Des Teufels Maskerade
Fuhrwerke und kam dicht neben mir zum Stehen. Dessen Passagier, ein vornehm gekleideter Mann in mittleren Jahren, riss den Verschlag auf und grüßte mich mit einem freundlichen Lächeln. »Baron Sirco!«
Nachdem ich mit ziemlicher Gewissheit sagen konnte, dass ich diesem Mann noch niemals zuvor begegnet war, und potenzielle Klienten mich nicht auf der Straße anzusprechen pflegten, ging ich davon aus, dass die ostentative Nennung meines Namens nur eines bedeutete: weitere Schwierigkeiten.
Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
»Sie kennen mich nicht«, fuhr der Mann höflich fort. »Aber ich würde Sie trotzdem bitten, sich einen Augenblick zu mir zu gesellen.«
Da allein meine Neugier von mir verlangte, dass ich seiner Bitte nachkam, konnte ich seinen drohenden Zusatz – »im Übrigen ist die Pistole in meiner Hand geladen« – nur belächeln.
»Sie werden nicht sehr weit kommen, wenn Sie mich auf offener Straße erschießen«, gab ich zu bedenken, als ich mich
ihm gegenüber auf der Bank niederließ und die Tür hinter mir schloss.
»Möglich. Sie bräuchte es in jenem Fall natürlich nicht mehr zu kümmern.« Das breite, wölfische Grinsen machte sich seltsam aus in seinem ebenmäßigen Gesicht. Mit dem Knauf seines Spazierstocks klopfte er zweimal gegen die Wand, worauf sich die Kutsche ruckartig in Bewegung setzte. »Aber ich sehe schon, Baron, Sie sind ein Mensch, mit dem sich vernünftig reden lässt.« Mit diesen Worten schob er die Pistole in die linke Tasche seines Jacketts.
»Sehen Sie, ich habe nicht allzu viel Zeit«, wandte ich mich an meinen Entführer. »Vielleicht könnten Sie sich sofort in medias res stürzen?«
Sein Grinsen erlosch. »Sagen Sie mir, Baron«, erkundigte er sich deutlich kühler. »Ihr Freund Felix Trubic – halten Sie ihn für einen wertvollen Menschen?«
Mein Gegenspieler vermochte mein Schweigen kundig zu deuten. »Haben Sie je daran gezweifelt, auf der richtigen Seite zu stehen?«, bohrte er weiter.
»Sie meinen, ob ich es gutheiße, dass aufgrund einer jahrhundertealten Schuld Menschenleben um Menschenleben ausgelöscht wird?«, konterte ich nun scharf.
»Versuchen Sie nur, die Welt in Ihre Schablonen von Recht und Unrecht zu zwängen. Wenn ich Ihnen sagte, auch ich bedauere das Schicksal der Familie Trubic, würde Sie das denn besänftigen?« Herausfordernd sah er mich an.
»Im Gegenteil. Ich würde Sie fragen, weshalb Sie sich noch für eine Sache verwenden, die solcherlei Abscheulichkeiten mit sich bringt«, entgegnete ich verächtlich.
»Wissen Sie, weshalb Sie hier sind, Baron?« Er wartete meine Antwort nicht ab. »Weil es unserem Lišek widerstrebt, noch einen Versuch zu unternehmen, Sie töten zu lassen. Trotz alledem tötet er nicht gern, das müssen Sie begreifen.«
Mein Entführer strich sich mit gespreizten Fingern durch sein militärisch kurzes, dunkles Haar. »Wir werden Sie natürlich gehen lassen, sobald alles vorbei ist.«
Ich schwieg. Sollte er ruhig den Eindruck gewinnen, er habe mich eingeschüchtert. Ich hatte ihn jedoch beobachtet: Dass er die Pistole so achtlos weggesteckt hatte, ließ darauf schließen, dass er über keine Routine im Waffengebrauch verfügte. Sonst wäre ihm die einschüchternde Wirkung, die eine gezückte Pistole in der Hand eines Feinds innehat, bewusst gewesen. Oder er glaubte sich mir hoffnungslos überlegen. Beides konnte zu meinem Vorteil sein, wenn ich meine Karten richtig ausspielte.
Nicht nur, um zu siegen – auch, um zu überleben musste ein Rennfahrer über exzellente Reflexe verfügen. Die Finte, die ich vortäuschte, war so simpel wie effektiv: Ich täuschte den Fluchtversuch, den mein Begleiter schon erwartet haben musste, vor und schnellte zur Tür, als wolle ich sie aufreißen und abspringen. Wie geplant kam er mir zuvor und warf sich in der Absicht, meinen Verbleib in der Kutsche zu garantieren, auf mich. Ein Ringkampf folgte, der ein abruptes Ende fand, als es mir gelang, die Pistole aus seiner Rocktasche zu reißen. Im selben Moment, als die Kutsche zum Stehen kam, schlug ich ihm mit voller Wucht den eisernen Lauf der Waffe ins Gesicht. Er keuchte vor Schmerz und ließ endlich mein rechtes Handgelenk los, das er bisher fest umklammert hatte. Mein nächster Hieb traf mit glücklicher Präzision seine linke Schläfe. Der Entführer sackte zusammen, und der Kutscher öffnete den Verschlag.
Ich hob die Pistole und zielte. »Wohin sollten Sie mich bringen?« , fragte ich, um Atem
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