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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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günstige Kredite zu bekommen.
     Brechen die Finanzmärkte ein, kehrt sich dieser Prozess um. Aktienemissionen werden schwierig, ebenso wie günstige Kreditvergabe.
     Unter solchen Umständen gerät der realwirtschaftliche Investitionsprozess ins Stocken und droht sogar abzustürzen. Das bedeutet,
     dass man die Unsicherheit vor allem gut an der Investitionsentwicklung feststellen kann.
    Was die Finanzmärkte mit uns zu tun haben
    An dieser Stelle besteht eine Verbindung zwischen den Finanzmärkten und der Verteilung von Einkommen und Vermögen. Primär
     sind Unternehmen und wohlhabende private Haushalte, die über genügend Ersparnisse verfügen, an den Finanzmärkten aktiv. So
     haben nur die 10 Prozent einkommensstärksten Haushalte in Deutschland ihre Sparquote in den vergangenen Jahren ausgedehnt. 30 Also steigen in Boomphasen vor allem ihre Einkommen und ihr Vermögen besonders stark, was die Ungleichheit erhöht. Dagegen
     fallen sie bei Einbrüchen auch besonders stark, sodass sich die Ungleichheit entsprechend vermindert.
    Je bedeutsamer die Finanzmärkte sind, also je mehr Kapital ihnen zufließt, desto stärker sind diese Effekte. Das ist im vergangenen
     Jahrzehnt in geradezu atemberaubendem Ausmaß geschehen. Daher sind die Effekte auf die Privatwirtschaft entsprechend größer
     geworden. Das deutete sich schon im Jahr 2000 an, als der Einbruch der Aktienkurse, vor allem von Internetfirmen, zu einer
     globalen Rezession führte. Die meisten Prognostiker waren davon völlig überrascht. Sie hatten allenfalls eine leichte Abschwächung
     der gut laufenden Konjunktur |89| erwartet. Man ging davon aus, dass sich das Wachstum in Deutschland von etwa 3 Prozent auf rund 2,5 Prozent verlangsamen würde.
     Eine kleine Konjunkturdelle also, die schnell wieder überwunden sein würde. Was tatsächlich kam, war eine globale Rezession
     mit einem Wachstum des BIP im Jahr 2001 von nur noch 1,2 Prozent in Deutschland. Eine klare Fehlprognose. Offensichtlich wurden
     die Auswirkungen von Finanzmarktkrisen auf die Realwirtschaft damals grob unterschätzt. Man hatte nichts verstanden.
    Ich denke: Das ist kein Zufall. Vor allem über die Finanzmärkte geraten die Konsequenzen der fundamentalen Unsicherheiten
     in das Wirtschaftssystem. Im Handel mit Wertpapieren, die künftige Einnahmen als Basis haben, zeigt sich eben in großer Klarheit,
     ob die Zukunft einer Wirtschaft mittels üblicher Wahrscheinlichkeitstheorien berechenbar ist oder nicht. Wäre sie es, könnten
     auf den Finanzmärkten keine größeren Probleme für den Rest der Wirtschaft entstehen. Es würden höchstens unsystematische Zufallsschwankungen
     auftreten.
    Die Kreditvergabe dürfte unter dieser Annahme jedoch nie in Gefahr geraten. Denn die Banken hätten auf der Basis ihrer rationalen
     Erwartungen diese Schwankungen jederzeit mit einkalkuliert. In Boomzeiten wären sie entsprechend vorsichtig gewesen, da sie
     jederzeit mit einem Abflauen der guten Konjunktur hätten rechnen müssen. In schlechten Zeiten wären sie nicht in abgrundtiefen
     Pessimismus verfallen. Sie wären weiterhin bereit gewesen, ihre Kredite unverändert zu vergeben, da sie ja aufgrund ihres
     Wissens bald wieder mit einem Aufschwung rechnen konnten, Die gleichen Überlegungen hätten im Übrigen in den Unternehmen zu
     dem Ergebnis führen müssen, ihre Kreditnachfrage möglichst wenig zu ändern. Denn im Boom droht ihnen ein Rückgang ihrer Erlöse
     und im Abschwung winkt der nächste Aufschwung. So weit – mal wieder – die Theorie.
    Dass die Welt anders ist, muss ich nach der Rezession 2000/2001 und der tiefen Krise 2008/2009 an dieser Stelle wohl kaum
     erläutern. Die Zahlen über Kreditvergabe sprechen eine deutliche Sprache. Sie |90| schwanken mit einer leichten Verzögerung sehr stark im Rhythmus der Konjunktur, was beispielhaft die Abbildung 5 zeigt. Von
     Sicherheit über erwartete Abschwünge infolge eines Booms oder über erwartete Aufschwünge nach tiefer Rezession ist in den
     Daten nichts zu sehen. Im Gegenteil: Zwar zögern Banken und Unternehmen nach Beginn eines Booms oder eines Abschwungs zunächst
     noch mit der Anpassung ihrer Kreditnachfrage oder ihres Kreditangebots. Doch im Lauf der Zeit lassen sie sich von der Euphorie
     oder dem Pessimismus der Märkte mitreißen.
    All dies zeigt, dass die Unsicherheit an den Märkten vor allem den Investitionsprozess beeinflusst. Der Schlüssel ist die
     Kreditvergabe; sie beeinflusst die Investitionen. Von den

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