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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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sogar in Chiengmai an die Telefonnummer eines Herrn erinnert, den ich vor länger als einem halben Jahr zum letzten Mal gesprochen habe."
    Kinney mahnte: „Ich würde es schätzen, Joe, wenn du endlich Klartext redest. Was war mit dem Telefongespräch?"
    „Der Chef. Nur eine Mitteilung. Wir werden in Muong Nan heute unseren alten Freund Lo Wen nicht antreffen."
    „Ist er gestorben?"
    „Nein. Er sitzt. In Chiengmai. In den nächsten Tagen soll er nach Bangkok gebracht werden."
    Kinney schüttelte verwundert den Kopf. „Was kann der schon angestellt haben?"
    „Opium verkauft.An Mister Warren vorbei. Auf eigene Rechnung." „Oh", machte Kinney.
    Bates nickte. „Ja, so was hat der Chef nicht gern. Er muss ihn wohl zur Ordnung rufen. Hat er zwar nicht gesagt, aber so verstehe ich das. Nun gut. Also - das ist die Neuigkeit."
    „Sehr interessant", sagte Kinney, „aber was daran macht dich so lustig? Schadenfreude?"
    „Merkst du nichts?"
    „Gar nichts."
    „Auch nicht, wenn ich dir sage, dass wir in dem Dorf da oben vermutlich nur Bansammu antreffen, weil die anderen um diese Jahreszeit auf den Feldern sind?"
    „Schöne Aussichten. Das Nest ist schon triste genug. Die Mädchen lassen sich nicht aufs Kreuz legen, zu essen muss man sich von zu Hause mitbringen, und die Hälfte von unserem Bier säuft uns Lo Wen noch weg."
    „Er ist nicht da", erinnerte ihn Bates.
    „Na, dann Bansammu."
    „Eben", hakte Bates nun ein und wurde ernst. „Hör mal genau zu! Wir haben bloß mit Bansammu zu tun. Sonst ist niemand da. Nur er. Und zehn Säcke voll Stoff. Na?"
    Zuerst begriff Kinney immer noch nicht, was der Pilot andeuten wollte, aber dann lief über sein rundes, rosiges Gesicht ein breites Grinsen, und er zog die rotblonden Brauen hoch. „Ach", sagte er gedehnt. „Das ist allerdings eine Situation, aus der man einiges machen könnte."
    „Ich habe es schon gemacht", erklärte Bates. „Mit einem Telefongespräch. Ich habe sofort von Chiengmai aus mit Mister Lomsok gesprochen."
    „Die alte Bauchfaltenlaus", bemerkte Kinney abfällig.
    Aber Bates fragte nur sachlich: „Weißt du, was er für zehn Säcke Stoff bezahlt?"
    „Ich höre."
    „Fünfzigtausend Dollar, mein Sohn. Das Kilogramm wird im Augenblick mit hundert Dollar gehandelt. Sagt dir das etwas?"
    Kinney sah ihn an. „Die zehn Säcke gehören uns?"
    „Ja. "
    „Okay", sagte Kinney. Aber sein Gesicht war besorgt. Er dachte an Warren. „Ob wir das so machen können, ohne dass der Chef Wind bekommt?"
    „Über Lomsok geht das. Lomsok ist todsicher. Ich habe alles erledigt. Kein Risiko."
    „Und wie machen wir es?"
    Bates antwortete langsam: „Zuerst will ich wissen, ob du dabei bist. Wenn nicht, reden wir kein Wort mehr darüber. Wenn ja, dann sind das für jeden von uns fünfundzwanzigtausend. Damit und mit dem Rest kannst du deine Garagenkette gleich kaufen und brauchst sie nicht erst aufzubauen."
    Kinney überlegte nicht lange. Fünfundzwanzigtausend Dollar, das war eine Summe, die gewisse Überlegungen ausschaltete. Risiko war bei jedem Geschäft. Sogar jeder dieser Flüge konnte der letzte sein, wenn irgendwo über den Bergen die Maschine nicht mehr mitmachte. Also gab es nicht viel nachzudenken. Man war gewohnt, mit der Gefahr zu leben. Warum sollte man da zögern, wenn es galt, mit einem vermutlich geringen Risiko fünfundzwanzigtausend Dollar einzustreichen? Das Leben war kurz und der Dollar rund. Und ein Flieger, der nach zehn Jahren Dienst in Übersee in die Vereinigten Staaten zurückkam, stand genauso am Ende der Schlange von Arbeitslosen wie alle anderen, wenn er nicht selbst zusah, dass er seine Milch in den Eimer kriegte.
    „Okay", sagte Kinney, „du kannst auf mich rechnen, Joe."
    Der nickte zufrieden. Dann machte er eine Kopfbewegung zur Funkanlage und forderte: „Nun sieh erst mal zu, dass du Nautungs Trupp bekommst. Sag Bescheid, wir sind unterwegs, Austausch heute nach Einbruch der Dunkelheit."
    Während Kinney die Kopfhörer anlegte und das Gerät einstellte, zog Bates die Maschine höher. Vor ihnen türmten sich die Berge. Die C-47 flog gegen die Sonne. Auf den Kämmen der Felsriffe lag helles Licht. Die Täler waren graue Schlünde. Schluchten zeichneten sich in tiefem Schwarz ab. Von der Höhe aus, in der die Maschine flog, war der Dschungel zwischen den Höhenzügen wie ein grünbraunes Tuch, unterbrochen manchmal vom Blitzen eines Wasserlaufes. Dort, auf den Südhängen, wo sich nicht das bräunlich gefleckte Grün des

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