Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Effektivität der einzelnen
Maßnahmen nicht einig waren. Während CDU und CSU überwiegend zu Steuersenkungen tendierten, wollten die Sozialdemokraten eher
die Ausgaben, vor |150| allem die öffentlichen Investitionen erhöhen. Aus konjunkturpolitischer Sicht ist dieser Vorschlag eindeutig vorzuziehen.
Leider kann eine solche Maßnahme nicht schnell auf den Weg gebracht werden, weil wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik
Länder und Kommunen miteinbezogen werden müssen Es erfordert auch einfach Zeit, zulässige Investitionsprojekte festzulegen
und anschließend zu planen. Darüber hinaus sollten Anforderungen an die Qualität der Projekte gestellt werden, um langfristige
Wachstumschancen zu erhöhen. All dies – und das war vorab allen Beteiligten bewusst –, hatte zum Ergebnis, dass höhere öffentliche
Investitionen frühestens nach einem halben Jahr beginnen würden, die Konjunktur zu stimulieren; dann aber sehr effektiv. Doch
der Konjunktureinbruch war jetzt. Man hatte einfach keine Zeit zu warten.
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Tabelle 2:
Fiskalische Impulse durch diskretionäre Maßnahmen 2009 und 2010 gegenüber 2008 1 (in Mrd. Euro)
1 Ohne makroökonomische Rückwirkungen.
2 Beschäftigungssicherung setzt sich zusammen aus: SV-Beiträge Kurzarbeit, Aktivierung und Qualifizierung, 5000 zusätzliche
Stellen Arbeitsagentur, Stabilisierung ALV bei 2,8 % 2. Hälfte 2010.
Quellen:
BMF; Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2009); Koalitionsvertrag; Tagespresse; Schätzungen des IMK.
|150| Es war also sinnvoll, eine Kombination von Maßnahmen zu wählen. Diese sollte einerseits tatsächlich aus höheren öffentlichen
Investitionen bestehen und andererseits aus schneller wirkenden Impulsen, deren Wirkung aber nicht so effektiv und zudem nicht
lange anhaltend war. Steuersenkungen sind wesentlich schneller umzusetzen. Aber ihre Wirkung ist einfach nicht groß genug.
Das hat auch mit den föderalen Strukturen in Deutschland zu tun. Die niedrigeren Steuern verringern die Einnahmen der kommunalen
Haushalte. Da die Kommunen sich grundsätzlich nicht verschulden dürfen, ziehen Steuersenkungen automatisch Ausgabensenkungen
vor allem bei öffentlichen Investitionen auf kommunaler Ebene nach sich. Das aber ist aus konjunkturpolitischer Sicht kontraproduktiv.
Wegen der schnelleren Wirksamkeit und der wirtschaftspolitischen Vorstellungen von CDU und CSU wurden dennoch einige Steuersenkungen
im Rahmen des Konjunkturpakets beschlossen. Sie machen mit rund 9 Milliarden Euro im Vergleich zu den Investitionen mit 15
Milliarden Euro den geringeren Teil aus. Es bleibt aber dabei, dass sie auf kommunaler Ebene den positiven Effekt der Investitionen
durch Einnahmenausfälle rein rechnerisch etwa um ein Drittel verringert haben dürften. Und das ist kein positiver Effekt.
|151| Geniale Idee: Autos verschrotten!
Eine weitere Maßnahme im Konjunkturpaket 2 erregte lange Zeit die Gemüter: die legendäre Abwrackprämie. Es handelte sich um
eine Prämie in Höhe von 2500 Euro, die jeder bekam, der sein mindestens neun Jahre altes Auto nachweislich verschrotten ließ
und stattdessen einen Neuwagen kaufte. Die Mittel wurden zunächst auf 5 Milliarden Euro begrenzt, später noch einmal aufgestockt
und nach dem Windhundverfahren vergeben, sprich nach Eingangsdatum des Antrags und so lange, bis nichts mehr da war.
Die meisten Ökonomen argumentierten strikt gegen eine solche Maßnahme. Sie war in der Tat ordnungspolitisch bedenklich, da
sie nur einem Sektor, der Automobilbranche, zugute kam. Außerdem befürchtete man hohe Mitnahmeeffekte, weil die Prämie ja
auch von Menschen in Anspruch genommen wurde, die sich ohnehin einen Neuwagen kaufen wollten. Daraus würde also kein Konjunkturimpuls
entstehen. Viele Skeptiker prognostizierten auch, dass es zu Sickerungsverlusten durch Importe kommen wurde. Da der Betrag
von 2500 Euro sich vor allem beim Kauf von Kleinwagen lohnt, nicht aber bei teuren Limousinen des Premiummarktes, war absehbar,
dass in erster Linie importierte Autos von der Prämie profitieren würden. Damit würde man doch eher Arbeitsplätze im Ausland
sichern. Die deutschen Hersteller, die tendenziell im Premiumsegment des Marktes angesiedelt sind, würden fast leer ausgehen.
Alle diese Bedenken schienen auf den ersten Blick berechtigt zu sein. Doch die Bundesregierung beugte sich dem Druck der Tarifparteien
in der Automobilindustrie, die von der Krise besonders stark betroffen
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