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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Illusion, Wahrheit und Trug, sind nicht mehr.
    Vielleicht ist Felix tot?
    Vielleicht trage ich die Schuld?
     
    Aus heiterem Himmel lud mich Felix gestern ein, ihn auf einem seiner nächtlichen Streifzüge zu begleiten. »Du sollst sehen, was das Kaiserreich neben Engländern und Nationalen und Aufständischen bedroht«, kündigte er leise an, als wir am frühen Morgen, noch ungestört von Waldhausen und Yosch, im Salon frühstückten.
    »Habe ich dein Vertrauen doch noch gewinnen können?«, fragte ich abwartend.
    »Du bist kein Dummkopf, Dejan. Ich würde sogar so weit gehen, dich für einen recht klugen Mann zu halten, gemessen an dem Standard unserer Zeit und unserer Gesellschaft.« Geziert hob er seine Teetasse an. »Ich habe einiges gegen dich in der Hand, das wirst du doch begreifen. Eine Benachrichtigung über unseren skandalösen nächtlichen Zeitvertreib, und Waldhausen wird Himmel und Hölle in Bewegung bringen, um dich in Schande entlassen, oder wenigstens erschossen zu sehen.«
    »Wenn du mich verrätst, verrätst du auch dich«, gab ich ihm zu bedenken.
    Diabolisch grinste er mir über den Tassenrand hinweg zu. »Freilich. Aber wer kann mir schon etwas anhaben? Ich weiß zu viel über etliche Persönlichkeiten von Rang und Namen; und bin ebenso einer nicht geringen Zahl von ihnen bereits zu Diensten gewesen. Niemand wird es wagen, sich meiner aufgrund einer Lappalie zu entledigen. Doch du, Dejan, du bist
nichts weiter als ein kleiner Hauptmann. Und deshalb kann ich dir vertrauen.«
    Vielleicht war es die Einsamkeit des Wissenden, vielleicht die reine Freude am Spiel, die Felix dazu veranlasste, mir sein großes Geheimnis preiszugeben. In jedem Fall ließ die Aussicht, dass meine Neugier endlich befriedigt werden sollte, mich eilends dem Abenteuer zuzustimmen.
    So kam es, dass Felix mich hinaus aus dem schlafenden Dorf in eine nächtliche Einöde führte, die ein romantischer Schriftsteller nicht düsterer, nicht einsamer hätte ersinnen können: Hügel und Weideland, Baumgruppen, die sich als schwarze Silhouetten in dem mondbeschienenen Panorama abhoben, der Geruch von Herbst in der klaren, feuchten Luft.
    Schweigend folgte ich Felix und seiner kleinen Öllampe über Feldwege und Wiesen, lauschte den Geräuschen der Nacht.
    Das hohe Gras rauschte im Wind, es raschelte das Herbstlaub, trockene Äste knackten unter unseren Stiefeln, als wir einen winzigen Hain durchquerten. Ein Vogelschrei in unmittelbarer Nähe ließ mich zusammenfahren. Meine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, was sich wohl nicht zuletzt auf den Umstand zurückführen ließ, dass Felix mir jeden weiteren Hinweis auf das, was er mir zu zeigen gedachte, verwehrt hatte.
    Nach gut einer Stunde zügigen Fußmarsches kam hinter einer Hügelkuppe ein einsames Gehöft in Sichtweite. Die Ruine eines Gutshauses, einem Feuer zum Opfer gefallen, wie Felix mich unterrichtete; drei Scheunen sowie eine etwas baufällige Hütte, die in jenen fernen Tagen, als der Gutshof noch in seiner Blüte gestanden hatte, als Pförtnerhaus gedient haben mochte.
    Im Schutz einer wuchernden Hecke hielten wir inne. Felix löschte seine Lampe und legte eine Hand auf meinen Unterarm.

    »Was immer auch geschieht«, flüsterte er eindringlich, »lass dich auf keinen Kampf ein. Werden wir entdeckt, wirst du zu fliehen versuchen. Sollte mir etwas zustoßen, wirst du mir unter keinen Umständen zu Hilfe kommen, und du wirst alles, was du über Anstand und Ehre weißt, bis zum Ende dieser Nacht vergessen.«
    Ich wünschte, ich hätte die Klugheit besessen, nach diesen Worten ein wenig Furcht zu verspüren, doch um der Wahrheit Genüge zu tun: Diese Bedingungen, die jeder einzelnen meiner persönlichen Vorstellungen der Handlungsweisen eines Offiziers zuwiderliefen, riefen nicht mehr als leisen Ärger in mir hervor.
    »Hast du das verstanden?«, zischte Felix mit gesenkter Stimme.
    Ich willigte mit einem ruckartigen Nicken ein. Wenn er so großen Wert darauf legte, im Stich gelassen zu werden, nun, diesen Gefallen würde ich ihm tun können.
    Geduckt schlichen wir uns an die größte der drei Scheunen heran. Einmal war mir, als hätte ich in einiger Entfernung Stimmen vernommen; Augenblicke später störte ein hoher Pfiff die nächtliche Stille, worauf Felix hinter den Überresten eines Fuhrwerks Deckung suchte. Pflichtschuldig tat ich es ihm gleich – unentschieden, ob die Vorsicht meines für gewöhnlich so großspurigen Freundes Belustigung oder Unruhe in mir

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