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Des Teufels Alternative

Des Teufels Alternative

Titel: Des Teufels Alternative Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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vorn.
    »Heute in vierzehn Tagen«, flüsterte Munro. »In der Toilette unter Block G im Neuen Staatszirkus. Während der Clown Popow auftritt. Die Vorstellung beginnt um halb acht.«
    Der Offizier drehte sich wortlos um und schlenderte davon. Munro beobachtete gelassen noch zehn Minuten lang seine Umgebung. Niemand interessierte sich für ihn. Er nahm seinen Regenmantel und die Zeitung mit dem darin versteckten Umschlag und fuhr mit der U-Bahn zum Kutusow-Prospekt zurück. Der Umschlag enthielt eine Liste mit den neuesten Offiziersversetzungen.

Kapitel 2
    Während Adam Munro an diesem 10.   Juni gegen 11   Uhr vormittags in der U-Bahn-Station am Revolutionsplatz umstieg, rollte 30   Meter über ihm im Südwesten in einer Entfernung von 400   Metern ein Konvoi aus einem Dutzend chromblitzender schwarzer SIL-Limousinen durch das Borowitski-Tor in der Kremlmauer. Das sowjetische Politbüro versammelte sich zu einer Sitzung, die Geschichte machen würde.
    Der Kreml hat die Form eines Dreiecks, dessen Scheitelpunkt im Norden liegt und vom Sobakin-Turm beherrscht wird. Der Komplex ist auf allen Seiten durch eine 15   Meter hohe Mauer geschützt, die, mit 18 Türmen bestückt, vier Tore aufweist.
    Die südlichen zwei Drittel dieses Dreiecks sind Touristengebiet, in dem wohlgeordnete Besuchergruppen die Kathedralen, Paläste und Säle der längst verstorbenen Zaren bewundern. An diesen Bezirk schließt sich ein breiter Asphaltstreifen an, auf dem Wachtposten patrouillieren: eine unsichtbare Trennlinie, die kein Tourist überschreiten darf. Die Kolonne der handgefertigten Limousinen dagegen surrte an diesem Morgen über die freie Fläche. Sie bewegte sich auf die drei Gebäude im Nordteil des Kremls zu.
    Das kleinste dieser Gebäude befindet sich auf der Ostseite. Es ist das Kremltheater. Zur Hälfte dahinter versteckt liegt das Ministerratsgebäude, das scheinbar der Regierungssitz ist, da die Minister dort ihre Sitzungen abhalten. Aber die eigentliche Regierungsgewalt liegt in der UdSSR nicht beim Ministerrat, sondern beim Politbüro, jenem kleinen, unantastbaren Führungsgremium, das die Spitze des Zentralkomitees der KPdSU, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, bildet.
    Das dritte Gebäude ist das größte. Es ragt an der Westmauer unmittelbar hinter den Mauerzinnen auf und blickt über den Alexander-Garten, der sich unterhalb der Mauer erstreckt. Der Grundriß des Bauwerks, ein langes, schmales Rechteck, ist nach Norden ausgerichtet. In seinem südlichen Teil befindet sich die Rüstkammer, ein Museum für historische Waffen. Den nördlichen Flügel kann man nur von außen betreten, nachdem man ein Tor in dem hohen schmiedeeisernen Gitter zwischen Ministerratsgebäude und Arsenal passiert hat. Die Limousinen rollten durch dieses Tor und hielten vor dem Eingang des geheimnisumwitterten Gebäudes.
    Im Nordflügel des Arsenals, eines innen offenen Rechtecks, befindet sich ein schmaler, in Nord-Süd-Richtung verlaufender Innenhof, der den Komplex in zwei noch schmalere Wohn- und Büroblocks teilt. Sie sind, wenn man das Dachgeschoß mitzählt, vierstöckig. Im zweiten Stock des östlichen Bürogebäudes liegt der auf den Innenhof hinausführende und so vor neugierigen Blicken sichere Raum, in dem das Politbüro jeden Donnerstagmorgen zusammentritt, um über 250   Millionen Sowjetbürger zu herrschen, und Dutzende weiterer Millionen, die sich einbilden, außerhalb des Sowjetreiches zu leben.
    Es ist in der Tat eire Reich. Obwohl die Russische Sozialistische Sowjetrepublik theoretisch nur eine von 15 gleichberechtigten Republiken der Sowjetunion ist, regiert das Rußland der Zaren – der alten wie der neuen – in Wirklichkeit mit eiserner Faust die 14 nichtrussischen Republiken. Auf drei Säulen ist die russische Macht aufgebaut: auf der Roten Armee, zu der auch Luftwaffe und Marine gehören; auf dem Komitee für Staatssicherheit (KGB), dem 100   000 Mitarbeiter, 300   000 Mann starke bewaffnete Truppen und 600   000 Spitzel angehören; und auf den Parteiorganisationen der KPdSU, die von der Arktis bis zum Pamir, vom Harz bis zum Japanischen Meer Arbeit, Gedanken, Aufenthalt, Studium und Freizeit der Parteikader kontrollieren.
    Der Raum im Arsenalgebäude, in dem das Politbüro zusammentritt, ist ungefähr 15   Meter lang und 7   Meter breit – nicht gerade groß im Verhältnis zu der Macht, die er umschließt. Er prunkt in dem bei den Parteibossen beliebten schweren Marmordekor, aber der wichtigste

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