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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der sich ein dutzendmal verbeugte, ein Glas Dortmunder Bier, besuchte ein chinesisches Schattentheater und nahm sich dann vor, in einem der Lokale chinesisch zu Abend zu essen.
    Morgen war das Turnier. Es sollte ein kurzer Abend werden. Hartung schlief gern lange vor einem Parcours, um Kraft zu sammeln für die Stunden, in denen Millionen Augen auf ihn gerichtet waren, im Stadion, vor den Fernsehgeräten, in den Illustrierten und Zeitungen.
    Horst Hartung auf Laska – vier Worte, die bereits die ganze Welt kannte.
    Er hatte gerade das Schattentheater verlassen und ging langsam die Straße hinunter, als ein blondes Mädchen mit flatternden, aufgelösten Haaren um die Ecke lief, mit ausgebreiteten Armen auf ihn zustürzte und sich laut weinend und verzweifelt an ihn klammerte.
    »Hilfe!« schrie das Mädchen. In ihren Augen stand Angst. »Hilfe! Bitte helfen Sie mir, Sir. Zwei Männer … sie kommen gleich … sie wollten mich …« Ihre Stimme erstickte in Schluchzen. »In einem Hausflur wollten sie … Ich konnte mich losreißen, aber sie rannten hinterher, zwei Gelbe. Hilfe! Hilfe!« Zitternd preßte sie das Gesicht an seine Brust.
    Wie Joe Brollio vorausgesagt hatte, regte sich in Hartung die Ritterlichkeit. Er legte die Arme um das weinende Mädchen und wartete auf die beiden Verfolger. Aber die kamen nicht. Hartung war darum nicht böse, denn er hatte keine Lust, sich hier in Chinatown mit zwei Chinesen zu prügeln. Weit und breit war kein Polizist zu sehen.
    »Es ist alles vorbei«, sagte er. Sein Englisch war so vorzüglich, als sei er irgendwo in den Staaten geboren. »Sie kommen nicht mehr.«
    »Sie schneiden uns den Weg ab! Sie kennen die Gelben nicht! Ganz Chinatown ist eine Höhle. Plötzlich stehen sie in irgendeiner Haustür und fallen über uns her.« Das Mädchen zitterte noch stärker. »Ich habe Angst, Sir, Angst. Bitte, bitte bringen Sie mich nach Hause!« Sie hob den Kopf. Ihr tränenüberströmtes Gesicht war puppenhaft. Erst jetzt spürte Hartung ihre vollen, straffen Brüste, die sich gegen ihn preßten. »Ich wohne am Meer. Ein kleiner Bungalow. Bitte, lassen Sie mich nicht allein!«
    Es klang so ängstlich, daß Hartung aus voller Überzeugung den Ritter weiterspielte. Er winkte einem Taxi, und beide stiegen ein. Der Fahrer schwieg. Ein heulendes Girl, ein Kavalier – sorry, wen geht das was an? Sie sah nicht so aus, als habe sie gerade die Unschuld verloren.
    »Zur Playa da Sole«, sagte das Mädchen. Sie putzte sich die Nase und lächelte Hartung dankbar an. Das Taxi raste zum Meer. Der Fahrer wußte Bescheid. Die weißen Häuschen am Felsstrand – Ruhesitze von Beamten und Liebesnester von teuren Girls. Eine verrückte Mischung. Moralverein und Bordell nebeneinander.
    Eine typische Salti-Siedlung.
    »Ich heiße Betty Simpson«, sagte sie, als das Schluchzen aufhörte. Es war eine Glanzleistung von Betty, aber Hollywood hatte sie immer noch nicht entdeckt.
    »Horst Hartung.«
    »Oh!« Sie riß die blauen Augen weit auf. »Sie sind das?«
    »Sie kennen mich?«
    »Aus der Zeitung, vom Fernsehen. Der Reiter aus Germany, nicht wahr? Sie haben vorgestern ein Interview für die BFC gegeben?«
    »Stimmt.«
    »Ich bewundere Sie. Ich habe die Trainingssprünge gesehen. Phantastisch. Wissen Sie, ich liebe Pferde, und wenn sie so über die Hindernisse fliegen. Und ausgerechnet Sie – das ist Glück im Unglück, Sir.«
    Der Fahrer lächelte still vor sich hin. Die versteht ihr Geschäft. In fünfzehn Minuten säuselt sie ihm die Dollar aus der Tasche. Sie fuhren jetzt auf der Küstenstraße nach Süden. Die ersten Kolonien der weißen Bungalows tauchten schon zwischen den Klippen auf.
    Horst Hartung genoß ahnungslos die Fahrt, die Gegenwart des Mädchens, das unverbindliche Abenteuer, wie er dachte. Angela Diepholt kam nicht nach San Franzisko. Sie hatte ein Telegramm geschickt. »Vater krank. Muß leider hierbleiben.« Zum erstenmal war sie nicht am Rande des Parcours. Hartung kam sich irgendwie verwaist vor, auch wenn er immer geschimpft hatte über diese ›Verfolgung aus Liebe‹. Nun fuhr er mit einer lebendigen Puppe am Pazifik entlang, und er hatte sie vor zwei Wüstlingen gerettet.
    Der Wagen stoppte. »Ist es hier?« fragte der Fahrer.
    »Ja, hier können Sie halten.« Betty sprang aus dem Auto, Hartung bezahlte vier Dollar und wollte gerade sagen: »Warten Sie!«, als das Taxi anfuhr und wegbrauste. Wer hier ausstieg, hatte Zeit.
    »Sie waren so nett zu mir«, sagte Betty. Ihr

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