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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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hinterlassen, die mir jedoch auf meine Fragen sämtlich keine Antwort geben. Glücklicherweise seid nun Ihr hier als der rechte Mann, der Licht in die Sache bringen kann. Ich werde Euch alles nach Eurer Rückkehr zur Verfügung stellen. Doch erscheint es mir vordringlich, dass Ihr Euch morgen nach Dorsten begebt, um mit dem Verurteilten zu reden. Bertrams Aufzeichnungen laufen Euch nicht davon. Sie sind bei mir in sicherem Verwahr und warten auf Euch, wenn Ihr wieder hier seid. Aber dort bietet sich nach meiner Meinung die einzigartige Chance, etwas über das ganz konkrete Verschwinden einer hier bekannten Person zu erfahren. – Ich bin nicht geübt in diesen Dingen, sonst würde ich selber gehen. Ich kann Euch nur bitten, mich von Eurer Erfahrung profitieren zu lassen und die Sache für mich zu erledigen.«

Der Tod des Werwolfs
    Die ausgetretenen Steinstufen, die hinab in die Unterwelt führten, waren im schwachen Schein der kleinen Funzeln an den Wänden kaum wahrzunehmen. Da kein Geländer vorhanden war, musste ich mich mit einer Hand an der grob gemauerten Wand abstützen.
    Bereits oben war ein übler Geruch in meine Nase gedrungen, der sich nun mit jedem Schritt, den ich machte, vehement verstärkte. Obwohl sicherlich in dem Gestank nach Exkrementen, matschigem Stroh, faulen Essensresten, geronnenem Blut, schwärendem Fleisch und Eiter jede einzelne Ingredienz nach den Empfindungen eines biederen Bürgers alles andere überlagert hätte, was an Pesthauch noch vorstellbar war, blieb für mich an Orten wie diesem ein ganz anderer Bestandteil dieses grauenhaften Gemischs der bestimmende. Glaubt mir, meine jetzt noch furchtlosen Freunde, dass ich diese Gelasse alle gesehen habe, die Kerker, Verliese, Gefängnisse und Folterkammern, und sie bis an mein Lebensende alle bei verbundenen Augen nur mit meiner Nase erkennen werde. Aber es ist jedes Mal die sich bloß dem Eingeweihten erschließende Ausdünstung der panischen Angst, die diese Stätten des Unglücks und der Verzweiflung von allen anderen so grundlegend unterscheidet und die selbst mir noch nach all den Jahren den Magen umdreht.
    Indessen, ich war hier, um eine Aufgabe zu erfüllen, und unterdrückte folglich meinen Wunsch, auf dem Absatz umzukehren und im Licht einer wärmenden Sonne meine Lungen wieder frei zu atmen.
    Auf dem Treppenabsatz kam mir ein Mann von gepflegtem Äußeren entgegen. Er trug eine Rolle unter dem Arm, die mit derbem Leder umwickelt war. Offensichtlich in Eile grüßte er nur kurz und war verschwunden, noch bevor ich mir überlegen konnte, ob ich ihn überhaupt etwas fragen wollte.
    Nach der letzten Windung der Treppe fand ich mich in einem kleinen Gewölbe mit quadratischem Grundriss wieder, das außer einer schmalen Bank und einem Holztisch keine Einrichtungsgegenstände aufwies. Zum Glück waren zwei Fackeln in Wandhaltern aufgesteckt, die so viel Licht spendeten, dass es auch noch für die drei Zellen langte, deren Türen aus massiven Eisengittern bestanden. Nur eine der Kammern beherbergte einen Gefangenen.
    Die beiden Wächter, die auf der Bank hinter halb leeren Trinkbechern vor sich hin dösten, machten mir nicht den Eindruck, als würden sie ein simples Empfehlungsschreiben in weniger als einem Tag entziffern können. Deshalb war ich froh, dass der Fiscaladvokat stattdessen einen Diener vorgeschickt hatte, der die nötigen Anweisungen gab.
    Missmutig öffnete einer der schmierigen Burschen die Tür zu der belegten Zelle, wobei er sich die Bemerkung nicht verkneifen konnte: »Was will man denn schon wieder von dem? Der ist so gut wie hinüber, und morgen ist es sowieso ganz aus.«
    Da mochte dieser Tölpel ausnahmsweise einmal Recht haben. Doch es war der Wunsch des Grafen, mein Möglichstes zu versuchen, und so konnte ich diese Gelegenheit, den Wolfsmenschen vor seinem Tod in persona zu sprechen, nicht ungenutzt vorübergehen lassen.
    Das Bild, das er nun bot, war allerdings weniger furchteinflößend als abschreckend. In einer schlammigen Lache vor mir kauerte ein Mensch, dessen Hand- und Fußgelenke mit Schellen gefesselt waren, zwischen denen sich jeweils eine eherne Stange befand, so dass er weder die Finger noch die Füße zusammenbringen mochte. Alles war durch einen Leibreifen zusätzlich verbunden mit schweren Ketten, die mit einem Ring in der Wand verankert waren.
    Genauer gesagt, handelte es sich bei dem Gefangenen eher um die Reste eines Menschen, denn er war schwer gefoltert worden und schien dem Tode näher zu

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