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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav A Horn
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Weltwirtschaft
     mit einem großen Binnenmarkt erfolgreich globalen Belastungen widerstehen zu können. Die Voraussetzungen hierfür sind gut.
     Der europäische Binnenmarkt ist bezogen auf die Kaufkraft der größte der |154| Welt. Die Währungsunion schützt zudem das Gros der EU-Länder zusätzlich noch vor internen Turbulenzen durch Wechselkurskrisen.
     Mit anderen Worten: Europa hat ein hohes Potenzial, weltwirtschaftliche Krisen gut zu überstehen. Doch wie schlecht wird dieses
     Potenzial genutzt!
    Die Voraussetzung dafür, dass die europäische Stärke in einer Krise zur Geltung kommt, wäre eine gemeinsame europäische Wirtschaftspolitik
     aus europäischer Sicht. Das würde bedeuten, dass allein die Gesamtschau für die EU oder zumindest den gemeinsamen Währungsraum
     zählt – nicht die Einzelinteressen der verschiedenen Länder oder ein Kompromiss zwischen diesen verschiedenen Interessen,
     der dann vielleicht der Mehrheit der Mitgliedsländer, aber nicht dem Ganzen dient. Leider sind diese Kompromisse in der EU
     und im Euroraum an der Tagesordnung. Abgesehen von der Geldpolitik innerhalb des Euroraums gibt es keine Wirtschaftspolitik
     aus rein europäischer Perspektive, und es gibt, abgesehen von der EZB, auch keine Institution, die dazu in der Lage wäre.
    Insofern ist es keine Überraschung, dass die EU auf die globale Finanzkrise holprig reagierte. Obwohl den meisten Regierungen
     der EU sofort klar war, dass diese Krise eine schnelle Reaktion erforderte, dauerte es sehr lange, bis so eine Art gemeinsamer
     Reaktion überhaupt zustande kam. Das galt sowohl für die Rettung des Finanzsektors als auch für konjunkturstabilisierende
     Maßnahmen. Ich finde es auch bemerkenswert, dass die Bundesregierung anfangs zu den besonders harten Gegnern einer europäischen
     Koordination gehörte. Dagegen forderte der französische Präsident schon recht frühzeitig ein gemeinsames Vorgehen. Und das
     hatte Folgen. Zu Beginn der konjunkturellen Krise war aus der Sicht des Euroraums die Geldpolitik ziemlich auf sich allein
     gestellt. Sie reagierte dann auch mit massiven Zinssenkungen und scheute so zu Recht nicht vor einem radikalen Kurswechsel
     im Vergleich zum Sommer 2008 zurück.
    Die Gründe für die zunächst abweisende Haltung der Bundesregierung liegen auf der Hand: Sie befürchtete, dass unter dem Deckmantel
     eines gemeinsamen europäischen Vorgehens gegen die Krise der |155| im europäischen Vergleich relativ solide Bundeshaushalt zugunsten der europäischen Partner geplündert werden sollte. Um genau
     das zu verhindern, hatte der französische Präsident ein Konjunkturprogramm für jeden Mitgliedsstaat in Höhe von 1 Prozent
     seines Bruttoinlandsproduktes vorgeschlagen. Dieses Programm wäre für den Bundeshaushalt nicht belastender gewesen als für
     andere. Es spricht also vieles dafür, dass sich hinter dieser Ablehnung letztlich nur die generelle Skepsis gegenüber Konjunkturprogrammen
     verbarg – gepaart mit den in weiten Kreisen der deutschen Politik mittlerweile tief verankerten Zweifeln gegenüber der Europäischen
     Währungsunion.
    Dabei wäre ein rasches gemeinsames Vorgehen insbesondere aus deutscher Sicht ökonomisch besonders sinnvoll gewesen. Wie die
     meisten kleineren Länder des Euroraums ist auch die ökonomische »Mittelmacht« Deutschland im Vergleich zu den übrigen Ländern
     besonders stark vom Außenhandel abhängig. Unter diesen Voraussetzungen ist es schwierig, die Konjunktur allein mit national
     isolierten Maßnahmen zu stimulieren. Ein relativ großer Teil der Stimulanz versickert wegen der intensiven Verflechtung mit
     dem europäischen Ausland in der Importnachfrage. Sie wird daher nicht im Inland wirksam, sondern im Ausland. Nationale Fiskalpolitik
     verlor in Deutschland immer mehr an Bedeutung und wirkte nur noch schwach. Das ist ein beliebtes Argument gegen jeglichen
     Versuch, die Konjunktur zu stabilisieren. Dass die Wirkung auf diese Weise eingeschränkt ist, heißt aber nicht, dass sie gleich
     null ist. Die meisten Berechnungen zeigen eine verminderte, aber durchaus positive Wirkung. Daher ist es auch in außenwirtschaftlich
     stark verflochtenen Volkswirtschaften nach wie vor sinnvoll, die Konjunktur in Zeiten der Krise zu stabilisieren.
    Ich bin sicher, dass sich die Effektivität einer Konjunkturpolitik deutlich steigern lässt, wenn sie in einem internationalen
     Verbund erfolgt. Das ist gerade dann sehr wirkungsvoll, wenn der konjunkturpolitische

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