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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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nichts: Die Prunkbauten der Ringstraße, die wir jetzt entlangfuhren, ärgerten mich in ihrer anbiedernden Großspurigkeit. Der Reiz des gesellschaftlichen Treibens auf dieser selbsternannten Prachtstraße erschloss sich mir nicht, ja, selbst die Damentoiletten erregten mein Missfallen – man trug zu viel Pastellfarben und führte hässliche kleine Hunde mit sich.
    Indes erzählte der Marchese in einer einseitigen Unterhaltung, der nur der Chauffeur zu lauschen schien, von spektakulären Rennsiegen, Niederlagen und Unfällen. Ich warf gelegentlich Floskeln ein und äußerte Laute des Erstaunens.
    Damit blieb mir ausreichend Raum, meinen eigenen Gedanken nachzuhängen, welche hauptsächlich um meine Gefährten in diesem Abenteuer kreisten: Lili Trubic, die sich nach wie vor weigerte, ihr Zimmer zu verlassen; Lysander, dem ich kaum
in die Augen sehen konnte; und Mirko, der sich Gottweißwo aufhalten mochte.
    »… St. Petersburg?«, durchbrach die Stimme des Marchese meine Gedanken.
    Ich schrak hoch, murmelte die angebrachten Entschuldigungen.
    Der Marchese wedelte mit einer Hand, der große Rubinring an seinem Mittelfinger funkelte aufsehenerregend im Sonnenlicht. »Ich fragte, ob Sie schon Pläne für das Rennen in St. Petersburg haben, im August?«, wiederholte er.
    »August?«, sagte ich reichlich geistlos.
    Wie standen die Chancen, dass Felix im August noch am Leben war? Felix, der einer Todesdrohung entgegensah, während ich hier, bei meinem selbst gewählten Abenteuer kostbare Zeit verschwendete? Noch vor ein paar Stunden hatte ich meinen Unwillen, von der Grand-Prix-Fahrt zurückzutreten, als Beweis vor mir selbst angeführt, dass Felix keine Macht mehr über mich hatte.
    Jetzt schämte ich mich.
     
     
    Der Vogel war uns bereits eine Weile gefolgt, ehe er mich zu irritieren begann. War ich zunächst geneigt gewesen, eine Krähe im sommerlichen Wien als armes, verirrtes Kuriosum abzutun, regte sich nun mein in langen Berufsjahren anerzogenes Misstrauen: Wann immer ich den Kopf hob, sah ich über uns den Vogel flattern.
    An der Schwedenbrücke, die uns über den Donaukanal an unser Ziel führen sollte, bat ich den Chauffeur schließlich anzuhalten. Einer Aufforderung, der er prompt Folge leistete, ungeachtet der Tatsache, dass der parkende Wagen auf dem Kai ein nicht unbeträchtliches Verkehrshindernis darstellte.
    »Baron?« Der Marchese klang ungeduldig. »Was ist denn?«

    Ich blieb ihm eine Antwort schuldig, beobachtete gebannt die Krähe, die sich auf dem Brückengeländer niedergelassen hatte, und – wartete.
    Ein Fuhrwerkskutscher, der uns auszuweichen gezwungen war, fluchte laut.
    »Was ist?«, wiederholte der Marchese.
    Ich winkte ab, denn ich hatte genug gesehen: Worum auch immer es sich hier handeln mochte, einen Zufall schloss ich nun aus.
    »Fahren Sie zu«, befahl ich dem Chauffeur. Als wir die Brücke überquert hatten und in die Praterstraße einbogen, verriet mir ein heiseres Krächzen, dass die Krähe ihre Verfolgung wieder aufgenommen hatte.
     
     
    Felix Trubic, der Wien stets als seine zweite Heimat betrachtet hatte, hatte mir den Charakter des Pratergeländes einmal mit »ein Bisserl von allem« beschrieben: ein bisschen Wald, in dem einst der Adel zur Jagd ging; ein bisschen Garten, in dem heute die gehobene Gesellschaft ebenso lustwandelte wie die kleinen Bürger; ein bisschen selbstgefällige Architektur, die es darauf anlegte, zu beeindrucken – für die Weltausstellung errichtet; ein bisschen Jahrmarkt, wenn man sich in die bunte Welt der Schaubuden verirrte; ein paar billige Wunder, ein bisschen Staunen und ein bisschen Stimmung.
    Bei meinem letzten Besuch in Wien, im Frühling vor zwei Jahren, hatte eine ehemalige Klientin mich zum Blumenkorso in der Praterallee geladen. Damals waren die Automobile und Kutschen gemächlich und über und über mit Blumen geschmückt durch das Gelände paradiert, und verletzt wurde nur so manche Eitelkeit. Jetzt heulten probeweise die Motoren, ein Wagen wurde fortgeschoben, das Handwerksvolk nahm die letzten Arbeiten an den provisorischen Tribünen
vor, und eine verdammte Krähe hatte sich in sicherer Entfernung auf einem Pfosten unter einem mächtigen Kastanienbaum niedergelassen und musterte mich aus spöttischen schwarzen Augen.
    »Wenn Sie mich bitte für einen Augenblick entschuldigen«, unterbrach ich den Marchese, der mit dem Stimmvolumen eines geübten Marktschreiers die Mechaniker, die im Schritttempo meinen Wagen heranschoben, zur

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