Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Schuldenbremse hängt ja letztendlich
von der Gültigkeit genau jener ökonomischen Theorien naiver Marktgläubigkeit ab, die in der Umsetzung ursächlich für die Krise
waren. Genau daran wird die Schuldenbremse scheitern, aber dieses Scheitern wird kostspielig sein.
Der einzige Vorteil der Schuldenbremse ist, dass es nun höhere Hindernisse für Steuersenkungen in Zeiten guter Konjunktur
gibt. Die Großzügigkeit von Rot-Grün zu Beginn dieses Jahrhunderts dürfte sich vor dem Hintergrund der Schuldenbremse nicht
wiederholen. Und das ist gut so.
Massive Probleme werden allerdings in schlechten Zeiten und in der Übergangsphase auftreten. Die Schuldenbremse funktioniert
nur so lange, wie sich die Konjunkturzyklen an die theoretischen Vorgaben für ihre Länge und Ausprägung halten. Schon auf
EU-Ebene war dies ein Fehlschlag, weil die Zyklen leider nicht so regelmäßig sind, wie es uns die Lehrbücher suggerieren.
Ist aber ein Einbruch tiefer oder dauert er länger als vorgesehen, muss der Staat mitten in einer schwierigen wirtschaftlichen
Lage die Wirtschaft durch erzwungenes Sparen noch mehr abbremsen. Auch der umgekehrte Fall kann passieren. Ist ein Aufschwung
stärker als üblich oder dauert er länger, wird die Haushaltslage von den Theorien geschönt interpretiert |167| und der Staat spart in guten Zeiten zu wenig. Das Konzept der Schuldenbremse enthält ein grundlegendes Problem: Sie versucht,
Haushaltsprobleme gleichsam mechanisch zu lösen. Damit die Mechanik der Schuldenbremse funktioniert, muss die Wirtschaft prinzipiell
mechanisch sein. Genau das ist sie aber nicht. Die Krise hat gezeigt, wie Panikwellen jede Mechanik über den Haufen werfen.
Die Schuldenbremse gehört in die Zeit vor der Krise. Sie wird den Staat nicht retten.
Für besonders gravierend halte ich die Probleme der Übergangszeit bis 2016 beziehungsweise 2019. In dieser Zeit muss der Haushaltsausgleich
zuerst beim Bund und dann bei den Ländern geschafft werden. Es ist völlig klar, dass damit bei allen Gebietskörperschaften
massive Ausgabenkürzungen sowie Steuer- und Abgabenerhöhungen anstehen. In den kommenden Jahren wird also vom Staatssektor
tendenziell eine stark dämpfende Wirkung auf die Wirtschaft ausgehen. Derzeit ist nicht absehbar, dass hoch verschuldete Länder
wie Bremen, das Saarland und Berlin das Ziel überhaupt erreichen können. Für Deutschland insgesamt ist eine solche Haushaltskonsolidierung
jedenfalls nur realistisch, wenn in dieser Phase eine sehr dynamische Konjunkturentwicklung die vom öffentlichen Sektor ausgehenden
Belastungen kompensiert. Ob das so sein wird, ist völlig ungewiss. Es hängt sehr stark vom europäischen und globalen Umfeld
ab.
Schulden machen in Europa
Aber genau dieses Umfeld gibt Anlass zu noch größerer Sorge. Die Staatsverschuldung in Deutschland ist im internationalen
Vergleich nicht besonders hoch, und Anleihen des deutschen Staates werden auf den internationalen Kapitalmärkten besonders
geschätzt, was sich in entsprechend niedrigen Zinssätzen ausdrückt. Nicht nur für die bekannten Krisenländer Griechenland,
Irland, Spanien und Portugal sind die Verhältnisse wesentlich schwieriger. Selbst in den USA und in Großbritannien hat die
Staatsverschuldung ein exorbitantes |168| Ausmaß angenommen. Dies wirft die berechtigte Frage auf, ob wir in absehbarer Zeit nicht den einen oder anderen Staatsbankrott
befürchten müssen und wer diesen Staat dann retten soll.
Wie in Deutschland macht man auch in anderen Staaten häufig den verschwenderischen Umgang finanzpolitisch unseriöser Regierungen
mit Steuergeldern für die hohen Schulden verantwortlich. Das stimmt aber nur zum Teil. Schaut man sich die Entstehung der
Schulden in den verschiedenen Ländern an, zeigen sich durchaus vielfältige Ursachen. Es gibt Länder wie Griechenland, wo der
Staat schon vor der Krise unsolide gewirtschaftet hat. Es gibt aber auch Länder, in denen die öffentlichen Haushalte vor der
Krise völlig in Ordnung waren. Hierzu gehören Spanien und Irland, die teilweise sogar Haushaltüberschüsse auswiesen und deren
Schuldenstand deutlich unter der laut Stabilitäts- und Wachstumspakt zulässigen Obergrenze von 60 Prozent des BIP lag.
Allen Ländern gemeinsam ist, dass die Schulden in der Krise zum Teil dramatisch anstiegen. Das kommt durch die hohen Ausgaben
zur Bankenrettung und zur Stabilisierung der Konjunktur zustande. Besonders drastisch
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