Des Kaisers Gespielin
kein Zucken, keine Regung ließ erahnen, was in ihr vorging. Hoffnungslos senkte ich den Kopf und lauschte den wundervollen Klängen, die die hier anwesende Gesellschaft verzauberten. Eine kleine Träne sammelte sich in meinem Auge und stahl sich heimlich davon. Es war vorbei!
Als Dalia das Lied beendete, ertönte nach einem Moment absoluter Stille tosender Applaus. Gnädig nahm sie auch dieses Zeichen der Bewunderung entgegen und mit einer überraschend eleganten Verbeugung verabschiedete sie sich und verließ das Podium. Die meisten Gäste standen jetzt auf und schlenderten durch den Saal, aus einigen verborgenen Nischen ertönte noch immer leise Musik.
Auch ich erhob mich und machte mich auf die Suche nach einer stillen Ecke, wo ich ungesehen das Geschehen beobachten konnte. Ich hatte Glück. Aus einer verborgenen Nische in der Wand trat ein Flötenspieler, wahrscheinlich auf der Suche nach einer Erfrischung. Sobald er seinem Platz den Rücken gekehrt hatte, schlüpfte ich hinein.
Erschrocken bemerkte ich, dass ich keineswegs allein war. Auf einer Bank beim Fenster saß eine mir wohlbekannte Gestalt. Henderley wirkte ebenso erschrocken wie ich, hier jemanden anzutreffen. Sobald er meiner ansichtig wurde, sprang er auf und verneigte sich ehrerbietig vor mir. Sein Gesicht wurde von einer leichten Röte überzogen und seine sanften Augen strahlten freudig.
„Meine Dame, welch eine Freude Euch hier zu begegnen.“
Immer noch verblüfft über seine Anwesenheit machte ich einen kleinen Knicks: „Die Freude ist ganz meinerseits, guter Herr. Ich habe mir wohl einen ungünstigen Platz für meine kleine Flucht ausgesucht.“
Henderley lächelte gütig: „Bitte bleibt, meine Dame Lila. Es wäre mir eine Ehre, wenn ihr ein wenig bei mir sitzen wollt.“
Einen Moment lang war ich unschlüssig, aber in Anbetracht meiner früheren Überlegungen beschloss ich zu bleiben. Henderley war ein freundlicher junger Mann, in seiner Gegenwart fühlte ich mich sicher. Warum sollte ich vor ihm davonlaufen?
Höflich lächelnd setzte ich mich auf die Bank, von der er gerade aufgesprungen war und deutete mit einer kleinen Geste auf den Platz neben mir. Nach einem kaum merklichen Zögern setzte er sich, sein Arm berührte den meinen und ich konnte seine innere Anspannung deutlich spüren.
Nach einem kurzen Moment der Stille fasste er sich ein Herz und begann zu sprechen: „Meine Schwester trug mir zu, Euch war nicht wohl! Ich war schon in Sorge, Ihr seid bisher noch nie den Lehrstunden ferngeblieben.“
Seine Stimme klang verkrampft und ich musste über seinen unbeholfenen Versuch lächeln, höflich Konversation zu betreiben.
„Danke, mir geht es wieder besser.“, entgegnete ich mit so viel Ernst wie ich aufbringen konnte.
Verlegen saßen wir beieinander, das Schweigen zwischen uns war zäh wie Brotteig.
„Ihr seht heute besonders schön aus, meine Dame.“
Schüchtern schenkte er mir ein halbes Lächeln und gerne gab ich es zurück.
„Ach Henderley! Bitte nenne mich doch Lila! Du und ich, wir sind doch keine Fremden mehr.“
Ermunternd nahm ich sanft seine Hand, welche er unschlüssig auf sein Knie gelegt hatte, und drückte sie. Henderleys Gesicht nahm einen ungläubigen Ausdruck an, bevor sich ein Strahlen darüberlegte.
Fest drückte er nun meine Hand: „Es wird mir eine Freude sein. Lila, meine liebreizende Lila! Nur zu lange habe ich darauf gewartet, dich bei deinem Namen nennen zu dürfen.“
Alle Schüchternheit schien von ihm abzufallen und in einem Anflug von Leidenschaft kniete er sich vor mir auf den Boden, übersäte meine Hand mit heißen Küssen und vergrub seinen Kopf in meinem Schoß. Überwältigt von seinen Gefühlen und auch ein wenig verlegen strich ich ihm zart über den Kopf, fühlte sein weiches Haar und seinen warmen Atem, der durch den Stoff meinen Schenkel streifte. Als er wieder aufblickte, war sein Gesicht voller Hoffnung.
„Meine liebste Lila.“, flüsterte er noch einmal, als könne er seine eigene Kühnheit kaum glauben. „Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, liebe ich dich. Du bist das bezauberndste Wesen, dem ich je begegnet bin, Lila. Schön wie der Tag und unschuldig wie ein Kind. Ich habe es nicht zu hoffen gewagt...“
Er hielt kurz inne, um bedeutungsschwer einzuatmen: „...aber gehofft habe ich. Dass du mich eines Tages auch lieben würdest. Ich weiß, du gehörst zu den Frauen des Kaisers, aber es ist nicht unmöglich, Lila. Nicht unmöglich, dass er dich freigibt...
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