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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wußte, daß ihn das Bild dieses Zimmers sein Leben lang verfolgen würde. Hoblyn kniete vornübergebeugt neben dem breiten Prunkbett, hatte beide Arme eng um sich geschlungen und wiegte sich monoton vor und zurück. Er war über und über mit Blut besudelt, so daß Bolitho zuerst dachte, er sei schwer verletzt, vielleicht nach einem mißglückten Selbstmordversuch. Aber dann trat ein Sergeant mit einem Kerzenleuchter heran, und alle starrten das an, was auf dem Bett lag: die nackten Überreste von Jules, dem Lakai.
    Der ganze Körper war bestialisch zerhackt und verstümmelt.
    Einzig und allein das Gesicht war heil geblieben, genau wie bei dem ermordeten Informanten auf der
Loyal Chieftain,
als Bolitho sich zum ersten Mal mit Delaval gemessen hatte. Das qualvoll verzerrte Gesicht des Jungen ließ darauf schließen, daß er noch lebend so grauenhaft gefoltert worden war. Das Bett, der Teppich, die Polstersessel – alles war blutgetränkt. Hoblyn mußte mit dem Toten auf seinen Armen irrsinnig vor Schmerz im Zimmer herumgelaufen sein, ehe er erschöpft zusammengebrochen war.
    Die Schattenbrüder hatten also
ihn
für den Verräter gehalten.
    Sie wußten nicht, daß Bolithos Suche nach Allday den Angriff auf die Bootswerft ausgelöst hatte. Für seine hilfreichen Hinweise hatte Hoblyn von ihnen reichen Lohn erhalten, aber für ihre Rache hatten sie unter seinen Besitztümern das ausgewählt, was ihm das Liebste und Wertvollste gewesen war: seinen jungen Freund. Sie hatten ihn abgeschlachtet und wie einen Kadaver vor Hoblyns Tor geworfen.
    Heiser begann Craven: »Im Namen des Königs, Sie werden beschuldigt…« Aber dann brach er ab. »Bringt ihn weg, ich kann sein Geheul nicht mehr hören.«
    In diesem Augenblick war Hoblyn aus seiner Trance erwacht und starrte sie ohne ein Zeichen des Erkennens an.
    Mühsam erhob er sich und zog mit unendlicher Zartheit die Decke über den geschändeten Körper. Dann sagte er überraschend klar: »Ich bin bereit, meine Herren.« Nur kurz wandte er sich zu Bolitho um. »Sie wollten ja nicht auf mich hören.« Resigniert zuckte er die Schultern und ließ sich abführen. An der Tür zögerte er ein letztes Mal. »Mein Degen. Es ist mein gutes Recht…«
    Bolitho und Craven wechselten einen Blick, dann ließen sie den Kommodore allein. Wahrscheinlich hatten sie beide gewußt, was nun geschehen würde.
    Trotzdem zuckten sie zusammen, als der Schuß krachte.
    Sie stürzten zurück und fanden Hoblyn mit weggerissenem Hinterkopf quer über dem Bett liegen. Ein Arm umfaßte die verhüllte Gestalt, der andere hielt die noch rauchende Pistole.
    Bolitho merkte, daß er in Schweigen verfallen war, und wandte sich Sir Marcus Drew am Fenster zu.
    So leise, daß der Lärm draußen seine Worte fast übertönte, sagte der Konteradmiral: »Ich bin erschüttert, daß es so weit gekommen ist, und bedaure sehr, daß Sie es miterleben mußten. Aber am Ende war es so am besten, vielleicht auch für ihn.«
    Bolitho blickte wieder nach draußen auf den Platz, wo sich die Szene inzwischen verändert hatte. Die Dragoner bildeten jetzt mit gezogenen Säbeln einen Kordon um das Schafott, und hinter ihnen drängten sich die Schaulustigen mit gereckten Hälsen.
    Drew trat zu ihm ans Fenster und nippte an seinem Wein, in Gedanken noch bei Hoblyns tragischer Verstrickung. »Er war ein Narr und nicht mehr der Mann, den ich einst bewundert habe. Wie konnte er nur …« Er verstummte.
    Bolitho musterte ihn kalt. »Wie konnte er diesen Jungen lieben? Er war alles, was er noch hatte. Seine Frau, die den ganzen Krieg lang auf ihn gewartet hatte, verließ ihn, als er so schrecklich entstellt heimkehrte. Also suchte er einen anderen Menschen und fand nur diesen Jungen. Zu spät wurde ihm klar, daß das letzte Hemd keine Taschen hat.«
    Bolitho war selbst überrascht, wie unbeteiligt seine Stimme klang.
    Drew befeuchtete sich die Lippen. »Sie sind schon ein seltsamer Mensch, Bolitho.«
    »Seltsam, Sir? Weil es mich empört, daß die wahrhaft Schuldigen ungeschoren davonkommen? Weil sie sich hinter ihrem hohen Rang und ihren Privilegien verstecken können?
    « Seine Augen blitzen zornig. »Aber eines Tages …«
    Er erstarrte, als er Delaval unten die Stufen zum Schafott ersteigen sah, zu beiden Seiten je einen Dragoner. Der Schmugglerkapitän trug einen kostbaren Samtrock und eine seidene Kniehose. Kein Hut bedeckte das dunkle Haar, in dem der Wind spielte. Seine stattliche Erscheinung ließ die erwartungsvolle Menge in

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