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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Dienstboten auf beide Wangen«, beendete Lysander ungerührt seinen Satz. Er gähnte. »Mehr gab es dann nicht zu sehen, auch wenn ich auf meinem Posten verharrte, bis im Haus die Lichter gelöscht wurden.«
    Mirko verschränkte die Arme vor seiner Brust. »Meinst du, sie ist seine Geliebte?«, fragte er mit enervierender Arglosigkeit. »Oder seine Braut?«
    »Nach alldem, was Mariana mir zu berichten wusste, wird eine Geliebte kein rechtes Vergnügen mehr mit Trubic haben. Und von einer bevorstehenden Vermählung hätten wir gewiss in den Zeitungen gelesen«, so nonchalant, wie ich es nur irgendwie vermochte, schloss ich das Gespräch.

3
PRAG 16. BIS 17. JUNI 1909

AUS DEN AUFZEICHNUNGEN BARON SIRCOS, PRAG, 16. BIS 17. JUNI 1909
    Entgegen meiner Gewohnheit war ich am nächsten Morgen sehr früh erwacht, und befand mich damit in einigermaßen munterem und weitgehend angekleidetem Zustand, als Esther uneingeladen zum Frühstück erschien. Der Großteil ihres Haares wurde von einem schreiend bunten Hut verdeckt, sie roch sacht nach Wein und Rosen, was den Verdacht nahelegte, dass sie sich noch gar nicht zu Bett begeben hatte.
    Schwer ließ sie sich in den Sessel mir gegenüber fallen, warf ein Billett in die ungefähre Richtung meines Tellers. Das Papier flatterte hin und her und landete schließlich höchst unglücklich in einem Konfitüreschälchen. Mein Diener Pavel, der seine umfangreiche Gestalt noch immer im Türrahmen positioniert hatte, bedachte Esther mit einem höchst pikierten Blick und fragte: »Soll ich ein weiteres Gedeck für die gnädige Frau auflegen?«
    Esther gähnte. »Nein, bewahre. Die gnädige Frau geht schon wieder. Die gnädige Frau hat nur heute Nacht einem höchst ungnädigen Besucher versprochen, dies hier so bald wie möglich dem Herrn Baron zu überbringen.«
    Pavel, der inzwischen seit fast zehn Jahren bei mir im Dienst stand und an die Verhältnisse in unserem Haushalt gewöhnt war, erkannte dies als sein Stichwort, sich diskret aus dem Salon zu entfernen.
    Leise schloss er die Tür hinter sich; ich schnitt eine Grimasse.
Ein weiterer Auftrag also. Nach Wochen bitterster Langeweile schienen sich die Ereignisse wie üblich zu überstürzen.
    Esther steckte sich eine Zigarette zwischen die dunkelrot bemalten Lippen, ich riss ein Streichholz für sie an und beugte mich zu ihr.
    »Wirklich, Dejan, Lysander, weshalb müsst ihr denn unbedingt immer noch meinen Salon als Anlaufstelle für eure Klienten missbrauchen? Spätestens seit der Geschichte mit der falschen Freimaurerloge kennt doch tout Prag die Adresse vom Herrn Detektiv Sirco. Da könnten die hilfesuchenden Herrschaften sich doch gleich an euch wenden und müssten nicht regelmäßig in meinem Haus für Verwirrung sorgen? Andere Spezialisten im okkulten Bereich wickeln ihre Geschäfte ja auch nicht unter Miteinbeziehung von gesellschaftlichen Einrichtungen ab, möcht’ ich meinen!«
    Es war nicht der richtige Moment, Esther in ihrer gerechten Empörung zu widersprechen, obschon ich mich mit einigem Amüsement an jenen Wiener Ermittler erinnerte, der im Zivilberuf als Dompfarrer in St. Stephan tätig war und seine Aufträge vorzugsweise im Beichtstuhl entgegennahm – jeden Dienstag und Freitag, zwischen Mittags- und Drei-Uhr-Messe.
    »Jedenfalls«, nahm Esther ihre Erzählung wieder auf, »der Herr, der da gestern aufgekreuzt ist, lieber Himmel, ich sage euch, das war eine Gestalt. Gezittert hat er am ganzen dreckverschmierten Leib. Gerade, als ob er dem Kanal entstiegen wäre, hat er ausgeschaut, und sich auch ungefähr so benommen. Und dieses Gekritzel, das gegenwärtig die Marmelade verunziert, hat er abgegeben.«
    Unbekümmert fischte Mirko das Briefchen aus der Schale. »Den Untoten bei Libuše und Premysl gesehen. Jaroslav«, verlas er die Botschaft und sah mich verständnislos an.
    »Jaroslav ist der Friedhofswächter auf dem Vyšehrad«, übersetzte Lysander die wenigen Worte. »Ganz offensichtlich hat er
unseren hartnäckigen Vampir einmal mehr an dessen Lieblingsplatz gesichtet, zwischen den grauenhaften Statuen von Myslbek.«
    Esther zuckte die Achseln. »Na, und wieso kann mir der Herr Jaroslav das nicht wie ein gesitteter Mensch mitteilen? Der sollte sich doch zumindest ein bisserl daran gewöhnt haben. Ein ›Entschuldigung, der Vampir, dieses sture Ungetüm, ist schon wieder da‹, hätte doch vollauf genügt. Aber nein, da stürzt er herein, als wäre ihm der Leibhaftige begegnet; stinkt, als hätte er sich vor Angst

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