Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Verbund zwischen den wechselseitig wichtigsten
Handelspartnern stattfindet. Der Impuls versickert dann gerade nicht, weil er im Ausland durch dortige Konjunkturprogramme
gespiegelt wird. Es |156| kommt zu einer sehr positiven Wechselwirkung. Die Importe steigen als Folge des eigenen Programms und ebenso die Exporte als
Folge der Programme der anderen. Der Effekt ist umso größer, je enger der Handelsverbund ist.
Genau das ist innerhalb des Euroraums und der EU in nahezu idealer Weise der Fall. So ist es keine Überraschung, dass nach
Berechnungen des Sachverständigenrates (SVR) und des Instituts für Makroökonomik und Konjunkturforschung (IMK) der Wirkungsgrad
der Konjunkturpolitik durch ein gemeinsames europäisches Vorgehen nahezu (IMK) oder sogar vollständig verdoppelt (SVR) werden
kann. Gerade aus deutscher Sicht – man denke an den hohen Außenhandelsanteil – hätte ein koordiniertes Vorgehen bei gleicher
Wirksamkeit entweder ein geringeres finanzielles Volumen für die Konjunkturprogramme erfordert, oder aber deren Wirkung wäre
umso höher gewesen. Das macht die deutsche Blockadehaltung besonders unverständlich. Sie ist nur mit Unverständnis oder politischem
Unwillen zu erklären. Das alles zeigt, dass noch ein weiter Weg bis zu einer wahrhaft wirksamen europäischen Integration zu
gehen ist. Und das wurde auch im weiteren Verlauf der Krise deutlich.
Kurzfristig führte bis zum Frühjahr 2009 Pragmatismus auch zum Ziel. Früher oder später sahen alle Mitglieder der europäischen
Währungsunion ein, dass Konjunkturprogramme erforderlich waren. Daher kam, wenn auch weder koordiniert noch gleichzeitig,
ein Impuls zustande, der für die Währungsunion insgesamt eine zögerliche konjunkturelle Wende zum Besseren einleitete. Der
stärkste Beitrag kam dabei ausgerechnet von dem Land, das zu Beginn zu den zögerlichsten gehörte: Deutschland.
Der mühsame Erfolg
Alles in allem möchte ich doch vorsichtig von einer positiven Bilanz sprechen. Trotz des allgemeinen Widerwillens ist die
Wirtschaftspolitik in der akuten Krisenbekämpfung den historischen Herausforderungen |157| sowohl auf globaler als auch – mit Abstrichen – auf europäischer Ebene gerecht geworden. Man muss sich nur immer vor Augen
halten, was auf dem Spiel stand. Die Krise auf den Finanzmärkten hätte unweigerlich eine weltweite Depression zur Folge gehabt,
wenn die Staaten nicht aktiv in das Wirtschaftsgeschehen eingegriffen hätten. Zwar wären die Folgen einer globalen Depression
nicht ganz so gravierend gewesen wie noch in den 1930er Jahren. Die heute erheblich besser ausgebauten Sozialsysteme hätten
die Not der Arbeitslosigkeit gelindert und zugleich die Konjunktur stabilisiert. Dennoch wären die Folgen gravierend gewesen.
Das wurde durch das mehr oder minder entschlossene Handeln verhindert.
Die Geldpolitik war in dieser Hinsicht ein Vorreiter. Das hat nicht zuletzt mit ihrer ohnehin schon gegebenen weltwirtschaftlichen
Verknüpfung zu tun. Schließlich hatten sich zumindest die großen Zentralbanken bei anderen Gelegenheiten global abgestimmt,
sodass das koordinierte geldpolitische Vorgehen während der Krise nichts Neues war. Es war aber klar, dass die Geldpolitik
zumindest anfangs nur einen sehr begrenzten und indirekten Beitrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung leisten konnte. Ihre
Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, das Bankensystem zu konsolidieren. Niedrige Zinsen und die großzügige Bereitstellung
von Liquidität waren hierfür die entscheidenden Voraussetzungen. Sie ermöglichten es den Banken, günstig Geld zu bekommen,
das sie zu höheren Zinsen wieder verleihen konnten. Auf diese Weise konnten sie leichte Gewinne erwirtschaften und so ihre
Eigenkapitalbasis stärken. Das war nach den verheerenden Folgen der Krise auch dringend erforderlich. Direkte Impulse, die
Konjunktur zu beleben, wie dies in normalen konjunkturellen Schwächephasen der Fall ist, konnten so jedoch kaum entstehen.
Diese Aufgabe kam der Fiskalpolitik zu. Die globale Koordination dieses Bereichs war, anders als bei der Geldpolitik, weitgehend
Neuland und daher besonders heikel. Dennoch führte bei allen Schwierigkeiten ein gesunder Pragmatismus letztendlich dazu,
dass in allen global wichtigen Volkswirtschaften Konjunkturprogramme aufgelegt wurden. Allen voran geschah dies in den asiatischen
Ländern. Unter |158| ihnen ist besonders China zu nennen, wo ein Programm in Höhe von 13
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