Des Drachens grauer Atem
der Pilot Bedenken gehabt, denn schließlich war Warren kein Neuling. Aber wie es schien, ging er tatsächlich in die Falle. Kann mir nur recht sein. Es wird nicht einmal eine Disziplinarstrafe geben, denn dort oben einen Schnaps zu trinken, der einem angeboten wird, das fällt unter die generelle Anweisung, höflich und entgegenkommend zu der einheimischen Bevölkerung zu sein.
„Ich kann es noch nicht glauben", äußerte er sich vorsichtig, „dass ausgerechnet Bansammu eine solche Schweinerei mit uns treibt, Sir. Sie haben den Alten gekannt. War er nicht immer das Musterbeispiel eines ehrlichen, umgänglichen Mannes?"
Warren war zufrieden, weil der Pilot offenbar einzusehen begann, auf welche Weise er übertölpelt worden war. Das stimmte ihn milde. „Wie oft habe ich Ihnen eingeschärft: Trauen Sie keinem dieser Einheimischen, Bates."
Der Pilot senkte den Kopf.
„Ich habe immer darauf verwiesen, dass diese Leute es ausgezeichnet verstehen, einen soliden Eindruck zu machen, dass sie aber voller Heimtücke stecken. Unser ganzes Problem mit den so genannten Verbündeten hier in Südostasien ist diese Heimtücke. Wir treffen überall auf sie. Das war in Saigon so, und es ist dort heute noch so. Es ist in Südkorea nicht anders als in Taiwan, von Japan überhaupt nicht zu reden! Wir haben es mit skrupellosen Rosstäuschern zu tun.
Sie wissen einen amerikanischen Dollar zu schätzen, aber sie haben absolut kein Gefühl für Ehrlichkeit und für Anständigkeit, geschweige denn so etwas wie Dankbarkeit. Wenn wir nur einen einzigen Augenblick nicht aufpassen, verkaufen sie uns sofort. Sie verraten uns für einen halben Silberling, Bates. Das genau ist Ihnen passiert!"
Bates atmete auf. Die Hürde war genommen, Warren begann sich über die Einheimischen aufzuregen. Das wär's. Nun noch ein paar passende Worte, und die Sache ist aus der Welt.
„Sir", bemerkte er zögernd, „ich weiß bloß nicht, wie der Kerl sich das vorstellt. Wohin will er mit dem Zeug? Wir würden es erfahren, wenn er es verkauft. Und - selbst wenn es ihm gelingt, es irgendwo abzusetzen - was dann? Nach Muong Nan kann er nicht mehr zurück."
Warren lachte trocken auf. „Er kann schon."
„Nun ja, aber dann können wir ihn jederzeit zur Rechenschaft ziehen."
„Das werden wir tun, Bates", bestätigte Warren und stand auf. Jetzt brannte er die Zigarre an. Als er einige Züge gemacht hatte, konstatierte er erstaunt, dass sie sogar noch schmeckte. „Wir werden uns diesen Herrn vornehmen, sobald er auftaucht." Er verfolgte sinnend die Rauchkringel, die langsam zur getäfelten Decke aufstiegen. „Und er wird auftauchen. Ich lasse die Fahndung über die thailändische Polizei anlaufen. Das genügt. Eines Tages wird er ergriffen, dann rechnen wir mit ihm ab. Vorerst müssen wir diese Ladung allerdings als Verlust buchen."
Warren wanderte wieder hinter dem Schreibtisch hin und her. Bates regte sich nicht. Er kannte Warren gut genug, um ihn jetzt nicht zu unterbrechen. Am besten war es, wenn der Chef in solchen Minuten überhaupt nicht merkte, dass außer ihm noch jemand im Zimmer war.
„Als Verlust, ja..." Warren überlegte angestrengt. Ihm fiel ein, dass es noch eine Auseinandersetzung mit dem Dorfvorsteher geben würde, mit Lo Wen. Eine ähnliche Sache. Nicht ganz so kriminell wie das, was Bansammu getan hatte, aber immerhin auch unkorrekt. Man wird von diesen Kerlen tatsächlich nur betrogen. Oder wäre es vielleicht ratsamer, die offenbar angeschlagene Bereitschaft der Leute in Muong Nan, mit der Agentur ehrlich zusammenzuarbeiten, auf andere Weise zu beleben? Warren beugte sich über den Schreibtisch und machte auf einem Notizblock einen Vermerk: Überprüfen, was man eventuell hinaufschaffen kann, um ein bisschen gute Stimmung zu erzeugen. Er hatte sich um diese Dinge in der letzten Zeit weniger gekümmert. Erfahrungsgemäß waren in den Bergdörfern hin und wieder die Lebensmittel derart knapp, dass man mit einem Sack voll Haferflocken soviel Freude auslösen konnte wie etwa bei einer Kompanie Ranger, der man zwei Dutzend Huren überließ. Ich muss das kontrollieren, dachte Warren. Vor allem muss ich darüber mit Lo Wen verhandeln, bei dem liegt die Sache anders. Er richtete sich auf und nickte Bates zu. „Gut, Bates."
Der Pilot erhob sich. „Was soll nun werden, Sir? Immerhin ist das ein enormer Verlust für die Agentur."
Warren beruhigte ihn wohlwollend: „Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf darüber, mein Lieber. Das bringen
Weitere Kostenlose Bücher