Des Drachens grauer Atem
heißt. Er wurde wieder ernst, ging zu seinem Schreibtisch und stellte das Bandgerät ab. Dann drückte er auf eine Taste an seinem Sprechgerät und sagte: „Sloane, kommen Sie zu mir."
Eine Minute später stand ein Mann von etwa dreißig Jahren vor ihm, dem man ansah, dass er nicht in einem Büro aufgewachsen war. Er war groß und kräftig, hatte sehr kurz gestutztes Haar und hielt sich straff wie ein Soldat, der vor seinem Kommandeur stand. Sloane war seit fünf Jahren in Thailand. Vier davon hatte er in einem Ausbildungscamp der Special Forces unweit der laotischen Grenze verbracht. Nicht zuletzt die Tätigkeit bei dieser Truppe hatte ihn für die Abkommandierung zu Warrens Stab qualifiziert.
„Sir?" sagte er und sah seinen Vorgesetzten an.
Warren erkundigte sich: „Haben Sie den Mann gesehen?"
„Ja, Sir. Auf dem Schirm."
„Stellen Sie fest, wo er wohnt."
Ein Lächeln glitt über die Züge Sloanes. „Ist schon geschehen. Hotel Asia."
„Sehr schön. Ihr Auftrag ist, zu beobachten, was er treibt." Er ging zum Schreibtisch, nahm das Band mit dem aufgenommenen Gespräch und übergab es Sloane. „Das können Sie sich mal anhören, bevor Sie losziehen. Ich will wissen, mit wem der Mann Kontakt aufnimmt und wohin er reist. Klar?"
„Klar, Sir", erwiderte Sloane militärisch knapp. „Noch etwas?" Warren überlegte. „Ist die Maschine abgeflogen?"
„Start erfolgte um elf Uhr, Sir."
Warren rechnete. Die C-47 konnte noch vor Sonnenuntergang in Muong Nan sein. Er wandte sich an Sloane, der abwartend an der Tür stand: „Geben Sie einen Spruch auf, an die Schan-Leute. Maschine kommt wie üblich."
„Okay, Sir", sagte Sloane. Dann entließ ihn Warren.
Die C-47 war in Chiengmai aufgetankt worden, während die beiden Flieger im Restaurant des Flughafens ihre Steaks aßen. Sie hatten von dem für die amerikanischen Militärmaschinen reservierten Teil des Flugfeldes, ganz am Ende der Piste, einen Jeep genommen, um die Strecke zurückzulegen. Joe Bates und Leonhard Kinney kannten sich in Chiengmai aus. Für gewöhnlich bestellten sie ihr Mittagessen bereits, wenn sie auf halbem Weg zwischen Bangkok und diesem letzten Zivilflughafen im Norden waren. Im Turm von Chiengmai saß fast immer neben den einheimischen Lotsen ein Amerikaner, der für die Maschinen der Air America zuständig war. Sobald er den Funkspruch von Bates und Kinney bekam, rief er im Restaurant an und teilte dem Koch mit, was die beiden zu essen wünschten.
Sie beflogen diese Route seit etwa zwei Jahren. Manchmal kamen sie jede Woche, dann wieder gab es längere Pausen, aber sie blieben nie für mehr als einen Monat aus. Außer ihrer alten C-47 gab es andere Maschinen der Air America, die in Chiengmai zwischenlandeten, große C-130, aber zuweilen auch die schnellen, kleinen Pilatus-Porter, in denen höhere Offiziere reisten oder Kommandos, die nur aus wenigen Männern bestanden.
Die Air America, jene seltsame Fluggesellschaft, die in keinem Register aufgeführt war und deren Maschinen, stumpfgrau gespritzt, ohne Hoheitsabzeichen, seit Jahren überall dort in Asien auftauchten, wo die CIA ihre Hand im Spiel hatte, war in Chiengmai wohlbekannt. Hier war das Sprungbrett zu den verschiedenen Verbündeten der CIA, die ihre Stützpunkte in den Bergen hatten, in Thailand, aber auch in Burma oder weiter östlich, in Laos. Die amerikanischen Flieger versorgten sie mit allem, was sie brauchten, mit Waffen und Munition, Reis und Fleischkonserven, mit Funkgeräten und Penicillin. Air America war für jede Art des Lufttransportes verantwortlich in Gegenden, in denen die CIA operierte. Zuweilen beförderte sie das Privatgepäck eines Banditengenerals oder dessen Geliebte, aber auch schweigsame einzelne Männer, die sich monatelang in einer Schule der Agentur in Thailand aufgehalten und dort gelernt hatten, wie man Minen legt, wie man die automatische Anlage eines Funkleitgerätes bedient, wie man einen gut bewachten Politiker tötet oder auf welche Weise man ein Gebäude in die Luft sprengt.
Bates und Kinney flogen seit Beginn des Vietnamkrieges für die Agentur. Sie hatten Aufgaben in Vietnam erfüllt, solange der amerikanische Krieg dort tobte. Danach waren sie zu Mister Warren kommandiert worden. In den nächsten zwölf Monaten würde ihre Dienstzeit in Übersee beendet sein, und sie würden in die Vereinigten Staaten zurückkehren. Sie hatten die Wahl, auszuscheiden oder weiter im Dienst der Agentur zu verbleiben. Die Chancen waren in den Vereinigten
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