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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– Was hast du dagegen? Einen seelenvollen Blick. Wollen Männer so etwas? Du hast verloren, meine kleine Angela. Männer sind Eroberer, Forscher, Abenteurer – ich kann ihnen alles geben: Neuland, Wildnis und Kampf.
    Und du, Laska? Von Pferden verstehe ich nicht viel, nur, daß man sie reiten kann und daß sie einen Sattel tragen. Bist du ein schönes Pferd? Ich weiß es nicht. Bist du ein kluges Pferd? Gibt es das? Pferde sind dumm, sagt man. Ihr Kopf ist größer als ihr Verstand. Wie kann man eine Frau wie mich gegen dich eintauschen? Gegen ein Tier! Sie hob die Hand und streichelte Laska über die weichen Nüstern. Fallersfeld kam zu spät, das zu verhindern. Er riß ihr den Arm zurück, als sie Laska schon berührt hatte.
    Laskas Kopf zuckte hoch. Die großen Augen wurden starr, die Ohren legten sich an, als seien sie plötzlich mit dem Fell verwachsen.
    »Festhalten!« brüllte Romanowski, der mit dem Halfter aus dem Zelt kam. »Zur Seite! Weg!«
    Elise de Béricourt spürte, wie Fallersfeld sie packte und wegriß. Im gleichen Augenblick stieg Laska hoch und schlug mit den Vorderhufen zu. Hätte Elise noch auf ihrem Platz gestanden, wäre der Huftritt ihr Ende gewesen.
    Pedro war noch zu weit entfernt, um einzugreifen, Fallersfeld zerrte die Gräfin zum Auto, die deutschen Reiter waren verteilt über den Abreiteplatz. Grell wiehernd, den Kopf hochgereckt, setzte Laska zum Lauf an. »Olles Aas!« brüllte Romanowski. »Biste varrückt geworden?«
    Ein Ruf, der bisher immer gewirkt hatte. Sagte Pedro ›olles Aas‹, blieb Laska stehen und wartete erst einmal ab. Aber heute war etwas stärker – ein Geruch, eine Ahnung, eine geheimnisvolle, unerklärliche Kraft. Laska riß sich aus den Zügeln, die Angela umklammerte, los und galoppierte auf den kleinen Wagen zu.
    Fallersfeld, mit Pferden aufgewachsen, überblickte sofort die heranbrausende Katastrophe. Niemand hielt Laska mehr auf, es sei denn, man mußte sie erschießen. Aber selbst dazu war keine Zeit mehr. Er warf Elise fast in ihren offenen Wagen und schrie ihr zu: »Starten Sie! Weg! Sie sind schneller!«
    Elise de Béricourt zögerte eine Sekunde, und diese Sekunde fehlte ihr. Laska erreichte den roten Wagen, als er anfuhr, aber es genügte noch zu einem Zusammenprall. Er war so heftig, daß das Heck herumschleuderte. Elise gab Vollgas und raste davon. In ihrem Gesicht stand panisches Entsetzen.
    Fallersfeld lag auf dem Boden und hielt die Arme schützend über den Kopf gelegt. Aber um Fallersfeld kümmerte sich Laska nicht, sie starrte dem roten Wagen nach, den Kopf hochgeworfen und schnuppernd, jeder Nerv vibrierte. Angela erreichte sie im letzten Moment. Sie konnte noch aufspringen, klammerte sich am Sattel fest und wurde dann mitgerissen in einem Galopp, wie ihn Laska noch nie gelaufen war.
    »Seit wann wird sie denn bei Rot wild?« brüllte Fallersfeld, noch immer auf der Erde liegend. »Ist sie mit einem Bullen gekreuzt? Ihr nach! Fangt sie ein! Angela wird sich den Hals brechen!«
    Laska galoppierte. Aus dem anfänglichen harten Schritt wurde ein weiches, kräftesparendes Vorwärtsschnellen. Unter ihren Hufen wirbelte der Sand hoch, später ganze Ballen Grasnarben, als sie quer durch den Park raste, gelenkt von Angela, die damit dem roten Wagen den Weg abschneiden wollte.
    »Du weißt, wo Herrchen ist«, sagte Angela und umklammerte den Hals des Pferdes. Sie beugte sich zu den anliegenden Ohren und küßte sie. »Hast du ihn gerochen? Nein, du bist kein Hund, ein Pferd hat keine Witterung, sagt man. Aber du hast Herrchen entdeckt. Lauf, mein Mädchen, lauf, sie entkommt uns nicht!«
    Es war, als strecke Laska sich. Erwachte die Erinnerung an die Zigeuner? Weite Koppeln, ein unendlicher Himmel, man flog mit den Schwalben um die Wette …
    Im Rückspiegel sah Elise, wie das Pferd sie verfolgte. Eine wilde Angst überfiel sie. Das ist nicht möglich. Ein Pferd kann nicht riechen. Ein Pferd hat keinen Verstand. Aber es verfolgt mich.
    Sie trat den Gashebel durch, schleuderte auf die Chaussee von Sèvres, der Wind riß ihr den Hut vom Kopf, sie beugte sich tief über das Steuerrad und lachte hysterisch.
    170 km … Kann ein Pferd so schnell laufen? Bevor es das Schloß erreichte, war Hartung längst abtransportiert. Nach Verrières, in ein stilles, mitten im Wald gelegenes Jagdhaus.
    Der rote Punkt auf der Chaussee wurde immer kleiner. Laska rannte mit donnernden Hufen, Funken sprühten aus dem Asphalt. Vergeblich versuchte Angela, sie zu zügeln.

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