Des Satans Schatten
Name ist von dem Kerkhof, Frederik von dem Kerkhof« einzuführen.
Lebensklug wie er war, merkte er gleich, dass er jetzt und hier störte, und zog sich zurück, nicht ohne eine Einladung auf ein Gläschen Wein ausgesprochen zu haben. Warum nicht? Wie üblich, hatten meine morgendlichen Schwüre, dem Teufel Alkohol mit einiger Abstinenz zu begegnen, am Nachmittag viel von ihrer Inbrunst verloren.
Wir nickten und winkten uns zum Abschied zu, und endlich war der Weg frei für einen von mir so lange vermissten Plausch mit meinem guten Freund, wäre nicht in diesem Moment der Graf persönlich erschienen, wie so oft umringt von dreien seiner irischen Wolfshunde. Neben ihm schritt ein Mann in vertrautem Gespräch, dem ich hier noch nicht begegnet war.
Rodger berührte leicht meinen Arm. »Das ist Albrecht Tenhove, der Verwalter dieses Hauses. – Ich kann den Kerl nicht leiden.«
Euch, meine Zuhörer, die ihr der Aktion den Vorzug gebt vor langatmigen Situationsbeschreibungen, will ich gerne vorenthalten, wie sich unsere Begrüßung gestaltete, welche Artigkeiten ausgetauscht wurden und wie viele Dankesworte ich mir dafür anhören musste, dass ich so unverzüglich der Bitte des Grafen entsprochen, die beschwerliche Reise auf mich genommen und meine Bereitschaft demonstriert hatte, mich um die Lösung der Probleme meines Gastgebers zu kümmern. Es mag genügen, wenn ich darauf verweise, dass mich die Hunde wiedererkannt und mir ausgiebig die Hände geleckt haben.
Selbstverständlich bot mir der Graf sein bestes Gästezimmer und feinste Verköstigung an; allein, ich musste ablehnen. Denn unterwegs war in mir der Entschluss gereift, mich in einem örtlichen Gasthof einzuquartieren, um beweglicher und unbeobachteter zu sein. Diese Idee wurde zusätzlich dadurch untermauert, dass mein Freund Ossenstert in der Burg wohnte und ich somit auch dort über eine ausgezeichnete Informationsquelle verfügte.
Deshalb wollte ich mich jetzt erst einmal aufmachen, um mir im Dorf eine Bleibe zu besorgen, und am Abend wieder hier eintreffen, damit der Herr von Crange mich persönlich und umfassend ins Bild setzen konnte.
Nachdem wir so verblieben waren und sich die beiden wieder entfernt hatten, murmelte Stapelmann erneut: »Wirklich und wahrhaftig, ich kann ihn nicht leiden, den Kerl.«
Ich wusste, was er meinte. Tenhove war der typische Unnahbare. Er hatte während der ganzen Zeit stumm dabeigestanden und sich nur einmal knapp verbeugt, als ihn der Graf als seinen Verwalter präsentierte. Mit seinem langen Gesicht und dem schmalen Schnurrbart, den hellblauen Augen unter leicht herabhängenden Lidern, die während der Unterredung kein einziges Mal gezuckt hatten, seiner starren Haltung und den steif verschränkten Armen wirkte er in seiner schweigenden Präsenz und der grauen Kleidung wie aus Schiefer geschnitten. Leicht vorstellbar, dass ein quirliges Kerlchen wie unser Rodger, das sein Herz auf der Zunge trug, mit einem solchen Mann nicht warm werden konnte.
Trotzdem fragte ich vorsichtshalber: »Hat er dir denn irgendetwas getan, irgendeine Ungerechtigkeit vielleicht oder so etwas?«
»Nein, nein, es ist einfach seine Art. Das ist kein Mensch, das ist ein Steckerlfisch. – Doch nun lasst uns erst ein Gläschen zu uns nehmen, und dann will ich bei meiner Grete vorbeischauen.«
Ich musste erstaunt eine Augenbraue hochgezogen haben, denn er fuhr leicht pikiert fort: »Was schaut Ihr mich so an? Traut Ihr mir nicht zu, das Herz einer Frau für mich einnehmen zu können? Und außerdem, auch ein Mann wie ich hat seine Bedürfnisse.«
Ich klopfte ihm lachend auf die Schulter: »Und genau deshalb freue ich mich jetzt auf den Wein.«
Des Grafen Erzählung
Ihr werdet mich hoffentlich nicht einen ängstlichen Narren schelten, der in jedem Gewitter einen beginnenden Weltuntergang heraufziehen sieht. Es ist nur so, dass die Unruhe und die Besorgnis im Volk immer größer und die Gerüchte immer häufiger werden. Und ich kann es den Leuten nicht verdenken. Glaubt mir, Herr Frederik, es würde keinen mehr freuen als mich, wenn sich aller Verdacht als unbegründet herausstellen würde und Ihr die weite Reise folglich ganz umsonst unternommen hättet. Aber so ist es nicht, und ich kann es beweisen.«
Mit diesen Worten legte der Graf einen breiten Schwertgurt vor mich hin, der so gearbeitet war, dass man ihn quer über die Schulter trug. Er war mit etlichen metallenen Plaketten beschlagen, die die Wappen verschiedener Landesherren
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