Des Teufels Maskerade
kämpfte gegen einen absurden Drang zu lachen.
»Die Anderen«, bekräftigte Felix. »All die Wesen, die wir mit klarem Verstand und beschämender Ignoranz aus unserem Weltbild gebannt haben. Die Kreaturen der Sagen und Legenden. Der Spuk, die Geistergeschichten, die alten Märchen. Die Schatten, die du manchmal aus den Augenwinkeln zu sehen meinst.« Er seufzte. »Dem Herrscherhaus untersteht seit Jahrhunderten eine Organisation, die sich darum kümmert, die Beziehungen zwischen der« – Felix suchte nach Worten – »nennen wir es, okkulten Welt , und dem, was dir als Wirklichkeit bekannt ist, zu regeln und im Bedarfsfall einzugreifen. Die meisten Staaten verfügen über derartige Institutionen.«
Ich starrte ihn an. Allmählich begann ich die Bedeutung seiner Worte zu begreifen. Kalter Schweiß lief mir über den Rücken, und ich dachte, so muss es sich also anfühlen, den Verstand zu verlieren.
Felix war aufgestanden; jetzt beugte er sich über mich, ergriff meine Schultern. »Dejan, Dejan! Schau mich an.«
Ich gehorchte; einen Moment lag echte Sorge in seinem Blick.
»Es war schon immer so«, flüsterte er. »Es ändert nichts.«
Ich biss mir auf die Lippen. Wie konnte er nach diesen Worten behaupten, nichts hätte sich geändert?
»Dejan?« Seine Finger gruben sich in meine Oberarme.
»Du wolltest mir von dem Alten Volk erzählen«, presste ich hervor.
Er sah mich an. Ich schwieg.
»Wie gesagt, die Wesen aus dem Alten Volk sind scheu und bleiben zumeist unter sich. Doch dann und wann verlassen sie ihre Gemeinschaften, um in der Welt der Menschen ihr Glück zu versuchen. Bieten einem König ihre Dienste an, als Söldner. Natürlich geht es selten gut. Nein, das Alte Volk ist zu unberechenbar, zu wenig menschlich, um uns einfachen Sterblichen von Nutzen zu sein.«
Ich sah mich immer noch zu keiner Reaktion imstande, und so erzählte Felix mir die Geschichte, wie er an die Drachen in der Scheune geraten war: Wenige Tage, bevor unser Regiment so überstürzt nach Mostar aufgebrochen war, war ein Bericht in dem Bureau , dem Felix unterstand, eingegangen. Jene beiden Nachtmahrgestalten hatten sich einem fahrenden Sinto-Clan angeschlossen – was als höchst ungewöhnlich angesehen werden musste. Zudem hatten sie gegenüber ihren Gastgebern mehrfach den Wunsch geäußert, die Grenzen des Kaiserreichs zu überschreiten, um sich einem würdigeren Herrscher als Diener anzubieten. Naturgemäß hatte das Bureau derartig gefährliches und unkontrollierbares Ansinnen nicht gutheißen können. Und so war Felix damit beauftragt worden, die beiden Elfen auszuschalten, ohne jedoch die Drachen gegen sich aufzubringen. Man hatte gehofft, dass die verständigen Tiere ohne ihre Herren leichter zu kontrollieren und nutzbringend einzusetzen wären.
Felix hatte den Sinto-Clan getroffen, und mittels Versprechungen und Täuschungen erreicht, zu dem einsamen Gehöft geführt zu werden, wo er seither jede Nacht die Drachen – die mittlerweile ein paar Brocken des Dialekts der Sinto-Familie gelernt hatten – besucht hatte, um ein freundschaftliches Verhältnis zu ihnen aufzubauen.
»Freundschaftliches Verhältnis?« An jenem Punkt musste ich ihn unterbrechen.
»Nun, du wirst gestern gewiss bemerkt haben, dass sie weit mehr sind als nur Tiere. Sie sind klug und neugierig, verfügen über ausgeprägte Persönlichkeiten. Ja, sie besitzen selbst eine eigene Sprache, die allerdings aus Lauten besteht, die für menschliche Stimmen nicht nachahmbar sind«, setzte er mir auseinander. »Und diese beiden Exemplare – Vater und Tochter, soweit ich herausbekommen konnte –, waren alles andere als zufrieden mit ihren Reitern, doch offensichtlich
sind sie durch eine Art Schwur und Ehrenkodex an jene gebunden.«
Ich lehnte mich in den Polstern zurück. Mit einem Mal schwindelte mir. »Woher weißt du das?«
Felix grinste breit und gut gelaunt. »Dass es Menschen unmöglich ist, eine Sprache zu sprechen , bedeutet nicht, dass wir sie nicht verstehen können, nicht wahr?«
Ich stöhnte. »Du willst mir allen Ernstes weismachen, du verstündest Drachisch?«
Anstelle einer Antwort neigte sich Felix mir zu.
Später fanden wir uns auf dem Bett wieder, erschöpft und träge in der warmen Vormittagssonne, die das Zimmer flutete. Mit ungekannter Hingebung leckte ich das Blut aus einem langen Kratzer an Felix’ Halsansatz, der wieder aufgebrochen war.
»Wie bist du entkommen?«, erkundigte ich mich, verschränkte die Arme
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