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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Bett nicht erreicht! Zum Verrücktwerden ist das!«
    »Dann muß er nach dem Gesetz der Logik noch im Hotel sein!«
    »Logik! Im Hotel kann doch keiner verschwinden! Jetzt sag bloß noch, der große Unbekannte hat ihn versteckt.«
    »Die Zimmermädchen?«
    »Kannst du dir vorstellen, daß Hartung zwei Tage in der Kammer eines Zimmermädchens bleibt und alles um sich herum vergißt? Es sei denn, er ist verrückt geworden. Außerdem hat Labois schon längst alle Angestelltenzimmer kontrolliert. Diese blöde Idee hatte er nämlich auch.« Fallersfeld schob plötzlich die Mütze korrekt zurecht und straffte sich. Verwundert folgte Winkler seinem Blick. Ein knallroter Sportwagen fuhr langsam zum Abreiteplatz. Ein breiter weißer Hut leuchtete hinter der Windschutzscheibe.
    »Oha!« sagte Winkler und lächelte breit. »Besuch.«
    »Eine Gräfin.« Fallersfeld fuhr sich schnell mit beiden Zeigefingern über die Augenbrauen. »Hartung hat zuletzt mit ihr gesprochen.«
    »Sieh an, sieh an!«
    »Keine dummen Bemerkungen, Hans-Günther. Ein Autogramm wollte sie. Du hast es doch selbst beobachtet.«
    »Ach, die ist das?« Winkler blinzelte Fallersfeld zu. »Ich gehe zu Angela.«
    »Mein Gott, Angela! Wo ist sie? Wie trägt sie es?«
    »Tapfer. Sie sitzt im Stall und wartet.«
    »Und weint.«
    »Keine Träne. So wenig sie sich leiden mögen, im Grunde sind sie sich ähnlich, Laska und Angela. Sie haben unerschütterliches Vertrauen zu ihrem Herrn. Sie glauben einfach an kein Verbrechen. Und Romanowski, das ist der reine Holzklotz.«
    Es war, als habe Romanowski das gehört. Er ritt auf Laska im leichten Trab heran, hielt und nahm seine Sportmütze ab, als bedanke er sich auf dem Parcours bei den Zuschauern. Fallersfeld schielte zu ihm hoch. »Na, Pedro?«
    »Kann ick mit ihnen reden, Herr Baron?«
    »Immer.«
    »Lassen Sie mir reiten, Herr Baron.«
    »Das tust du doch.«
    »Für Herrchen auf dem Parcours.«
    »Wohl durchgedreht, was?«
    »Laska pariert mir und sonst keenem. Und wie se loofen kann, det haben Sie ja jesehen. Wenn ick mir in 'n roten Rock zwänge, ick jlobe, heute schaff ick es ooch. Det wäre die beste Lösung.«
    »Und in Pulvermanns Graben liegste im Dreck, was?«
    Romanowski ritt beleidigt weiter. Pulvermanns Graben – das war ein dunkler Punkt in seinem Reiterleben. Ein einziges Mal hatte er mit Laska eine Übungsrunde ganz durchgesprungen. In Ludwigsburg. Bei Pulvermanns Graben schoß er über Laskas Hals hinaus in den Sand und brach sich zwei Rippen an. Das Beschämendste aber war, daß Laska stehenblieb, umkehrte, ihn mit der Schnauze anstieß und triumphierend wieherte.
    Der rote Sportwagen hielt mit leise quietschenden Bremsen. Fallersfeld riß die Mütze herunter, ließ seine weißen Haare im Wind wehen – er wußte, wie attraktiv das auf Frauen wirkte – und ging mit festen Reiterschritten auf den Wagen zu. Elise de Béricourt winkte mit beiden Händen und zeigte dann auf die Pferde im Abreiteviereck.
    »Wo ist Laska?« rief sie. Ihre dunkle Stimme kam Fallersfeld wie Samt vor. Schwarzer Samt, nein, roter Samt, tiefroter Samt.
    »Dort. Das goldrote Pferd. Pedro, das ist Hartungs Bereiter, steigt gerade ab.« Fallersfeld beugte sich über eine lange, kräftige Hand und küßte sie. Elise nahm es gar nicht wahr, sie blickte hinüber zu Laska. Ihre Lippen schoben sich vor.
    »Wer ist das Mädchen, das jetzt bei ihr steht?«
    Fallersfeld war es eine Freude, darauf zu antworten. »Angela Diepholt, die Verlobte Hartungs.«
    »Ach, er ist verlobt?«
    »Seit Jahren. Nur vor der Heirat reitet er immer davon.« Fallersfeld lachte ausgiebig über dieses Bonmot. »Vor zwei Jahren war es fast soweit, wir putzten uns schon die Stiefel für die Kirche, da entdeckte er Laska. Bums, war alles wieder vorbei. Kein Ehrenspalier. Jetzt hat er nur noch Zeit für Laska.«
    »Kann ich mir das Pferd näher ansehen?«
    »Aber ja, Gräfin.«
    »Ganz nah?«
    »Warum nicht?« Fallersfeld führte Elise hinüber zu den Stallungen. Es waren Zelte, die man auf dem Rasen des Parks von Saint-Cloud für das Turnier aufgeschlagen hatte.
    Das also ist sie, dachte Elise, je näher sie Angela und Laska kamen. Laska und Angela, meine großen Rivalen. So schön wie ich bist du nicht, Angela. Derber, bäuerlicher, germanisch. Dir fehlt das Fluidum, der südliche Himmel, die Sonne. Meine Haut ist gepflegter, meine Brüste voller, meine Beine schlanker. Sieh dir meine Fesseln an. Mein Gang, meine Haltung, mein Temperament, meine Lebenslust.

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