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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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ist.«
    »Die Leute.« Milena blinzelte. »Ich glaube nicht, dass die Leute den Aufstand gegen Unseresgleichen wagen würden!«
    Dr. Rosenstein erblasste, und Lysander schnarrte verächtlich.
    »Bravo«, sagte Esther. »Dann hat Ihr brillanter Fuchs Böhmen natürlich ganz besonders befreit, wenn die Leut’ immer noch unterdrückt werden – nur eben von einer anderen Schicht.«
    »Aber es wird keine Rolle mehr spielen«, widersprach Milena bestimmt. »Sie wird gerecht sein, unsere neue Zeit.«

     
     
    Ich hatte genug gehört. Das war die Tragödie mit den tapferen Idealisten und Reformern, die Feuer nicht nur mit Feuer bekämpften, sondern auch durch Feuer ersetzten. In Milenas Worten klang Lišeks Plan allerdings deutlich plausibler – und gefährlicher.
    »Sie entschuldigen?«, fragte ich abrupt und erhob mich. »Dr. Rosenstein, wenn Sie einen Moment mit mir kommen könnten? Ich würde Sie gern unter vier Augen sprechen.«
    Esther seufzte. »Auf der einen Seite Revolutionäre und auf der anderen Seite Geheimniskrämer. Und ich hab’ mir immer gedacht, das ist ein anständiges Haus. Na, Servus! Das Zimmer von der Louise, drei Türen weiter, ist frei.«
    Dr. Rosenstein löste die Fessel an seinem Handgelenk, verstaute den Schlüssel sorgfältig wieder in der Innentasche seines Jacketts und reichte die Kette sodann an Esther weiter. »Ich darf sie Ihnen anvertrauen?«
    »Aber ja, geben’S her.« Esther strich sich eine widerborstige Haarsträhne hinters Ohr. »Wobei ich Ihnen eines sage: Normalerweise politisier’ ich schon lieber mit Leuten, die nicht angebunden sind.«
     
     
    Nachdem Dr. Rosenstein und ich die Tür hinter uns geschlossen hatten und er seine Verlegenheit angesichts des eindeutigen Interieurs und des Spiegels über dem Bett überwunden hatte, wiederholte ich rasch die Ereignisse der letzten beiden Tage.
    »Ich habe eine große Bitte an Sie«, schloss ich meinen Bericht. »Brechen Sie unverzüglich zum ›Schwarzen Adler‹ auf. Um Mitternacht – also in einer guten Stunde, verdammt! – werden sich die Verschwörer dort einfinden. Geben Sie sich unauffällig, lauschen Sie an den Türen, befragen Sie den Wirt.«
    »Das Übliche.«

    »Das Übliche«, bestätigte ich ihm und fischte die Zeichnung, die Leo Vlcek von Lišek angefertigt hatte, aus meinem Jackett. »Und wenn dieser Bursche auftaucht, schicken Sie schnellstmöglich einen Boten zu mir. Sie selbst bleiben vor Ort. Geht der Fuchs, bevor ich eintreffe, folgen Sie ihm!«
    Eingehend studierte Rosenstein die Zeichnung. »Ich schicke meinen Boten also hierher, wenn ich Ihrer Unterstützung bedarf?« , fragte er zuletzt.
    Ich deutete ein Nicken an. »Wir werden versuchen, uns noch ein wenig mit Milena zu unterhalten.«
    Er steckte die Zeichnung in seine Jackentasche. »Wissen Sie, das ist vermutlich der anspruchsvollste Auftrag, der mir jemals zugestanden wurde.«
    »Dann hoffen wir beide, dass Sie ihn zu einem glücklichen Ende bringen.«
    Ein anderer, geringerer Charakter hätte gelacht oder wäre vielleicht beleidigt gewesen. Dr. Rosenstein verstand die Bitte, die Hoffnung, den Segensspruch.
    »Adieu, Baron«, sagte er leise, indem er die Tür hinter sich zuzog.
    Ungeniert streckte ich mich auf dem Bett aus; ein schwacher Parfümduft hing noch in der Luft. Ein paar Minuten wollte ich mich nur ausruhen. Ein paar Minuten …
     
     
    Schreie auf dem Gang weckten mich aus wirren Träumen. Von der Decke starrte mir mein verwundertes Spiegelbild entgegen. Es bedurfte eines langen Augenblickes, ehe ich die Orientierung wiedererlangte. Im selben Moment erkannte ich auch die Stimmen.
    »Jesusmaria, was ist der Bub für ein Idiot!«
    »Dort! Schnell, lauf.«
    »Verdammt, verdammt, verdammt.«

    Im Nu war ich auf den Beinen und stürzte auf den Gang. Mirko preschte an mir vorbei, knapp gefolgt von Lysander. »Milena!«, rief mir mein alter Freund zu, in der Annahme, ich würde verstehen. Und ich verstand tatsächlich: Ein Fluchtversuch der Vilja musste geglückt sein – und augenscheinlich trug Mirko daran nicht geringe Schuld.
    Ich hastete hinter ihnen her, die Treppen hinab, quer durch den Salon. Mädchen, Freier und Dienstpersonal gleichermaßen stoben empört auseinander. Draußen, auf der Straße, holte ich endlich meine Gefährten ein.
    »Dort!« Im Laufen fuchtelte Mirko aufgeregt mit den Armen. »Dort drüben! Sie fliegt in Richtung der Spanischen Synagoge!«
    Kurz überlegte ich, ob es wohl sinnvoll wäre, den Wagen zu holen;

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