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Des Kaisers Gespielin

Des Kaisers Gespielin

Titel: Des Kaisers Gespielin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Hofmann
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in meinem Gesicht nach Anzeichen des Entsetzens. Aber ich verstand immer noch nicht und so sprach sie frustriert weiter: „Verstehst du denn nicht? Er hat bei einer Jungfrau des Kaisers gelegen... nur dass sie dann natürlich keine Jungfrau mehr war.“
    „Aber... aber ich denke, sie sind keine richtigen Männer mehr?“
    Nona lächelte verstohlen: „Sie haben einen Teil ihrer Männlichkeit verloren, das ist wahr. Aber nicht alles davon. Weil sie keine Kinder mehr zeugen konnten, weil ihnen... ein Teil fehlte... ging man eben davon aus, dass sie ihre übrig gebliebene Männlichkeit auch nicht mehr gebrauchen könnten... aber bei manchen funktioniert sie eben doch noch. Wie bei diesem Eunuchen... er sagte, er liebte das Mädchen und sie ihn. Nur genützt hat es ihm nichts.“
    „Was ist mit ihnen geschehen? Mit dem Mädchen und ihrem Liebsten?“, fragte ich atemlos.
    Nona erzitterte kurz vor freudigem Entsetzen: „Na was wohl? Das, was allen geschieht, die eine Jungfer des Kaisers beschmutzen. Er ist hingerichtet worden und das Mädchen gleich mit. Immerhin hat sie ihn freiwillig in ihr Bett gelassen.“
    Mein Herz krampfte sich vor Mitleid zusammen: „Oh Nona! Das ist ja schrecklich! Wenn sie sich doch geliebt haben...“
    „...hätte es trotzdem nie so weit kommen dürfen. Alle beide haben gewusst, worauf sie sich einlassen, als sie den Palast betreten haben.“, unterbrach sie mich kalt.
    Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern, was wusste ich schon darüber? Eine viel dringendere Frage blitzte durch meinen Kopf.

„Kennst du eigentlich alle Frauen hier im Palast?“
    Nonas Gesicht wurde weicher und sie dachte kurz nach: “Alle nicht, aber die meisten. Warum?“
    „Da war noch eine andere Frau bei Estella mit schwarzen Augen und schwarzem Haar. Sie war sehr schön und selbstbewusst. Ich frage mich, ob du weißt, wer sie ist.“
    Nona lächelte verlegen.
    „Natürlich weiß ich das, jeder hier kennt sie. Sie heißt Ravenna und sie ist die Favoritin des Kaisers. Sie spricht nicht viel und bleibt meist für sich allein, aber mir kommt sie durchaus freundlich vor. Du fandest sie also schön?“
    Ich errötete leicht.
    „Ja sehr.“
    Nona nickte: „Ich fand sie eigentlich auch immer sehr hübsch, aber manche der anderen Mädchen finden sie zu... stämmig. Ich glaube die sind nur eifersüchtig, weil der Kaiser sie doch am liebsten hat.“
    Nona verlor sich in belanglosem Geplänkel und ich hatte einen Augenblick um das eben Gehörte zu verarbeiten. Ravenna! Ich ließ den Namen ein paar Mal stumm durch meinen Mund rollen. Ravenna, die Rabenschwarze! Welch ein passender Name, dunkel und geheimnisvoll und faszinierend, wie seine Trägerin. Was war bloß an dieser Frau so besonders?
    Ich beschloss morgen ein wenig nach ihr Ausschau zu halten. Möglicherweise entpuppte sie sich beim zweiten Hinsehen als ganz normaler Mensch mit piepsender Stimme und schlechter Haut und ich würde endlich meine unerklärliche Faszination für sie beiseite legen können.
     
    7.
    Doch aus meinem Plan wurde vorerst nichts. Obwohl ich beim Frühstück suchend Ausschau hielt, konnte ich Ravenna nirgends entdecken. Meine Hoffnung bestand nun darin, sie in der großen Halle aufzuspüren, wo sich nach dem Morgenmahl kleine Grüppchen sammelten um an den Bildungsstunden teilzunehmen. Mit Nona im Schlepptau eilte ich verdächtig flink voran und redete mir dabei ein, dass mich nur die Neugierde treiben würde.
    Im großen Saal hatten sich schon einige Lehrmeister eingefunden, die meisten davon ältere, ernst dreinblickende Männer mit Rauschebärten. Nur in den Morgenstunden war es ihnen als Mann, natürlich bis auf den Kaiser höchstpersönlich, gestattet, die Frauengemächer zu betreten, und auch dann nur zu dem Zwecke des Wissensaustausches, so hatte mir Nona mit gestrenger Mine erklärt.
    Verwirrt blieb ich plötzlich stehen. Unter den Lehrmeistern war auch eine mir bekannte Gestalt. Ein junger Soldat mit weichen braunen Locken, der mit angestrengtem Blick in meine Richtung schaute. Was tat der denn hier?
    Eine ganz kleine Stimme flüsterte mir von innen zu: Er ist wegen dir hier! Sieh ihn dir doch an, wie er dich anschaut mit seinem heißen Blick! Ich wusste im ersten Augenblick nicht, ob ich mich geschmeichelt oder verärgert fühlen sollte, entschied mich aber für das Erstere. Er war wirklich sehr freundlich gewesen, erinnerte ich mich, und der erste Mann überhaupt, der bisher irgendein Interesse an mir gezeigt hatte. Verlegen

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