Des Teufels Kardinal
Handfunkgerät. In der Ferne war das Sirenengeheul von Rettungsfahrzeugen zu hören, die aus verschiedenen Stadtteilen zum Vatikan unterwegs waren.
»Was haben Sie vor?« erkundigte Farels Stimme sich.
»Ich bleibe bei meinem Plan. Und Sie sollten bei Ihrem bleiben.«
Thomas Kind unterbrach die Verbindung und ging wieder in Richtung Turm zurück.
Herkules, der zusammengekauert auf der Mauer hockte und das Ende seines Kletterseils zu einer Schlinge verknotete, beobachtete Thomas Kind, der in sein Handfunkgerät sprach, während er den Weg zum Turm heraufkam. Tief unter sich konnte er die Männer in Schwarz hinter der Hecke sehen.
Der Zwerg wartete, bis Thomas Kind am Turm vorbeigegangen war. Dann richtete er sich auf, hängte sich seine zusammengebunde-nen Krücken über die linke Schulter und schwang das Seilende mit der Schlinge wie ein Lassowerfer. Nach kurzem Zögern warf er das Seil nach oben über das Turmdach.
Die Schlinge fiel über ein massives Eisengeländer, schien sich ver-haken zu wollen, rutschte ab und fiel zurück. Als das Seil schlaff wurde, schaute Herkules sich erneut um. In der Ferne sah er dichte Rauchschwaden aus den Museumsgebäuden quellen, und auf dem Hügel jenseits der Bäume im Vordergrund stiegen ebenfalls Rauchwolken auf. Herkules schwang nochmals das Seil. Es kam schlaff zurück, und er beschimpfte sich selbst. Und warf es gleich wieder.
Beim fünften Versuch saß die Schlinge irgendwo fest, und er ruckte prüfend daran. Als es nicht nachgab, hangelte er sich mit seinen Krücken über der Schulter zufrieden grinsend daran hoch. Sekunden später verschwand er über die Dachbrüstung und war vom Park aus nicht mehr zu sehen.
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»Verdammt!« Eaton, der wegen des Rauchs husten mußte, obwohl er sein Taschentuch an den Mund gepreßt hielt, suchte an einem Fenster der Gobelingalerie stehend mit tränenden Augen den Hof ab und hielt in dem Massenexodus nach Rollstühlen Ausschau. Er hatte schon zwei Behinderte entdeckt, die aber eindeutig nicht die Gesuchten waren. Der Teufel mochte wissen, wo Pater Daniel und seine Krankenschwester in diesem Durcheinander steckten.
Rauch, Husten, tränende Augen und allgemeines Chaos konnten Adrianna nicht daran hindern, wie ein Wasserfall in ihr Mobiltelefon zu sprechen. Sie hatte zwei Kamerateams draußen, eines im Petersdom, das andere am Eingang zu den Vatikanischen Museen. Zwei weitere Teams waren unterwegs, und ein zusätzlich angeforderter Kamerahubschrauber sollte in Kürze eintreffen.
Plötzlich faßte Eaton sie am Arm, drehte sie zu sich herum und hielt die Sprechmuschel des Telefons zu.
»Sag ihnen, daß sie auf einen bärtigen Mann in einem Rollstuhl achten sollen, der von einer jungen Frau geschoben wird«, forderte er sie eindringlich auf. »Erzähl ihnen, daß er verdächtigt wird, den Brand gelegt zu haben oder was dir sonst einfällt. Sag ihnen, daß sie ihn nicht aus den Augen lassen dürfen und dich sofort benachrichti-gen sollen, falls sie ihn sehen. Erwischt Thomas Kind ihn zuerst, ist es aus mit ihm.«
Adrianna nickte, und Eaton gab das Telefon frei.
Danny stemmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht in seinem Rollstuhl hoch und drückte mit seinem ganzen Körpergewicht gegen den Fensterrahmen. Sekundenlang passierte nichts. Endlich war ein lautes Knarren zu hören. Der alte Rahmen gab nach, und das Fenster öffnete sich eben weit genug, um den Blick auf den Belvederehof freizugeben. Das Feuerwehrgebäude stand genau gegenüber. Ein Wurf aus diesem Winkel würde schwierig sein. Trotzdem…
Er zog den Reißverschluß seiner Fototasche auf und nahm einen der vorbereiteten Molotowcocktails heraus. Dann sah er zu Elena auf 495
von deren Gesicht unter dem vorgebundenen Taschentuch nur Augen und Stirn sichtbar waren.
»Alles in Ordnung?«
»Ja.«
Danny nickte, hob die Bierflasche und zündete den heraushängenden Docht an.
Er zählte langsam bis fünf.
»Oorah!« grunzte er und warf die Flasche aus dem Fenster. Sie zerplatzte mit lautem Knall, dann stieg eine Flammenwand auf, als die brennende Flüssigkeit über das Pflaster und in die Büsche unter dem Fenster lief.
»Auf die andere Seite!« sagte er rasch, zog das Fenster zu und ließ sich in den Rollstuhl zurücksinken.
Drei Minuten später explodierte der nächste Molotowcocktail im Kies vor dem Cortile di S. Damasco in der Nähe des Papstpalasts, ließ wie der erste Brandsatz eine Flammenwand aufsteigen und entzündete das in der Nähe stehende
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