen stellen. Das könnte man nicht mehr, wenn ihr heute noch einen anderen Dorfvorsteher wählt. Und darum bitte ich euch, denn ich bin auch davon überzeugt, dass wir ohne Mister Warren besser leben werden. Also tut mir den Gefallen und wählt neu."
Zunächst herrschte betretenes Schweigen, und Lo Wen verstand nicht, warum sich niemand äußerte. Endlich kam ihm Muchathien zu Hilfe.
„Leute, was Lo Wen vorschlägt, ist die eleganteste Art, Mister Warren abfahren zu lassen! Natürlich, wenn wir einen neuen Vorsteher haben, können wir Mister Warren einfach sagen, was Lo Wen ihm versprochen hat, gilt für uns nicht. Wir haben Lo Wen abgesetzt, und von uns gibt es kein Versprechen an Mister Warren. Sehr guter Einfall, Lo Wen! Wenn du auch nicht viel von Landwirtschaft verstehst, dies ist ein Vorschlag, der dich ehrt."
Lo Wen lächelte. Gewiss, es schmerzte ein wenig, die Würde des Vorstehers von einem Tag auf den anderen zu verlieren. Aber ist es nicht klug, so zu verfahren? Zumal jeder in Muong Nan weiß, dass der Vorschlag von mir gekommen ist. Man wird mich auch weiterhin achten, denn man begreift, in welcher Zwangslage ich Mister Warren diese Zusage geben musste. Warren wird mich nicht mehr unter Druck setzen können, und das Dorf ist frei in seinen Entscheidungen.
Er setzte sich wieder hin, und als sein Vorschlag lange genug beraten war, erhob er sich erneut und sagte: „So, nun haben wir festgestellt, dass es richtig ist, wenn ich nicht mehr Vorsteher bin. Wir brauchen
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