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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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nicht so schlecht.«
    In tiefster Dunkelheit ging die Sonne auf, wenn auch nur auf Degustis Gesicht. »Gut dann.« Er pochte leicht auf seine Kutschbank, und gleich waren seine Leute in Alarmbereitschaft. Er deutete nur in Richtung des Lichtscheins, weitere Anweisungen brauchte es bei einer solchen Truppe nicht. Ruhig setzten wir unseren Weg fort.
    Nach der Hälfte der Strecke ließen sich die Konturen eines kleinen Hauses ausmachen, in dem zwei Fenster hell erleuchtet waren. Dies mitten in der Einöde mit der verlockenden Aussicht auf eine warme Mahlzeit und ein geschütztes Lager mochte jedem erschöpften Wanderer wie der Himmel auf Erden erscheinen. Ermattet vom beschwerlichen Weg, durchgerüttelt von der holprigen Fahrt und in ständiger Furcht vor Wegelagerern mochte jeden Reisenden der Wunsch, endlich an eine Tür klopfen und um Herberge bitten zu dürfen, jede Vorsicht vergessen lassen.
    Es war die perfekte Falle.
    Ich konnte buchstäblich fühlen, wie die Spannung der Kämpfer hinter mir vibrierte. Leises Schaben und Knacken auf dem Wagen, das Spanngeräusch einer Armbrust – sie brachten sich in Position. Ich wandte mich kurz um, konnte aber außer Degusti niemanden von ihnen ausmachen.
    Kaum hörbar flüsterte er: »Ich bevorzuge hier das Schwert.«
    Er hatte es kaum ausgesprochen, als ihm über die Lehne des Kutschbocks ein Bihänder zugeschoben wurde, wie er ungewöhnlicher kaum sein konnte. Zwar mit der üblich ausladenden Parierstange, war seine Klinge jedoch ein gutes Drittel kürzer als normal und ohne Spitze. Dafür von doppelter Breite und sich nach oben hin verdickend, schien es mir eher ein übergroßes Richtschwert zu sein. Mit der Verlagerung des Schwerpunkts zum Kopf der Schneiden würde es sich schwingen lassen wie eine Axt.
    Degusti deponierte es zu seinen Füßen und winkte mir, mein Pferd leicht anzutreiben. Dann wandte er sich noch einmal an seine Leute. »Denkt daran, was ich euch immer eingeschärft habe: Das Wichtigste sind eure Augen. Ihr könnt im Kampf die Nase verlieren, die Ohren, ein paar Finger oder auch einen Fuß. Aber ohne Augen seid ihr auf dieser Welt nichts, seid ihr tot. Also haltet alles und jeden auf Distanz und nehmt euch in Acht!«
    Weitere hundert Schritte, und nach rechts führte ein Pfad, wenig breiter als unser Wagen, auf das Haus zu. Dieses wirkte auf mich, je näher ich ihm kam, als würde es zunehmend seine Stabilität, der First seine starre Form verlieren und sämtliche Konturen verschwimmen. Obwohl völlige Windstille herrschte, machte seine Silhouette plötzlich den Eindruck, als würde sie von innen heraus von einem Sturm zerblasen.
    Der Weg hinter mir war durch unseren Wagen blockiert, sodass mir ohnehin keine andere Wahl blieb. Also trieb ich mein Pferd nach vorn, mit links die Zügel fest in der Hand, rechts eine Radschlosspistole.
    Ich war schon so nahe, dass ich glaubte, durch die leere Fensteröffnung hindurchspringen zu können, als ich die glühenden Augen erkannte, die mich zu Dutzenden aus den Büschen ringsum fixierten. Der Schrei, mit dem ich meine Kameraden warnte, war erst halb aus meiner Kehle, als das Haus über mir zusammenstürzte.

In der Wolfshöhle
    Ich habe euch ja schon berichtet, meine aufmerksamen Zuhörer, dass sich in meiner Profession in all den langen Jahren nicht nur die naturgegebenen Sinne verfeinert haben, sondern auch solche, die man vorher nicht gekannt und die der ständige Umgang mit dem Tod hinzugefügt hat.
    So hatten auch jetzt die kaum merklichen Verschiebungen der Umrisse des Hauses, das geringfügige Dehnen seiner Wände und das Unstete seiner Beleuchtung eine Saite in mir zum Klingen gebracht, die die allermeisten unter euch niemals hören werden. Doch seid froh darüber, beweist dieser Umstand doch, dass ihr ein ausgeglichenes Leben jenseits aller Gefahren führt.
    Mein Leben hingegen wurde durch meinen siebten Sinn gerettet, der mich instinktiv die Zügel nach rechts reißen ließ, als sich der Giebel zur Erde beugte. So traf mich das, was da auf mich herabprasselte, nicht am Kopf, sondern streifte bloß meine linke Schulter. Es war kein steinernes Mauerwerk, sondern ein massives Stück Holz, einer Zeltstange nicht unähnlich, und auch von vergleichbarer Funktion. Denn diese mit Leinwand bespannte hölzerne Rahmenkonstruktion war geschaffen worden, den arglosen Opfern die Fassade einer schützenden Herberge vorzugaukeln. War der nichts ahnende Reisende nur nahe genug heran, ließ man dieses Gebilde wie ein Netz

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