Des Kaisers Gespielin (German Edition)
Ich wünschte, sie wäre es zufrieden und würde nicht mehr auf weiteren Versuchen bestehen. Aber das Alter macht ihr zu schaffen... und der Gedanke, dass ihre Söhne sie über kurz oder lang verlassen werden... Sie hat Angst davor allein zurückgelassen zu werden.“
Ich nickte in Gedanken versunken und ließ meine Finger durch das Haar auf seiner Brust gleiten. Es fiel mir schwer, mir vorzustellen, was für ein Leben die Kaiserin führen mochte. Weit fort vom Leben bei Hofe und ihrem Gemahl. War sie glücklich? Sicher hatte sie längst von den verschiedenen Konkubinen ihres Mannes gehört und ich fragte mich unwillkürlich, ob es sie noch störte. Ob sie seine Gespielinnen beim Namen kannte? Vielleicht auch mich? Ein Schauder fuhr über meinen Rücken, was für eine unerfreuliche Vorstellung. Seine Majestät missverstand meine Gänsehaut und legte sich näher zu mir, um mich mit seinem Körper zu wärmen.
„Wann wird er kommen?“, fragte ich leise in sein Haar.
„Bald!“, antwortete er beiläufig, während seine Hände zwischen meine Hinterbacken glitten. Damit war das Gespräch beendet.
Ravenna nahm diese Information mit steinerner Mine entgegen, als ich ihr noch in der gleichen Nacht davon berichtete.
„Man wird sehen müssen, welche Art von Mensch er ist... aber einfacher wird das Palastleben durch seine Anwesenheit nicht.“
Ich verstand die Aufregung nicht.
„Er ist doch noch ein Kind.“, winkte ich ab, „Warum sollte er, der seine kaiserliche Unterweisung noch vor sich hat, irgendeinen Einfluss haben?“
„Ein Kind?“
Ravenna lachte spöttisch auf: „Jung ist er, aber ein Mann. Und der nächste Kaiser! Was glaubst du denn, was geschieht, wenn hier noch ein zweiter, ein jüngerer und leichter zu beeinflussender Herrscher Einzug hält? Jedes Mädchen, welches für Macht und Reichtum hier ist und beim Kaiser kein Gehör gefunden hat, wird sich nun doppelt so sehr um seine Gunst bemühen. Der arme Junge kann einem fast leidtun. Oder kannst du dir vorstellen, dass seine aufblühende Männlichkeit einer Kanaille wie Hella widerstehen könnte?“
So hatte ich es noch nicht gesehen. Ja, Ravenna hatte Recht. Der junge Kaiser tat mir wirklich beinahe leid. Als Fremder an den Hof zu kommen, wenn man nur das Haus seiner Mutter kannte, plötzlich seinen Vater als Herrscher kennenzulernen, wenn man ihn nur selten gesehen hatte... das konnte nicht einfach sein.
Und dann waren da noch die Mädchen, die vielen vielen Mädchen. Wie viele von ihnen würden den jungen Mann aufgrund seiner späteren Position versuchen zu umgarnen? Wie sollte sich nur ein Mann in seiner aufblühenden Jugend dagegen zu helfen wissen? Wenn ich nur an die schöne und aggressive Hella dachte und mir vorstellte, wie sie ihn aufreizte und bezirzte, dann überkam mich das kalte Schaudern. Im Stillen wünschte ich dem jungen Kaiser Kraft und Lenden aus Eisen, um seinen Weg hier zu finden. Aber viel Hoffnung machte ich mir nicht für ihn.
Der Kaiser sollte Recht behalten mit seiner Vermutung über die baldige Ankunft des Prinzen. Nur wenige Tage, nachdem er mich so vertrauensvoll eingeweiht hatte, machte in den Frauengemächern die Neuigkeit über die Anwesenheit des jungen Herrschersohnes die Runde. Es war, als gäbe es nur dieses eine Thema, als wäre der Prinz in jedem Gespräch, in jedem Kopf präsent. Überall um mich herum konnte ich die Aufregung förmlich greifen. Und während die einen einfach nur neugierig waren und in kleinen Grüppchen zusammen kicherten, sah ich in anderen Gesichtern, wie sich Gedanken überschlugen und wie Pläne zu seiner Eroberung darin reiften. Und so hatte Ravenna wieder einmal Recht behalten. Und unwillkürlich fragte ich mich, wie sich unser Leben verändern würde, sollte die uns wenig wohlgesonnene Hella ihren Einfluss auf den jungen Prinzen geltend machen. Sicher waren Ravenna und ich fest mit Seiner Hoheit verbunden, aber Einfluss nahmen wir keinen. Dafür war der Geist Seiner Majestät zu reif und bestimmt. Der Prinz hingegen, dessen Charakter aufgrund seiner Jugend noch schwach und leicht formbar sein könnte, würde sich den Einflüssen der durchtriebenen Hella wohl kaum entziehen können. Oder traute ich dem jungen Mann einfach zu wenig zu? Unauffällig sah ich die Betreffende an, die allein und mit gerunzelter Stirn in einer Ecke stand und niemanden um sich herum beachtete. Bildete ich mir das nur ein? Es war ja nicht so, als hätte Hella sonst die Gesprächigkeit für sich gepachtet. Sie
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