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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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begonnen haben.«
    Ich entrollte die Schrift und ließ meinen Blick flüchtig darüber wandern. Die Namen sagten mir nichts, sieht man von dem des Bernt Merselen ab, der mir zufällig ins Auge sprang. Ich hatte sein imponierendes Wehrgehänge nicht vergessen.
    Degusti war mein Zögern nicht verborgen geblieben. »Ihr kennt jemanden von ihnen?«
    »Kennen ist zu viel gesagt.« Ich erzählte ihm die Geschichte vom verschwundenen Landsknecht und seinem bei einem angeblichen Werwolf wieder aufgetauchten Wappengurt.
    Auf den Lippen meines Gegenübers machte sich ein zufriedenes Lächeln breit. »Sieh mal einer an! – Ich habe mir im Laufe der Zeit in der ganzen Sache eine Meinung gebildet, die ich bislang für mich behalten habe, weil sie zu abenteuerlich klingen würde, und ich überdies nicht die geringste Lust verspüre, den Respekt meiner Männer zu verlieren, indem ich mich zum Gespött mache. Nehmt es mir nicht übel, dass ich diese Geheimniskrämerei, wie meine Leute es nennen, auch noch ein wenig beibehalten werde. Nur so viel sei gesagt: Wenn ich Recht habe, wiederholt sich hier eine Geschichte, wie sie sich ähnlich vor über hundert Jahren im fernen Escotia zugetragen hat. Indessen, die landschaftlichen Voraussetzungen waren dort gänzlich anders. Dies ist der bislang unüberwindliche Punkt, den meine Überlegungen noch bezwingen müssen.«
    Er klatschte hart seine Hände gegeneinander. »Gleichviel, Euer Bericht macht mir Mut, denn er scheint meine Theorie zu stützen. – Doch weiter.« Dabei zeigte er auf die Rolle. »Die Leute sind in Gruppen zusammengefasst, wie sie zusammen gereist sind. Ihr werdet sehen, dass keine größer ist als sechs Gefährten und dass immer mindestens die Hälfte von ihnen Frauen waren. – Und Ihr werdet noch etwas sehen. Die Bögen, die ich hinter die Gruppen gesetzt habe, beziehungsweise der schwarze Punkt, bedeuten, dass sie alle ihre Reise in der letzten Phase des abnehmenden oder der ersten des zunehmenden Mondes angetreten haben, zumeist aber dann, wenn es überhaupt keinen Mondschein gab.«
    Genüsslich nahm Degusti einen tiefen Zug. »Die letzten vier Gruppen zogen von Crange aus. – Nun, ahnt Ihr bereits, worauf ich hinauswill?«
    Oh ja, ich ahnte es, genau wie ihr, meine scharfsinnigen Freunde. »Ihr tippt auf eine Bande, groß genug, um mit einer kleinen Gruppe in Windeseile und ohne Spuren zu hinterlassen fertigzuwerden, die sich die Dunkelheit zunutze macht. Das leuchtet mir ein. Nur, was ist so neu daran?«
    »Neu und wahrhaft außergewöhnlich ist daran, dass in aller Regel nicht das geringste Relikt übrig bleibt. Die Spur hört im Nichts auf. Wo sind die Pferde geblieben? Was ist aus den Wagen geworden? Sicherlich waren auch etliche Arme unter den Opfern, aber bei der Vielzahl der Fälle muss in den Jahren eine riesige Menge an Beute angefallen sein. Wo ist die gelandet? Ja, gäbe es einen Raubritter mit Burg und Gefolge, der könnte so etwas bewerkstelligen – aber andererseits niemals über die Zeit geheim halten. Außerdem liegen die Tatorte vielfach Tagereisen auseinander. Wo will man sich mit einer solchen Truppe untertags verbergen? Und überdies, was sind das für Wesenheiten, die nur deshalb alle Spuren so vollkommen verwischen können, wenn sie in der Nacht genauso gut sehen können wie wir bei Tage? – Wie gesagt, vermuten kann man viel, doch ohne schlagenden Beweis bleibt man bloß ein dummer Schwätzer.«
    Degusti lachte leise und ohne Fröhlichkeit vor sich hin, als er zu seinem Humpen griff. » Was nützt es also, dass ich über die Jahre hier und da etwas aufgeschnappt habe von Leuten, die mit Leuten gesprochen haben, die angeblich jemanden kannten, der als Letzter einer Reisegruppe übrig geblieben war? Nichts als Gerede wie bei Anna. – Ihr wisst, wie die einzige Möglichkeit aussieht, um alle unsere Fragen zu beantworten?«
    Die Antwort war so klar, dass ein bloßes Nicken meinerseits genügte.
    »Dann sollten wir uns jetzt um die Einzelheiten kümmern. In sechs Tagen beginnt der Neumond.«

Glühende Augen
    Hinter mir war nur das Rattern des Frachtwagens zu hören, das sich dem Takt des Pferdegetrappels angepasst hatte. Ich ritt allein voraus in die Schwärze der Nacht und musste mir eingestehen, dass mir nicht wohl in meiner Haut war.
    Ihr wisst, meine geduldigen Zuhörer, dass ich so manches Abenteuer bestanden und so manche Klinge gekreuzt habe. Aber glaubt mir, es ist etwas ganz und gar anderes, Auge in Auge gegen einen Gegner antreten

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