Des Kaisers Gespielin
ich die gleiche Faszination entdecken, ein geradezu beseelter Ausdruck lag in Nonas Mine. Groß und stark schritt Seine Majestät durch die Reihen, nickte gütlich zu beiden Seiten und verkörperte in seiner prächtigen Uniform nicht nur den Herrscher, sondern genauso sehr den Krieger, der ihm innewohnte. Wer könnte bei seinem Anblick nicht erzittern, dachte ich mit unverhohlener Bewunderung, sei es in Respekt, Verlangen oder Angst?
Im Schlepptau folgten ihm einige seiner Minister und Würdenträger, sowie einige fremd aussehende Botschafter. Ganz hinten in seinem Tross erkannte ich Ravenna. Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich wartete darauf, dass sie ihren Blick erhob und mich ansah. Aber ihre Augen blieben sittsam am Boden haften. Schnell schaute ich mich um, um zu prüfen ob jemand meine geröteten Wangen bemerkt haben könnte. Aber niemand sah mich an. Was ich statt dessen bemerkte, waren die hasserfüllten Blicke, die Hella in Ravennas Richtung warf. Es überraschte mich nicht, dass sie, die doch so gerne selbst Konkubine wäre, ihren Groll auf die vermeidliche Konkurrentin konzentrierte. Und doch regte sich in mir ein jäher Beschützerinstinkt. Doch Hella war nicht die Einzige, deren Gefühle offenlagen, bemerkte ich auf den zweiten Blick. Auch die Abneigung im Gesicht ihres Sitznachbarn, dessen blitzende Augen voll unterdrückter Wut Seiner Majestät folgten, war nicht zu übersehen. Kalt lief es mir den Rücken herab. Solch einen Hass, solch eine Grausamkeit hatte ich noch nie in menschlichen Augen gesehen. Schnell wandte ich mich ab. Vorsichtig blickte ich mich um und versuchte zu erkunden, ob der Soldat noch jemandem aufgefallen war. Aber alle Augenpaare richteten sich auf unseren Herrscher, der sich eben anschickte, einige Würdenträger zu begrüßen. Noch einmal riskiere ich aus den Augenwinkeln einen kurzen Blick auf mein gegenüber, aber der Fremde schaufelte sich nur unbeteiligt Speisen auf sein Gedeck. Hatte ich mir alles nur eingebildet?
Nach und nach ließen sich alle Gäste auf ihren Plätzen nieder und begannen auf ein Zeichen Seiner Hoheit hin zu speisen. Ich warf heimliche Blicke in Ravennas Richtung, wollte sehen ob sie nach mir suchte, aber sie schaute sich nicht ein einziges Mal um. Schön sah sie aus in ihrem farbenfrohen Gewand. Sie brauchte ihren Körper nicht zur Schau zu stellen, um anziehend zu wirken. Ihr Gesicht war ihr Zierde genug. Es war schwer für mich, sie so zu sehen. Ihre Schönheit, wenn sie die Haare zurück strich, den Anmut mit dem sie ihren Kopf senkte. Und doch durfte ich nicht mehr Teil ihres Lebens sein.
Was für ein düsteres und trübsinniges Leben erwartete mich hier im Palast ohne ihre Gesellschaft? Vielleicht sollte ich wirklich gehen. Sie nie wieder zu sehen, so sehr es auch schmerzte, schien mir im Augenblick die einzige Lösung, um dem stetig pochenden Schmerz der Sehnsucht in mir zu entkommen.
Im Saal wurde es plötzlich still und ich vernahm ein verhaltenes Räuspern. Ein kaiserlicher Höfling stand auf einem Podest an der Stirnseite des Raumes und blickte erwartungsvoll in die Runde.
„Die Hofsängerin Seiner Hoheit – die Dame Dalia!“, kündigte er mit hoher Stimme an.
Ich war überrascht, ich hatte nicht gewusst, dass es heute Abend Unterhaltung geben würde und noch dazu so hochkarätige. Meine gestrenge Lehrmeisterin bestieg so würdevoll, wie es ihr Leibesumfang zuließ, das Podest. Auch sie war in eine farbenfrohe formelle Robe gehüllt, die ihr ausgesprochen gut stand. Die Ringellöckchen wippten in gewohnter Weise über ihren Ohren, als sie sich aufrecht positionierte. Gnädig nahm sie die verhaltenen Jubelrufe einiger Mädchen entgegen. Aus verschiedenen Ecken des Raumes begann ein Orchester eine liebliche Melodie zu spielen. Wie ein Wasserfall rieselten die sanften Töne durch den Raum, begegneten und verbanden sich zu einem dichten Klangteppich, der die Zuhörer wie eine wärmende Decke umhüllte. Dann erhob die Dame Dalia ihre hohe reine Stimme und ich konnte ohne Mühe das Entzücken auf den Gesichtern um mich herum ausmachen. Ich selbst hatte ihre Stimme schon viele Male gehört, aber es war etwas anderes sie hier in diesem Raum und vor so vielen Menschen zu vernehmen. Ihre Stimme vermengte sich mit den Tönen der Instrumente und ging mit ihnen eine magische Verbindung ein. Süß und klagend nahm der Gesang schließlich auch mich gefangen. Ich sah wieder in Ravennas Richtung. Würde sie an mich denken, wenn Dalia sang? Aber
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