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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Getreide behandelt und rechtzeitig zu Beginn der Frühjahrsaussaat an die Sowchosen und Kolchosen ausgeliefert werden konnte. Deshalb wurde ein energischer junger Funktionär aus Moskau nach Kuibyschew entsandt, um die Produktion voranzutreiben. Er scheint die Arbeiter angewiesen zu haben, die Überholung einzustellen und statt dessen die Produktion wiederaufzunehmen.«
    »Aber nicht rechtzeitig genug?« knurrte Marschall Kerenski.
    »Doch, Genosse Marschall, das Werk hat die Produktion sofort wiederaufgenommen, obwohl die Überholungsarbeiten noch nicht abgeschlossen waren.
    Aber dann trat eine Funktionsstörung auf: Ein Dosierventil versagte. ›Lindan‹ ist eine äußerst stark wirkende Chemikalie, und das Mengenverhältnis zwischen ihr und der quecksilberorganischen Verbindung muß sorgfältig abgestimmt werden. Obwohl das ›Lindan‹-Ventil nach der Anzeige am Kontrollpult nur zu einem Drittel geöffnet war, hatte es sich in Wirklichkeit in voll geöffnetem Zustand festgefressen.«
    »Und die Qualitätskontrolle?« fragte einer der Anwesenden, der in einer Kolchose aufgewachsen war. Der Professor schluckte wieder und wünschte sich, er könne unauffällig nach Sibirien ins Exil verschwinden, anstatt noch länger dieser Folter ausgesetzt sein zu müssen.
    »Eine unglückliche Verkettung von Zufall und Irrtum«, gestand er. »Der für Analysen und Qualitätskontrollen zuständige Chemiker hat während der Betriebsstillegung in Sotschi Urlaub gemacht. Er ist telegrafisch zurückbeordert worden, aber da in Kuibyschew dichter Nebel herrschte, mußte er von einem Ausweichflughafen mit dem Zug weiterfahren. Als er endlich ankam, war die Produktion bereits abgeschlossen.«
    »Das Beizmittel ist nicht getestet worden?« fragte Petrow ungläubig. Der Professor wirkte noch elender als zuvor.
    »Der Chemiker bestand darauf, Qualitätsproben zu machen. Der junge Moskauer Funktionär wollte die gesamte Produktion sofort zum Versand bringen. Meinung stand gegen Meinung. Schließlich kam es zu einem Kompromiß. Der Chemiker wollte jeden zehnten Sack untersuchen – insgesamt zweihundertachtzig Proben. Der Funktionär beharrte darauf, er müsse sich mit einem begnügen. Dabei ist der dritte Fehler passiert.
    Die neuen Säcke waren alle in derselben Lagerhalle gestapelt, in der die Reserve von siebzig Tonnen aus der Produktion des Vorjahres lagerte. Einer der Lagerarbeiter, der den Auftrag erhielt, einen einzelnen Sack ins Labor zu bringen, lud einen von den alten auf. Als die Untersuchung ergab, daß das Beizmittel die vorgeschriebene Zusammensetzung hatte, wurde die gesamte Produktion versandt.«
    Damit endete Jakowlews Bericht. Es gab nichts hinzuzufügen. Er hätte versuchen können, seinen Zuhörern zu erklären, daß eine Verkettung von drei Fehlern – einer Maschinenpanne, einer Fehlentscheidung zweier Männer, die unter Druck gestanden hatten, und die Schlampigkeit eines Lagerarbeiters – die Katastrophe bewirkt habe. Aber das war nicht seine Aufgabe, und er hatte nicht die Absicht, lahme Ausreden für andere Leute vorzubringen.
    Das Schweigen, das auf seinen Vortrag folgte, war mörderisch.
    Wischnajew schien sich als erster von seinem Schock erholt zu haben.
    »Wie wirkt sich eine Überdosis ›Lindan‹ in dieser Quecksilberverbindung aus?« fragte er.
    »Genosse, sie verkehrt die Schutzwirkung in einen toxischen Effekt auf die keimende Saat. Die Triebe sind dünn, verkümmert, braungesprenkelt – wenn sie nicht gleich eingehen. Von solchen Pflanzen ist buchstäblich kein einziges Korn zu erwarten.«
    »Und wieviel von der Frühjahrsaussaat ist davon betroffen?« erkundigte sich Wischnajew eisig.
    »Ungefähr vier Fünftel, Genosse. Die in Reserve gehaltenen siebzig Tonnen waren völlig in Ordnung. Aber die gesamten zweihundertachtzig Tonnen der diesjährigen Produktion sind wegen des festgefressenen Dosierventils falsch zusammengesetzt gewesen.«
    »Und die giftige Beize ist bei der Behandlung des Saatgetreides verbraucht worden?«
    »Ja, Genosse.«
    Zwei Minuten später durfte der Professor sich zurückziehen und war anschließend sofort vergessen. Wischnajew wandte sich an Komarow.
    »Entschuldigen Sie meine Unwissenheit, Genosse, aber Sie scheinen etwas früher über diese Affäre informiert gewesen zu sein. Was ist aus dem Funktionär geworden, der an diesem – Schlamassel schuld ist?«
    Er benutzte einen derben russischen Ausdruck, der sich auf einen Haufen Hundedreck bezog. Iwanenko mischte sich

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