Des Teufels Alternative
draußen, wo der Nebel dichter wurde.
»Bei diesem Nebel können die Froschmänner die ›Freya‹ ohne weiteres entern«, stellte er fest. »Ihre Scheinwerfer nützen Ihnen dann nichts mehr. In wenigen Minuten sind keine Blasenbahnen von Kampfschwimmern mehr zu erkennen.«
»Das spielt keine Rolle mehr«, sagte Drake. »Das alles ist jetzt völlig unwichtig. Entscheidend ist, daß Mischkin und Lasareff endlich die Möglichkeit haben, vor der Weltöffentlichkeit zu sprechen. Das war der Zweck unserer Aktion. Das wiegt alle Gefahren auf.«
Die beiden ukrainischen Juden waren vom Ben-Gurion-Flughafen in einem geschlossenen Wagen ins Polizeipräsidium Tel Aviv gefahren und dort in Einzelzellen untergebracht worden. Ministerpräsident Golen war bereit, die eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen und die beiden Männer in die Freiheit zu entlassen, falls dafür die Freya und ihre Besatzung freigegeben wurden. Aber er hatte nicht die Absicht, sich von den Terroristen hereinlegen zu lassen.
Für Lasareff und Mischkin war dies die dritte Zelle an einem Tag, aber sie wußten beide auch, daß es die letzte sein würde. Als sie im Korridor voneinander getrennt wurden, blinzelte Mischkin seinem Freund zu und rief ihm auf ukrainisch nach: »Nicht nächstes Jahr in Jerusalem – morgen!«
Von seinem Büro im ersten Stock aus telefonierte der Polizeichef mit dem Polizeiarzt, der die beiden untersuchen sollte. Der Arzt versprach ihm, sofort in das Präsidium zu kommen. In Tel Aviv war es 19 Uhr 30.
Die letzten 30 Minuten bis 18 Uhr verstrichen an Bord der Freya quälend langsam. Drake hatte den BBC World Service eingestellt und wartete ungeduldig auf die 18-Uhr-Nachrichten.
Asamat Krim kletterte mit drei Kameraden über eine Strickleiter vom Heck des Tankers in den Kutter hinunter, der wieder neben der Freya dümpelte. Die vier Männer begannen mit den Vorbereitungen für die Räumung des Tankers.
Um 18 Uhr erklangen die Glockenschläge von Big Ben aus dem Transistorgerät. Der Nachrichtensprecher meldete sich.
»Hier ist der BBC World Service. In London ist es achtzehn Uhr. Wir bringen Nachrichten – gelesen von Peter Chalmers.«
Die Stimme wurde auch in der Offiziersmesse der Argyll gehört, wo Kapitän Preston und die meisten seiner Offiziere sich vor dem Radio versammelt hatten. An Bord der Moran hatte Kapitän Manning ebenfalls die Nachrichten eingeschaltet. Sie wurden zugleich in London, Den Haag, Washington, Paris, Brüssel, Bonn und Jerusalem gehört. An Bord der Freya saß Andrew Drake unbeweglich da und starrte das Radio an, als wolle er es hypnotisieren.
»Nach der Ankunft der beiden freigelassenen Flugzeugentführer Dawid Lasareff und Lew Mischkin in Tel Aviv erklärte Ministerpräsident Golen heute in Jerusalem, er sehe keine Alternative zu der versprochenen Freilassung der beiden Männer, sofern der Supertanker ›Freya‹ mitsamt seiner Besatzung freigegeben werde …«
»Keine Alternative!« rief Drake. »Das ist das Codewort! Miroslaw hat’s geschafft!«
»Was geschafft?« fragte Larsen.
»Er hat sie erkannt. Sie sind’s wirklich. Sie sind nicht etwa durch Doppelgänger ersetzt worden.«
Drake ließ sich zurücksinken und atmete tief aus.
»Die Schiffsbesetzung ist zu Ende, Captain. Wir räumen Ihr Schiff, wie Sie bestimmt mit Vergnügen hören.«
In einem Schrank in der Kapitänskabine lagen Handschellen für den Fall, daß der Kapitän gegen irgendein Besatzungsmitglied von seinem Polizeirecht an Bord Gebrauch machen wollte. Das konnte sich bei einer Meuterei als notwendig erweisen oder wenn irgend jemand an Bord den Schiffskoller bekam oder sonstwie unzurechnungsfähig wurde.
Drake legte eine der Handschellen um Larsens rechtes Handgelenk und ließ sie zuschnappen; die andere schloß er um das auf dem Fußboden festgeschraubte Tischbein. Dann legte er den Schlüssel, mit dem sich die Handschellen öffnen ließen, auf das Regal neben der Tür.
»Leben Sie wohl, Captain. Auch wenn Sie’s mir nicht glauben: Die Sache mit dem über Bord gepumpten Rohöl tut mir leid. Das wäre nicht passiert, wenn die Idioten dort draußen nicht versucht hätten, mich reinzulegen. Auch das mit Ihrer Hand tut mir leid aber es wäre ebenfalls nicht nötig gewesen. Wir werden uns nicht wiedersehen, deshalb sage ich Ihnen jetzt Lebewohl.«
Er zog die Kabinentür hinter sich zu, schloß ab und rannte den Niedergang zum A-Deck hinunter. Seine Männer erwarteten ihn auf dem Achterdeck. Er brachte
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