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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinunter. Es war der größte Triumph, den je ein Reiter und sein Pferd erlebt hatten.
    »Und die beiden wollen aufhören«, sagte Dr. Rölle und klatschte dabei so heftig, daß seine Hände rot anschwollen. »Wer's glaubt, wird selig!«

Das Mörderturnier
    Seit drei Tagen lag etwas in der Luft. Niemand konnte sagen, was so bedrückend war. Die Sonne schien mit jenem fast schon afrikanischen Glanz, der auch über dem sizilianischen Land lag. Von den Bergen und manchmal sogar vom Meer wehte ein warmer Wind. Das Training im Gelände und auf der Rennbahn von Syrakus hatte die Pferde in Hochform gebracht. Das Hotel, in dem die deutsche Equipe wohnte, lag auf einer Landzunge, die ins tiefblaue, nur schwach bewegte Meer ragte, ein Park umgab den im maurischen Stil gebauten Komplex, ein riesiger Swimming-pool mit Sonnensegeln und Liegestühlen verschaffte Abkühlung, die Verpflegung war vorzüglich – kurzum, man lebte in einem kleinen Paradies. Der ›Pokal des hl. Stephanus‹, der ›Hauspreis‹ der Sizilianer, war den deutschen Reitern so gut wie sicher. Was man beim Training bisher gesehen hatte, reichte allein schon, um die Deutschen zu haushohen Favoriten zu machen.
    Aber diese Favoritenrolle war es nicht, was unmerklich bedrückte. Fallersfeld war aus Warendorf nach Syrakus gekommen, um nach der langen Weltreise der deutschen Mannschaft seine ›Söhne‹, wie er die Reiter nannte, wieder ans Herz zu drücken. Sogar Laska, sein gehaßtes Lieblingspferd, begrüßte er. Prompt trat sie nach ihm aus, als er ihrer Box zu nahe kam, und schob die Nüstern von den kräftigen Zähnen.
    »Nur der Tod versöhnt uns!« sagte Fallersfeld resignierend. »Was habe ich dem Aas eigentlich getan?«
    »Vielleicht gefällt ihr der Geruch Ihres Rasierwassers nicht?« lachte Hartung. »Oder Ihr Monokel. Es gibt da Allergien, die …«
    »Seien Sie still, Horst!« Fallersfeld lehnte sich an die Stallwand. »Sie haben es mit Laska geschafft, schon zu Lebzeiten eine Legende zu werden, wissen Sie das?«
    »Leider ist es so.«
    »Wieso leider?«
    »Es gibt kaum noch ein Turnier, wo nicht etwas passiert. Gehen Sie mal nachts hierher zu den Boxen. Bis auf hundert Meter kommen Sie heran, dann hat die Polizei Sie am Schlafittchen. Wir werden bewacht wie das Gold in Fort Knox. Es ist zum Kotzen.«
    »Denken Sie an Mexiko, Horst.«
    »Und ob ich daran denke. Ich reite die letzte Saison.«
    »Blödsinn!« Fallersfeld ließ sein Monokel in die linke hohle Hand fallen und putzte es dann mit einem weichen Wildlederlappen. »Das können Sie dem deutschen Reitsport nicht antun. Das bringen Sie ja auch gar nicht fertig. Zu Hause auf seinem Kotten sitzen, Laska wie ein Schäfchen grasen lassen, die Daumen drehen und in die Wolken gucken! Sie nicht, Horst. Wenn Sie ein Pferd sehen, kribbelt es Ihnen in den Fingern und unter dem Hintern.«
    »Ich werde älter, Baron.«
    »Älter! Sechsunddreißig ist der Kerl! Ich bin über sechzig und klemme mich noch auf einen Gaul. Ein Reiter wird erst alt, wenn er aus dem Sattel rutscht bei stehendem Pferd!«
    »Trotzdem, ich höre auf. Immer die Angst, daß Laska etwas geschieht.«
    »In Mexiko! Aber hier in Europa …«
    »Denken Sie an Rom.«
    »Eine Ausnahme. Oder fühlen Sie sich etwa wieder bedroht?« Fallersfeld blickte Hartung scharf an. »'raus mit der Sprache.«
    »Nein. Noch nicht.«
    »Was heißt – noch nicht?«
    »Es liegt was in der Luft.«
    »Ja, hoffentlich Regen, sonst ist der Parcours knochenhart!«
    »Ich habe so ein merkwürdiges Gefühl …«
    »Ist Ihre Verdauung in Ordnung?«
    Hartung verzog das Gesicht. Fallersfeld war wieder einmal sehr humorvoll. »Mit Witzchen ist da nichts zu machen«, sagte er. »Sie kennen die Sizilianer. Der ›Pokal des hl. Stephanus‹ muß im Lande bleiben, wandert er ab, ist es ein nationales Unglück. Zum erstenmal sind ausländische Reiter zugelassen, wir wurden zu Favoriten gestempelt – und keine Reaktion erfolgt. Das ist irgendwie unheimlich.«
    »Sie sind verwöhnt mit Attentaten, Horst, das ist es. Ein normales Leben können Sie sich nicht mehr vorstellen.«
    »Kaum.«
    Sie verließen den Stall, bummelten durch die Sonne zum Abreiteplatz und kauften bei einem Eisverkäufer zwei Eis am Stiel. Der kleine, schwarzlockige Italiener wühlte in seinem Wagen herum, der vor ein Fahrrad montiert war, bis er die Stange Fruchteis, die Hartung verlangte, gefunden hatte. Dann klappte er den Deckel zu und fuhr davon, als müsse er sein Eis vor einem Überfall

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