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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allan Folsom
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verdüsterte.
    »Sie haben mit der Polizei und Jakow Farel zu tun gehabt. Das haben wir alle… Hat Ihr Bruder sich mit anderen zusammengetan, um Kardinal Parma zu ermorden? Oder vielleicht sogar den Heiligen Vater? Hat er tatsächlich die Schüsse abgegeben? Ist er im Grunde seines Herzens ein Anarchist gewesen, der uns alle verachtet hat?
    Darauf weiß ich keine Antwort. Ich kann Ihnen nur sagen, daß er in all den Jahren unserer Zusammenarbeit immer freundlich, anständig und bei seiner Hauptaufgabe sehr erfolgreich gewesen ist, besänfti-gend auf mich einzuwirken.« Ein schwaches Lächeln flackerte auf, verschwand aber sofort wieder.
    »Eminenz«, fragte Harry nachdrücklich, »wissen Sie, daß er nur wenige Stunden vor seiner Ermordung eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter hinterlassen hat?«
    »Ja, davon habe ich gehört.«
    »Er hatte Angst, hat sich davor gefürchtet, was als nächstes passieren würde… Haben Sie irgendeine Ahnung, weshalb?«
    Marsciano antwortete nicht gleich. Dann sprach er Harry ruhig und direkt an. »Mr. Addison, nehmen Sie Ihren Bruder aus Italien mit.
    Bestatten Sie ihn in seiner Heimat, und behalten Sie ihn ihr ganzes Leben lang lieb. Sagen Sie sich, wie ich es tue, daß er fälschlich be-schuldigt worden ist und daß seine Unschuld sich eines Tages erweisen wird.«

    76
    Pater Bardoni scherte mit seinem kleinen weißen Fiat hinter einem Reisebus ein und bog dann auf den Ponto Palatino ab, um Harry über den Tiber ins Hotel Hassler zurückzubringen. Das mittägliche Rom war laut, schmerzhaft hell und verkehrsreich. Aber Harry sah und hörte nur, was sich in seinem Kopf abspielte.
    »Nehmen Sie Ihren Bruder aus Italien mit, und bestatten Sie ihn in seiner Heimat«, hatte Marsciano wiederholt, bevor er in seinem dunkelgrauen Mercedes mit einem von Farels Männern am Steuer davongefahren war.
    Marsciano hatte die Polizei und Jakow Farel nicht ohne Hinterge-danken erwähnt; auch daß er Harrys Frage nicht beantwortet hatte, war Absicht gewesen. Seine Barmherzigkeit hatte darin gelegen, daß er es Harry überlassen hatte, die Lücken auszufüllen: ein Kardinal war ermordet worden, und der Priester, der als Hauptverdächtiger galt, war tot. Auch sein Komplize war tot. Auch fünfzehn weitere Menschen, die in dem Bus nach Assisi gesessen hatten, waren tot.
    Und ob Harry das paßte oder nicht, waren die sterblichen Überreste dieses Geistlichen, des mutmaßlichen Attentäters, offiziell und ohne jeden Zweifel mit denen seines Bruders identisch.
    Um sicherzugehen, daß er verstanden worden war, hatte Kardinal Marsciano zuletzt noch etwas getan: Auf dem Weg zu seinem Wagen hinunter hatte er sich umgedreht und Harry einen strengen Blick zugeworfen, der mehr verriet, als er bisher gesagt oder angedeutet hatte. Hier gab es Gefahren und Türen, die lieber nicht geöffnet werden sollten. Und Harry konnte nichts Besseres tun, als mitzunehmen, was ihm angeboten worden war, und so schnell und unauffällig wie möglich zu verschwinden. Solange er noch konnte.

    77
    15
    Ispettore Capo Gianni Pio
    Questura die Roma
    sezione omidici
    Harry saß in seinem Hotelzimmer und spielte mit der Karte, die Pio ihm gegeben hatte. Pater Bardoni hatte ihn kurz nach Mittag im Hassler abgesetzt und wollte ihn morgen früh um sechs Uhr dreißig abholen und zum Flughafen fahren. Dannys Sarg würde schon dort und auch schon abgefertigt sein. Harry brauchte nur noch an Bord der Maschine zu gehen.
    Das Dumme war nur, daß Harry das selbst nach Marscianos deutlicher Warnung nicht konnte. Er konnte keine Leiche nach Hause mitnehmen und als die Dannys beisetzen, von der er genau wußte, daß das nicht sein Bruder war. Und er konnte sie nicht mitnehmen und beisetzen, weil das der Polizei eine zu einfache Möglichkeit gegeben hätte, die Ermittlungen wegen des Mordes an dem Kardinalvikar von Rom einzustellen – eine Entscheidung, die Danny praktisch als Parmas Mörder gebrandmarkt hätte. Und nach seinem Gespräch mit Marsciano war Harry mehr denn je davon überzeugt, daß das nicht stimmte.
    Die Frage war nur, was sich dagegen tun ließ, schnell tun ließ.
    In Rom war es zwölf Uhr dreißig, in Los Angeles drei Uhr dreißig morgens. Wen konnte er jetzt dort um Hilfe bitten, der imstande war, tatkräftig zu helfen, statt ihm nur sein Beileid auszudrücken? Selbst wenn Byron Willis oder jemand aus dem Büro dafür sorgen konnte, daß Harry in Rom von einem prominenten italienischen Kollegen vertreten wurde, würde das nicht

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