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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Deckung und zielte in die Richtung, aus der das Poltern gekommen war.
    Gleichzeitig aber schnellte Romanowski vor. Verblüfft sah Hartung, mit welcher Lautlosigkeit und Schnelligkeit dieser Koloß sich bewegen konnte.
    Wenn zwei Zentner aus der Luft auf einen Menschen fallen, bleibt ihm zunächst der Atem weg, wenn er nicht sofort erschlagen wird. Nicht anders war es, als Romanowski beim letzten Sprung mit voller Wucht auf den liegenden Mexikaner stürzte und ihn dadurch flach auf den Felsenboden preßte, daß an eine Gegenwehr nicht mehr zu denken war. Der Faustschlag, der dann seinen Kopf traf, war nur als zusätzliche Sicherheit gedacht, denn der Mann war bereits ohnmächtig, weil er mit dem Kinn auf den Stein aufgeschlagen war.
    »Erledigt, Herrchen«, sagte Romanowski und erhob sich. Den Revolver des Banditen steckte er in die Hosentasche. »Dem juckt de Bandscheibe noch wochenlang.«
    Sie krochen an den Rand des Felsenkessels und blickten hinunter.
    Mitten auf einer saftigen Wiese stand Laska und fraß gemächlich. Eine Hütte für die Wächter klebte an den Felsen, drei andere Pferde, gesattelt, dösten in einem Pferch. In einem verzinkten Behälter mit Pumpe wurde das Trinkwasser verwahrt. Das alles war nicht so wichtig, auch nicht die vier Männer, die wie Hühner nebeneinander auf einer Bank hockten und rauchten. Auch sie kämpften mit der Langeweile. Fast unüberwindlich erschienen zwei Dinge: Um das Rasenstück, auf dem Laska weidete, hatte man aus Felssteinen eine hohe Mauer gebaut – Hartung schätzte sie auf zwei Meter –, und außerdem hatte man Laska die Vorder- und Hinterbeine so zusammengebunden, daß sie nur kleine Schritte machen konnte. Sie bewegte sich fast hüpfend, wenn sie ihren Standort wechseln wollte.
    »Det mach ick mit denen ooch!« knirschte Romanowski. Tränen standen ihm in den Augen. »Meene Olle jefesselt.«
    »Ruhig, Pedro, ruhig.« Hartung blickte sich um. Er sah an dem vereinzelten Aufblitzen, daß Socorros Polizisten den Kessel umstellten. Keine Zeit war zu verlieren, um Laska gefahrlos aus dem Felstal zu holen. Bei der Vorliebe der Mexikaner für alles, was kracht und dramatisch ist, war abzusehen, wann Socorro den Befehl gab, aus allen Rohren zu ballern.
    »Willst du die Banditen anrufen?« flüsterte Angela. »Und wenn sie als erste schießen?«
    Hartung lag flach auf der Erde und starrte hinunter zu Laska. »Ob sie alles verlernt hat?« fragte er.
    »Was?«
    »Ihre kleinen Kunststückchen beim Zigeunerzirkus. Ihre beste Nummer war, sich auf einen bestimmten Pfiff hinzuwerfen und totzustellen. Zugan Kaiman hat es mir vorgemacht, und ich habe ein paarmal zur Freude Laskas diesen Pfiff wiederholt. Wie vom Blitz getroffen fiel sie hin. Aber das war vor drei Jahren.«
    »Und wenn se hinfällt, was dann?« fragte Romanowski.
    »Paß auf. Ich versuche es.«
    Hartung hob den Kopf so weit, daß er auch hinüber zu den vier rauchenden Männern sehen konnte. Dann spitzte er die Lippen und pfiff. Es war ein kurzer, trillernder Laut, der drei Sekunden dauerte und dann verhallte. Die Männer auf der Bank hörten ihn nicht, Laska aber spitzte sofort die Ohren. Ihr Kopf flog herum, die Augen suchten den Felsrand ab, sie wieherte kurz, als wollte sie sagen: Verstanden! Dann schwankte sie plötzlich und fiel mit einem Plumps auf die Seite. Regungslos lag sie im Gras, den Kopf weggestreckt.
    Die Männer auf der Bank sprangen auf, als sei unter ihnen eine Bombe explodiert. Sie schrien durcheinander, rannten zu dem liegenden Pferd, beugten sich über Laska, einer hob den Kopf hoch, der zweite legte das Ohr auf ihre Seite, um den Herzschlag zu kontrollieren, die beiden anderen lösten sofort die Lederfesseln von den Füßen.
    »Wasser!« brüllte einer der Männer. »Zum Teufel, Wasser! Und eine Decke! Sie hat einen Hitzschlag. Madre de Dios, der Chef bringt uns um!«
    »Jetzt, mein Mädchen, jetzt …« Hartung ballte die Fäuste. Der Schweiß floß in Bächen über sein Gesicht. Er zitterte vor Aufregung. Totspielen – das dauerte drei Minuten. Für die ›Erweckung‹ gab es keinen Pfiff, man mußte abwarten, bis Laska von selbst wieder aufsprang. Drei Minuten – das sind drei Ewigkeiten in der Situation, in der sich Hartung jetzt befand. Drei Minuten, in denen einem das Herz zerspringen kann.
    Plötzlich war es soweit – mit einem ungestümen Satz sprang Laska auf. Die vier Männer stoben auseinander, kugelten über den Boden und schrien. Aus dem Stand heraus setzte Laska zu einem

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