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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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eingehender im Spiegel betrachtete.

    »Sie konnten nicht«, stellte Lysander fest, und es klang kein bisschen unzufrieden.
    Zusehends gewann ich den Eindruck, dass er in dieser Causa im Zweifelsfall lieber für Buckingham als für unseren Klienten Partei bezogen hätte. Und dabei war er, dieser verdammte Schuft, derjenige, der den Auftrag überhaupt angenommen hatte.
    »Ich hatte Glück, denke ich«, sagte Felix; gelassen zündete er sich eine seiner dünnen, französischen Zigaretten an.
    »Hat Buckingham dir während … des Aktes  … eine Botschaft übermittelt?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
    Felix betrachtete das Mundstück seiner Zigarette. »Nur eine Warnung: Ich solle Lili tun lassen, was immer ihr beliebe, wenn ich dem traurigen Schicksal, mit gebrochenen Augen in der Gosse gefunden zu werden, entgehen will.« Er blinzelte mir zu. »Die Ausdrucksweise des Vampirs, nicht die meine. Und, dass ich immer noch eine Wahl habe.«
    Lysander, der in der Zwischenzeit auf dem Teppich Platz genommen hatte, sprang wieder auf die Beine. »Mirko und ich werden den Frühzug nach Wien nehmen.« Ein schneller Blick auf die Uhr hatte ihm offenbart, dass keinerlei Hoffnung mehr bestand, den Nachtzug zu erreichen und Lili von ihrem Vorhaben abzuhalten.
    »Telegrafiert mir, sobald ihr Wien erreicht habt«, bat ich ihn geistesabwesend.
    Lysander stieß ein bekräftigendes Keckern aus, ehe er aus dem Salon stürzte.
    »Und du?«, fragte Felix mit einem kleinen, wissenden Lächeln. Draußen, am Gang, scharrten Lysanders Krallen auf dem glatten Parkett.
    Ich sah ihn an. Nur ein Klient, das war er, nicht mehr.
    »Ich sollte bei dir bleiben. Es besteht die Gefahr, dass Buckingham zurückkehrt.«

    Felix blies den Zigarettenrauch in Richtung Plafond.
    »Natürlich«, sagte er.
     
     
    Der Morgen fand mich orientierungslos und in zerknitterter, nicht gänzlich vollständiger Kleidung auf dem Diwan in Felix’ Ankleidezimmer; eine leere Cognacflasche, zwei Gläser neben mir auf dem Boden, die Erinnerungen an die Ereignisse der letzten Nacht unzureichend, vage und wirr. Wenn ich meinem Gedächtnis trauen durfte, und das war in Anbetracht des dumpfen Schmerzes, der hinter meinen Schläfen tobte, dem widerlichen Geschmack in meinem Mund und einem ebenso widerlichen Schwindelgefühl – alles untrügliche Indizien vorangegangener Trunkenheit – gegenwärtig keine gute Idee, so hatten wir die Vergangenheit auf alle naheliegenden Arten rekapituliert. Dass ich dennoch nur auf dem Sofa erwacht war, erfüllte mich gleichzeitig mit Erleichterung und leiser Besorgnis.
    »Wieder auf den Beinen?« Felix lehnte im Türrahmen. Er trug Reithosen, blankpolierte Stiefel und einen farbenfrohen, abgenutzten Morgenmantel; ein Wassertropfen rann aus seinem feuchten Haar die Kehle herab.
    Umständlich rappelte ich mich auf.
    »Du reitest aus?«, stellte ich reichlich zusammenhangslos die erste Frage, die mir in den Sinn kam.
    »Nun, eigentlich dachte ich, wir beide.« Felix ließ sich neben mir auf den Diwan fallen, streckte sich. »Ich habe den Rest der Nacht mit der Durchsicht verschiedener Dokumente verbracht. Anscheinend konnte man sich im Falle meines Großvaters auf kein Sterbedatum einigen: Die Familienchronik hält den 11. Juli fest, was aber schwerlich der Wahrheit entsprechen kann, wenn er – wie aus den Todesanzeigen zu entnehmen ist – schon am 8. Juli beigesetzt wurde. Die Aufzeichnung meiner Großmutter wiederum legen den 6. Juli nahe …«
    »Felix! Langsamer und zusammenhängender, bitte!« Ich rieb mir die brennenden Augen, versuchte mit aller Macht, mich der Einzelheiten der vergangenen Stunden zu entsinnen – wie es schien, waren wir zu neuen Erkenntnissen hinsichtlich des Fluchs gekommen.
    Felix zündete sich eine Zigarette an, griff über mich hinweg nach dem bunt bemalten Keramikaschenbecher, der auf dem Rauchtischchen an meiner Seite des Diwans stand.
    »Du hast mir gestern von deinen Befürchtungen, der Bluttag könnte schon auf den 21.Juni anspielen, berichtet«, erinnerte er mich.
    Peinlich berührt schüttelte ich den Kopf. Es hatte noch nie großer Mengen alkoholischer Substanzen bedurft, um mich in den Zustand blödsinniger Trunkenheit zu versetzen; eine Tendenz, die sich zu meinem Leidwesen seit dem Unfall noch weiter verstärkt hatte.
    »O weh, der Cognac.« Resignation und Amüsement zeichneten sich zu gleichen Teilen in Felix’ Zügen ab. »Jedenfalls fiel mir bei diesem Stichwort ein, dass ich nicht wusste,

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