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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geheiligten Körper berühren, ohne daß sie nach mir biß oder trat. Irgendwie ist sie doch nicht in Ordnung.«
    Hartung und alle anderen Reiter lachten. Sogar Fallersfeld, der schon viermal gebissen worden war. Die Stimmung war also blendend, und die Chancen der deutschen Equipe stiegen. In der Presse wurden sie zu den heimlichen Favoriten.
    Es war fast zehn Uhr morgens, als Hartung erwachte. Zunächst wußte er gar nicht, wo er war, dann spürte er Kopfschmerzen und Ohrensausen, Übelkeit und Schlaffheit in allen Gliedern. Er versuchte, sich zu erheben, aber die Fesseln ließen das nicht zu – er rollte zurück. Da erst wurde er völlig wach, erinnerte sich und erkannte klar seine Lage.
    »Ich Rindvieh«, sagte er. »Tappe in diese Falle wie ein Blinder.«
    Er beugte sich vor, sah auf seine Uhr und erschrak. In einer Stunde mußte er auf dem Parcours sein. Longieren, abreiten, Lockerungsübungen, noch einmal Schrittübungen über die Cavalettis.
    Er versuchte es zunächst mit Gewalt, zerrte an den Fesseln, aber sie gaben nicht nach, obwohl Betty sie dilettantisch geknüpft hatte. Dann rollte er sich über den Teppich zu einem schweren Schrank und begann, die Fesseln an den Vorsprüngen der geschnitzten Schrankfüße zu lockern.
    Immer und immer wieder, mit verzweifelter Geduld, schabte er die Stricke über das Schnitzwerk und spürte, wie sich die Fesseln um die Handgelenke lockerten. Schließlich konnte er hinausschlüpfen und befreite auch seine Füße.
    Aber das Haus selbst erwies sich jetzt als Gefängnis. Stahlrolläden, ein Scherengitter, dicke Türen. Hier wäre man selbst mit einem Brecheisen nicht weitergekommen.
    Hartung lief durch den kleinen Bungalow und suchte ein geeignetes Werkzeug. Ein lächerlicher kleiner Hammer lag im Werkzeugkasten, eine Zange, ein Schraubenzieher. Aber auch ein Lötkolben.
    Hartung steckte die Schnur in die Steckdose, heizte den Kolben auf und begann dann, um das Haustürschloß herum das Holz wegzubrennen.
    Wer jemals mit einem Lötkolben gearbeitet hat, kann ermessen, wie mühsam das war. Das Holz wurde zunächst nur braun, der verbrannte Lack stank bestialisch, aber von einem tieferen Einbrennen war keine Rede.
    Doch Hartung gab nicht auf. Er arbeitete sich durch das Holz, es war, als weiche er es auf, um es dann mit dem Schraubenzieher weiter zu durchbohren. Endlich, nach über einer Stunde, war er durch – ein Loch, so groß wie der Schraubenzieher. Aber der Weg war frei. Mit dem Hammer schlug er jetzt das Schloß heraus, wobei er den Schraubenzieher als Meißel benutzte. Als die Tür aufsprang, war er schweißgebadet und völlig ausgepumpt. Die Betäubung lag ihm noch in den Gliedern – die ersten Schritte in der Morgenluft waren wie Gehübungen eines Schwerkranken.
    Sie sind schon alle auf dem Platz, dachte er, als er wieder auf seine Uhr blickte: Fallersfeld wird dumme Witze machen. Kaum ist seine Braut nicht da, entdeckt Hartung den Wüstling in sich. Mein lieber Baron, wenn du wüßtest, was für ein Riesenrindvieh ich gewesen bin!
    Er schwankte über die Straße in Richtung San Franzisko. Neun Wagen überholten ihn, der zehnte hielt an, und ein junger Mann mit Beatlemähne sah aus dem Fenster.
    »Trainieren für Marathonlauf?« fragte er.
    »Nein. Ausgesetztes Waisenkind.«
    »Dann steigen Sie ein, Mister. Ich habe auch keinen Papa und keine Mama mehr.«
    So kam Hartung nach San Franzisko zurück. Der junge Mann, er war Graphiker bei einer Werbefirma, setzte ihn am Bahnhof ab.
    Mit aufheulendem Motor brauste er weiter.
    Hartung nahm ein Taxi, fuhr zum Hotel und stellte sich unter die kalte Brause. Dann trank er ein Kännchen Mokka, rasierte sich, zog seine Turnierkleidung an und fuhr mit dem Lift hinunter in die Halle. Dort stand – immer zur unrechten Zeit – Fallersfeld und unterhielt sich mit einem älteren Herrn, der sehr vornehm aussah.
    »Oh, Hartung!« rief der Herr begeistert, und Fallersfeld fuhr herum. Sein Blick auf die Hoteluhr sagte alles.
    »Passen Ihnen die Stiefel noch, Horst, oder fallen sie 'raus?« knurrte er. »Nicht, daß Ihnen beim ersten Sprung der Puder aus den Ohren fliegt.«
    Hartung schwieg. Er machte eine kleine Verbeugung vor dem vornehmen Herrn, rannte aus dem Hotel und fuhr mit dem Taxi zum Parcours. Romanowski arbeitete Laska durch, der gute, treue Pedro.
    Er hielt sofort an, als er Hartung sah. »Herrchen«, rief er und rieb sich die Hände, »det war'n Erlebnis. Ick schlafe bei dem ollen Luder hier, und plötzlich steht eener

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