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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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ringend.
    Hilfesuchend starrte der Kutscher auf die reglose Gestalt seines ursprünglichen Passagiers, der blutend am Boden der
Droschke lag. Ich machte eine kleine, ungeduldige Bewegung mit der Pistole, sah ich doch durch die geöffnete Tür, dass wir mitten auf einer verkehrsreichen Straße gehalten hatten. Ich gab uns nur noch Sekunden, ehe wir Aufsehen erregen würden.
    Er nannte eine mir unbekannte Adresse. »Draußen, in der Vorstadt«, fügte er wie entschuldigend hinzu. Seine Hände zitterten: »Werden Sie mich jetzt erschießen?«
    Ein Geräusch, ähnlich einem Lachen entrang sich meiner staubtrockenen Kehle. »Nicht, wenn Sie genau das tun, was ich Ihnen befehle.«
     
     
    »Nein. Das geht nicht.« Felix, schwer auf das Geländer gestützt, beobachtete von der Treppe aus, wie zwei seiner Diener meinen ohnmächtigen, gescheiterten Entführer durch die Halle trugen. »Das Haus Trubic macht keine Gefangenen.«
    Der Kutscher stand, noch immer wie Espenlaub zitternd, daneben . Wie er mir auf der kurzen Fahrt zum Palais – ich war mit der Waffe in der Hand neben ihm auf dem Kutschbock gesessen – dargelegt hatte, kannte er den Herrn mit dem kurzen Haar nur wenige Minuten länger als ich: Mehr als die Zieladresse in der Vorstadt hatte sein Passagier ihm nicht verraten.
    »Leider verfügt meine Wohnung nicht über ausreichend Kapazitäten, um mehr als zwei Gefangene zu halten«, gab ich gereizt zurück.
    Felix hob eine Hand. »Schon gut.« Er klang matt. »Simon, wenn Sie so freundlich wären, den Herrn zu fesseln, zu verbinden und in den Weinkeller zu bringen? In dieser Reihenfolge.«
    Die Gelassenheit, mit welcher der Diener diese Anweisung entgegennahm, erzählte mir mehr vom Trubic’schen Haushalt, als ich jemals hatte wissen wollen.

    »Und den hier?« Felix wandte sich an den Kutscher. »Was sollen wir mit Ihnen machen, mein Freund?«
    »Ich schwöre, ich werde kein Wort sagen, wenn Sie mich gehen lassen«, murmelte der unglücklich.
    Gemessenen Schritts durchquerte Felix die Halle. Etwas an seinen Bewegungen alarmierte mich, erinnerte mich an einen todwunden Krieger, der seine Verletzungen vor Feinden oder Kameraden verbergen wollte. Aus strahlend hellen Augen musterte er den Dienstmann, der offenkundig nicht wusste, wie ihm geschah. »Und wenn schon. Glauben Sie, irgendjemand interessiert sich für Ihre Klagen, wenn Sie sich gegen den Grafen Trubic wenden?« Er hustete in ein Taschentuch. »Verschwinden Sie«, fügte er leise hinzu. »Tun Sie, was auch immer Sie für richtig halten mögen.«
    Der so Entlassene hastete auf den Ausgang zu. Ich nahm kaum noch Notiz von ihm: All meine Aufmerksamkeit war auf Felix gerichtet, der sich nur noch unter Anstrengung auf den Beinen zu halten schien.
    »Wir sollten versuchen, unseren Gast zu wecken. Vielleicht möchte er mir ja verraten, was ich zu tun habe, um diesem lächerlichen Fluch ein Ende zu setzen«, verkündete er in seiner altgewohnten Leichtfertigkeit. Ein Schritt, ein Stolpern. Ich fing ihn auf, als er zusammenbrach.
     
     
    Das abgedunkelte Zimmer, das Krankenbett, die bestürzte Tochter, der verlegene Arzt, ein alter Dienstbote mit traurigen Augen: alle Requisiten und alle Statisten waren versammelt, die häusliche Tragödie konnte beginnen. Ich selbst blieb der stumme, deplatzierte Beobachter am Rand. Lili hatte mir diese Rolle mit ungewohnter Vehemenz zugewiesen: »Sie bleiben, Baron!«, und ich hatte mich gefügt.
    Mit sorgenschwerer Miene stellte der Arzt die einzig mögliche
Diagnose. Aufgrund der Ansteckungsgefahr sollte der Patient, sobald der Fieberschub abgeklungen war, in eine Lungenheilstätte. Ein kritisches Stadium, bescheinigte er zuletzt. Lilis Unterlippe bebte.
    Dann war alles gesagt und getan. Der Diener zog sich zurück, ebenso wie Lili, die flehentlich auf den Arzt einredete – verlangte sie ein Wunder von ihm?
    Ich blieb. Vorsichtig ließ ich mich auf der Bettkante nieder. So viel gab es zu tun, so viele Knoten zu lösen im Netz der Geheimnisse, und die Zeit lief gegen uns. Doch was kümmerten mich Mysterien, wenn Felix, Graf Trubic, zu Grabe getragen wurde? Nicht Rachsucht und Blutschwur drohten ihn auszulöschen, sondern die Schwäche seines eigenen Körpers.
    Er hielt die Augen geschlossen. Vielleicht schlief er, vielleicht stellte er sich schlafend. Vielleicht war er der Erklärungen, der Lügen und Wahrheiten müde geworden. Mit Wehmut dachte ich daran, dass ich es mir einst erlaubt hätte, ihm die wirren, feuchten

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