Des Kaisers Gespielin (German Edition)
deine Schwester?“
Ich nickte.
„Und du brauchst jemanden, der es ihr sicher übergeben kann?“, mutmaßte er weiter.
Wieder nickte ich.
Henderley dachte einen Moment nach, bevor er einwilligte: „Ich denke, ich kann einen wichtigen Botengang vortäuschen. Wahrscheinlich werde ich schon heute Abend aufbrechen.“
Er wog das Bündel geistesabwesend in seiner Hand, dann wandte er sich mir mit einem halben Lächeln zu: „Keine Sorge, kleine Lila. Sie wird dein... Geschenk erhalten und wahrscheinlich binnen einer Woche verheiratet sein.“
Dankbar lächelte ich ihn an.
„Ich danke dir von ganzem Herzen, Henderley.“
„Weiß sie, was dich das gekostet hat?“
Mein Mund war zu trocken um zu antworten, aber ein Nicken brachte ich zustande. Henderley sah entsetzt aus, aber versagte sich einen Kommentar.
Ich war noch nicht fertig: „Ich habe einen Brief beigelegt. Aber vielleicht kannst du noch einmal nachdrücklich unterstreichen, dass der Inhalt für Lines Heirat und nur für Lines Heirat zu verwenden ist. Sollte sich Vater nicht daran halten, so ist dies das letzte, was ich je schicken werde...“
Ich hoffte, ich hatte meinen Standpunkt mit Nachdruck klargemacht. Henderley hatte verstanden.
Dann sprach ich leise weiter: „Da ist noch etwas...“
Alarmiert sah Henderley zu, wie ich noch ein Bündel, dieses um einiges kleiner, aus meinem Umhang zog.
Erklärend fügte ich hinzu: „Etwa auf halbem Weg wirst du an einem kleinen Ort vorbeikommen, ich weiß nicht, wie er heißt. Aber es gibt dort einen großen Marktplatz mit einem Abbild Seiner Majestät. Etwas außerhalb dieses Ortes lebt ein Bauer mit seiner Frau und seinem Sohn. Sie... sie haben mir einmal sehr geholfen und ich möchte ihnen aus Dankbarkeit auch etwas zukommen lassen. Frag einfach nach Trudel, die ein wunderbares mit Ziegenkäse gefülltes Brot backt. Sie verkauft es manchmal auf dem Markt. Mit dieser Beschreibung solltest du sie finden.“
Ich drückte ihm auch dieses Bündel in die Hand.
„Bitte gib ihr das und lass ihr meine herzlichsten Grüße ausrichten. Sie weiß es vielleicht nicht, aber ihre Freundlichkeit hat mich zutiefst berührt...“
Schweigend nahm Henderley die beiden Bündel entgegen und versteckte sie sorgfältig unter seinem Gürtel.
„Stets zu Diensten.“
Mit diesen Worten erhob er sich und schickte sich an zu gehen.
„Kehr zurück in deinen Palast, kleine Lila, und komm nicht wieder hier her! Ich werde für dich tun, was in meiner Macht steht. Dieses eine Mal! Aber auch meine Gutmütigkeit hat seine Grenzen. Hast du das verstanden? Nur dieses eine Mal!Das nächste Mal, wenn du mich um etwas bittest, dann werde ich dich heiraten... oder dich grün und blau schlagen. Das verspreche ich dir.“
Und ich sah, dass er es ernst meinte. In seinen Augen loderte ein Feuer, Liebe gemischt mit Hass, als er sich abwandte und mich allein zurückließ.
Es war also vollbracht. Für mich bestand kein Zweifel, dass Henderley seinen Auftrag schnell und zuverlässig erfüllen würde und meine kleine unbedachte Schwester schon bald eine verheiratete Frau sein wird. Und ich würde mein Scherflein zu ihrem Glück beigetragen haben.
Zufrieden mit mir selbst kehrte ich ungesehen in den Palast zurück und fühlte mich, jetzt wo meine Aufgabe endlich erfüllt war, so leicht und beschwingt wie eine Feder.
Und tatsächlich erreichte mich wenige Tage später ein hochoffizieller Brief, in dem die bevorstehende Vermählung von Ermeline von Hallmond mit dem Sohn des Gutsbesitzers Penley Frankenberg angezeigt wurde.
Stolz präsentierte ich das Papier Ravenna, die bei seinem Anblick gütig lächelte.
„Du hast es also geschafft, Lila. Vielleicht kannst du ja jetzt wieder beruhigt schlafen.“
Als sie meinen überraschten Blick bemerkte, musste sie lachen.
„Ja glaubst du, ich hätte deine Unruhe nicht bemerkt? Die halbe Nacht wälzt du dich kreuz und quer durchs Bett und wenn du endlich schläfst, dann murmelst du wirres Zeug, dass es einem Schauer über den Rücken jagt.“
Verlegen senkte ich meinen Kopf. Mit war nicht klar gewesen, dass meine Anspannung so offensichtlich gewesen war. Ravenna sah... alles! Aber endlich, endlich war auch diese Bürde von meinen Schultern genommen und ich begann mein Leben und Ravennas Gesellschaft wieder gebührend zu genießen.
Nach wie vor suchte auch der Kaiser meine Nähe und in dem Maße wie er sich an mich gewöhnte, wurde er auch vertrauensvoller und gesprächiger. Manchmal berichtete
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