Des Sieges bittere Tränen
nicht versanden. Aber sonst drang der staubfeine Sand überall ein, jedes Wort knirschte im Mund, die Zunge drehte Sandkugeln im Gaumen, jeder Schluck kratzte in der Kehle.
Einen Tag später flog Heerekamp mit einer Privatmaschine von Johannesburg nach Vryburg. Dort stand sein Auto, ein Landrover. Der ›Stadtwagen‹ blieb in Johannesburg. Petelo Nsombo tankte voll, während Heerekamp einen Besuch beim Bürgermeister machte.
»Falls er Laska entführt hat, verhielt sich Heerekamp überaus geschickt«, sagte Verschuren voll Anerkennung. »Eine Meisterleistung an Kaltblütigkeit. Er muß damit rechnen, daß wir ihn beobachten, und was tut er? Er ißt mit dem Bürgermeister von Vryburg zu Mittag und besichtigt die neuen Viehhöfe und Verladerampen.«
»Wir sollten auch nach Vryburg fliegen«, sagte Hartung.
»Das fiele sofort auf. Außerdem wissen wir ja gar nicht, ob Heerekamp wirklich …« Verschuren hob die Hände und wiegte den Kopf. »Es ist ein vertrackter Fall, der delikat behandelt werden muß. Tun wir Heerekamp Unrecht, kann das unabsehbare Komplikationen geben. Er ist mit allen maßgebenden Persönlichkeiten des Landes gut Freund.«
»Er ist der einzige, der ein Zwei-Millionen-Interesse an Laska hat«, rief Hartung.
»Irrtum. Ungezählte Pferdeliebhaber würden sich um Laska reißen. Es gibt Pferdenarren genug, auch bei uns, die jeden Kniff anwenden würden, um sie zu entführen. Es ist sogar möglich, daß herumstreunende Bantus Ihre Laska geklaut, geschlachtet und längst gefressen haben.«
»Daran wollen wir gar nicht denken«, sagte Angela leise und tastete nach Hartungs Hand. »Das wäre zu furchtbar!«
In der Nacht schlüpfte Angela in Hartungs Zimmer. Er war noch wach, saß am Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. In den Zweigen der Parkbäume des Sunnyside Park-Hotels kreischten Nachtvögel. In der Bar wurde noch getanzt, leise tönte die rhythmische Musik durch die warme Nacht.
»Laska wird wiederkommen«, flüsterte Angela an der Tür.
Hartung drehte sich nicht um. Seine Schultern fielen nach vorn. Von hinten sah er alt und sehr schwach aus.
»Es ist gut, daß du kommst«, sagte er.
»Soll ich dir etwas zu trinken bringen?«
»Nein, danke.« Hartung starrte in den Park. Seit Laska zum ›Wunderpferd‹ erklärt wurde, hatte er schon viele Schwierigkeiten überwunden. Erfolge züchten Mißgunst, Siege zeitigen Gegner, Triumph zeugt Haß – er hatte mit Laska alles überstanden. Aber jetzt spürte er, daß die Trennung endgültig war. Laska war verloren. »Ich werde nie wieder reiten«, sagte er leise.
»Horst, bitte, verlier nicht den Mut.« Angela lief zu ihm und umarmte ihn. Ihre Zärtlichkeit war wohltuend, aber gleichzeitig erinnerte sie ihn an Laska.
»Ich werde alles aufgeben«, sagte Hartung und lehnte sich zurück. Sein Kopf lag zwischen Angelas Brüsten, und er war froh, daß sie jetzt hier war; sie war der einzige Mensch, der ihn trösten konnte. »Alles, Angi! Das Gut, die Zucht – ich will nichts mehr um mich haben, was mich an Pferde erinnert. Ich beginne wieder von vorn, irgendwo weit weg vom jetzigen Leben.«
»Das würdest du nie aushalten, Horst.«
»Ausgerechnet du sagst das? Wer hat die Reiterei verdammt?«
»Hast du das jemals ernst genommen?«
»Manchmal ja. Was ist das für eine Frau, habe ich mich oft gefragt. Sie liebt mich, und ich liebe sie, und trotzdem scheitert unser Zusammenleben an den Pferden. Wie lange wartest du jetzt?«
»Sieben Jahre.«
»Du bist ein Wunder, Angi.«
»Nein, ich liebe dich nur. Und ich habe in diesen sieben Jahren gelernt, mit deinen Pferden zu leben. Es war schwer, glaub es mir! Immer zuerst die Pferde, dann ich, welche Frau hält das aus? Dann kam Laska, ich habe sie verflucht, denn mit ihr sank meine Chance, dich ganz für mich zu haben, auf den Nullpunkt. Bis ich auch hier erkannte, welchen Platz ich hatte. Zwei Jahre brauchte Laska, um mich anzuerkennen; jetzt gehören wir zusammen.«
»Und jetzt ist sie für immer weg.« Hartung schloß die Augen. »Ich warte das Turnier nicht ab. Wir fliegen früher zurück nach Deutschland.«
»Bis dahin sind es noch fünf Tage. Was kann in fünf Tagen alles geschehen!«
»Kommissar Verschuren hat keinerlei Hoffnung. Wenn er Heerekamp überwachen läßt, so nur, um mir zu zeigen, daß die Polizei nicht untätig herumsitzt. Ich lese in seinem Blick, was er denkt. Vielleicht stimmt es wirklich, daß man Laska geschlachtet und gebraten hat!«
Es war eine schreckliche Nacht.
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