Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Fall verschwenden wollte. »Denken Sie einmal nach, Signore. Ich bestelle den Commendatore auf die Wache. Cabuzzi kommt mit und erklärt sofort, daß dieser Verdacht eine ganz gemeine Schikane der Polizei sei. Beschwerde in Catania. Beschwerde in Rom. Wie stehe ich da ohne Beweise, nur mit Aussagen eines Ausländers, die kaum Beweiskraft haben? Na? Wie ein Idiot, der in die Hose pinkelt und ruft: Es regnet! Nein. Gehen Sie fort mit Ihrer Anzeige. Ich werde die Wachen verstärken, ich werde überall Patrouillen durchs Gelände gehen lassen, mehr kann ich nicht tun, Signore.«
    Hartung ging. Mit vorgeschobener Unterlippe sah ihm Portaldi nach. Er glaubte Hartung alles, er wußte sogar, daß er recht hatte, der Commendatore war ein Mafioso, wie er im Bilderbuch steht – aber Beweise, eindeutige Beweise, die fehlten. Und so lange ist ein Mann wie Lambordano eben ein Ehrenmann mit blütenweißer Weste.
    Die erste Warnung erfolgte bereits am gleichen Abend.
    Romanowski ging hinüber zu den Badezellen im Stadion, nachdem er zwei Stallburschen der deutschen Equipe zu Laska geholt hatte, »'ne halbe Stunde«, sagte er. »Eenmal brausen, det mach ick imma alle halbe Jahr.«
    Er lachte, klemmte sich ein zusammengerolltes Handtuch unter den Arm und trottete los.
    In einem der vielen Gänge unter der Tribüne, wo Umkleideräume, Duschkabinen, Massagezimmer, Pressezimmer und einige Gymnastiksäle lagen, kamen ihm vier unscheinbare Männer entgegen, schwarzlockig, mit offenen Hemden und Goldkettchen auf der Brust. Sie gingen nebeneinander, eine lebende Wand, die sich durch den Gang schob. Romanowski blieb stehen und sah sich um. Er war allein. Und da ein Romanowski nie rückwärts geht, wartete er, was nun geschehen würde. Zwei Meter noch waren die vier jungen Burschen entfernt, kräftige Kerle mit grinsenden Gesichtern.
    »Ick bin wie 'n Panzer«, sagte Romanowski und ließ seine Handtuchrolle fallen. »Überlegt euch det, ihr Heinis.«
    Plötzlich waren sie über ihm. Lautlos, geschmeidig, wie Katzen. Sie fielen über ihn her, drückten ihn zu Boden und schlugen auf ihn ein. Romanowski wehrte sich, er hörte Stöhnen und Schmerzensschreie, aber gegen acht Fäuste war auch er machtlos. Einer der Burschen machte ein schnelles Ende – er trat Romanowski mit aller Wucht gegen das Kinn. Es war, als zerplatze der Kopf in winzige, feurige Teile …
    Ein Stadionwärter fand Romanowski zehn Minuten später. Er war noch ohnmächtig, auf seiner Brust lag ein Zettel.
    »Denken Sie an uns?«
    »Jetzt geht es los«, sagte Hartung eine Stunde später, als Romanowski von Dr. Rölle verpflastert worden war. Sein Gesicht sah aus wie eine Mondlandschaft im blauen Licht. Fallersfeld las den Zettel und zerknüllte ihn.
    »Und die Polizei nimmt auch das nicht als Beweisstück an?«
    »Können Sie sagen, wer ihn geschrieben hat?« fragte Hartung.
    »Nein. Aber in wessen Auftrag …«
    »Beweis?«
    Fallersfeld fluchte. »Das ist doch absurd!« schrie er. »Bei uns genügt das, um …«
    »Wir sind aber auf Sizilien, Baron. Ich bin gespannt auf die zweite Aktion.«
    »Ab sofort verläßt Laska das Stallgebäude nicht mehr!« befahl Fallersfeld.
    »Und das Konditionstraining?«
    »Fällt aus! Laska tritt gar nicht zum Parcours an!«
    »Das ist die zweite Hoffnung der Mafia. Zehn Millionen Lire Gewinn, und der Sieger muß die Hälfte abgeben! Nein, ich reite.«
    »Die Schufte legen Sie und Laska einfach um. Sie haben's gehört – Gewehr mit Zielfernrohr! Scharfschützen …«
    »An diese Drohung glaube ich nicht. Hier ist das eigene Risiko zu groß. Sie rechnen mit unserer Angst, wie die Mafia immer mit der Angst der anderen rechnet.«
    »Angst, die sie durch Mord aufgebaut hat!«
    Hartung schwieg. Was Fallersfeld sagte, war die Wahrheit. Die Mafia kannte kein Erbarmen mit dem, der sich ihr widersetzte. Sie konnte es auch nicht – nur blutige Konsequenz festigte ihre Autorität.
    Kommissar Enrico Portaldi stellte Polizisten zur persönlichen Bewachung ab. Bei jedem Schritt wurde Romanowski von zwei martialisch aussehenden Beamten begleitet. Sie schliefen auch mit ihm im Stall. »Ick komm mir vor wie 'n Staatsfeind«, sagte Romanowski, als Hartung am nächsten Tag Laska zum Abreiten holte. Portaldi war mitgekommen, um Hartungs Schutz zu überwachen. »Selbst uff 'n Lokus stehen se um det Becken rum.«
    Das Training verlief ohne Zwischenfälle. Auf dem Übungsplatz mit den Hindernissen ritt Hartung allein. Niemand durfte das Gelände betreten.

Weitere Kostenlose Bücher