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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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einer Schenke war er das offene Ohr für Reisende, Kaufleute, fahrendes Volk, Vagabunden, herumziehende Landsknechte und was sich sonst noch so auf den Wegen tummelt. Und so bewegte auch ihn die Frage, deren Beantwortung sich der Graf von Crange von mir erhoffte. Es waren nämlich einige Handelsleute, die zu festen Zeiten beständig bei ihm eingekehrt waren, irgendwann nicht mehr aufgetaucht. Zuerst hatte er dem einen oder anderen Ausbleiben keine besondere Bedeutung beigemessen. Als sich die Fälle jedoch häuften und er an die zehn Personen vermisste, begann er, den anderen Durchreisenden die entsprechenden Fragen zu stellen, doch ohne Ergebnis. Sie waren weder an ihrem Ziel noch zu Hause angekommen, und niemand hatte je wieder von ihnen gehört.
    Zunächst hatte man ihr Verschwinden marodierenden Söldnern und Wegelagerern zugeschrieben. Doch weil sie so gänzlich ins Nichts eingetaucht waren und nicht ein einziges Beutestück wieder zum Vorschein kam, hatte sich mehr und mehr die Geschichte vom Wirken des Teufels verfestigt.
    »Ich will Euch nicht zu nahe treten, hoher Herr, aber ich habe Eure Waffen und deren Qualität wohl bemerkt ebenso wie Euer Verhalten beim Erscheinen des Vogels. Ich glaube zu wissen, wie ich Euch einzuschätzen habe. Deshalb bitte ich Euch um Eure offene Meinung. Was ist zu halten von den Gerüchten, dass der Satan persönlich umgeht, um sich seine Opfer von den Straßen zu fangen, und dass er sich bisweilen hierzu eines Werwolfs bedient? Oder sind es einfach nur Schurken wie die eben, die sich die alten Legenden zunutze machen? – Ich weiß, sie mögen im Diesseits nicht minder gefährlich sein. Nur, wird dann nach dem Tod wenigstens die Seele Frieden haben?«
    »Ich sage es Euch offen, ich weiß es nicht. Doch da ich nicht an die Hölle und ihre Ausgeburten glaube, bin ich eher geneigt, mir Eure zweite Idee zu Eigen zu machen. Aber ich will nicht voreilig urteilen, ohne die nötigen und ganz konkreten Fakten zu kennen. Bislang dürfte nämlich nach Eurem eigenen Vorbringen nicht einmal feststehen, ob jedes einzelne Geschehen mit dem anderen in Verbindung gebracht werden kann. Das ist nur logisch, denn haben wir keine genaue Kenntnis von den einzelnen Akten, wäre es systematisch falsch, zumindest aber verfrüht, sie als Bestandteile eines Gesamtzusammenhangs einordnen zu wollen. – Nun etwas anderes, das mich noch interessiert. Wie schätzt Ihr eigentlich mit Eurem lebenserfahrenen Blick die Männer ein, die Euch überfallen haben? Könnten das nicht eben jene Marodeure oder Wegelagerer sein?«
    Seine Miene verriet mir, dass er sich auch in Bezug auf diese Kerle seine Gedanken gemacht hatte, doch druckste er lange herum, ehe er zu einer Antwort ansetzte. »Oh, mein Herr, das ist so eine Sache. Natürlich habe auch ich mich gefragt, ob ... Es lässt sich wohl schlecht behaupten, dass ...«
    Sein verlegenes Gestammel machte es mir schwer, mein Lächeln zu verbergen. »Ich will es Euch leicht machen. Ihr scheidet sie als Strauchdiebe aus. Vielmehr seid Ihr der Ansicht, dass diese Leute und ich, sagen wir einmal, demselben Gewerbe nachgehen, stimmt’s?«
    Mein freigiebiger Mundschenk war entzückt, sich nicht länger den Kopf darüber zerbrechen zu müssen, wie er es am besten vermeiden konnte, seinen Retter zu brüskieren. Als er dann auch noch mein Grinsen bemerkte, beschränkte er sich auf ein erleichtertes, aber stummes Lachen und Nicken, während er meinen Becher wieder auffüllte. »Ich hatte mal eine Schenke in Köln, in der Nähe der Herrschenden. Ich weiß daher, wie bestimmte ...« Er wedelte mit den Händen und ließ das Ende des Satzes in der Luft hängen, und ich benötigte keine weiteren Erklärungen.
    Nachdem auch diese Flasche geleert war, waren Retter und Geretteter ein Herz und eine Seele, zwischen denen der »hohe Herr« und dergleichen auf der Strecke geblieben und nur noch Wulf und Frederik zurückgelassen waren. Ein nicht zu knapp bemessener Becher mit westfälischem Korn tat ein Übriges, sodass wir uns, als sich durch die Fenster bereits das erste fahle Grau des herannahenden Tages zeigte, wie zwei alte Freunde voneinander trennten, die sich nach langen Jahren überraschend wiedergetroffen hatten. Mit Mühe raffte ich mich endlich auf und ging nach oben, wobei ich euch, meinen verschwiegenen Zuhörern, nicht verhehlen will, dass mein Gang sehr dem eines Seemanns bei Windstärke acht ähnelte. Mochte meine Lagerstatt auch von einer Schiffskoje ganz verschieden sein,

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