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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Eile mahnte.
    Vorsichtig näherte ich mich der Krähe.
    Um ein besonders ansehnliches Tier handelte es sich wahrlich nicht; ihr Gefieder war matt und staubig, einzelne Federn standen ab.
    »Husch«, machte ich.
    Die Krähe rührte sich nicht. Nur ihre klugen, dunklen Augen schienen jeder meiner Bewegungen zu folgen. Wissende Augen, die mich ein wenig an Lysander erinnerten, mehr als jene eines intelligenten Tiers.
    Ungeachtet des bedauerlichen Umstands, dass sowohl der Marchese als auch eine Gruppe Handwerker mich beobachteten, fragte ich die Krähe mit gesenkter Stimme: »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Der Vogel hüpfte auf seinem Pfosten auf und ab, flatterte mit seinen überraschend langen Schwingen. Und dann stieß er einen Schrei aus: Ein Krächzen war es, ebenso sehr wie ein Lachen, voll Häme und Tücke. Wie der Schrei der Drachenreiter in einer fernen Herbstnacht. Es war immer die Erinnerung an meinen ersten Ausflug in okkulte Welten, die wiederkehrte, egal, wie vielen absonderlichen Wesen ich in meinem Leben inzwischen entgegengetreten war.
    Mir schwindelte, und mit einem Mal klebte mir das Hemd schweißfeucht am Rücken. Ich kämpfte, um meine Hände ruhig zu halten. Die Krähe fixierte mich weiterhin.
    Der Marchese war an meine Seite getreten. »Ein Todesvogel
vor dem Rennen. Kein gutes Omen«, sagte er mit tiefbesorgter Miene.
    Die Krähe schrie noch einmal, ehe sie sich in die Lüfte schwang.
    Ich nickte stumm.

     
    Prag, am 26. Juni 1909
     
    Meine Herren,
    ich hoff’, Ihr habt es schön und gemütlich in Wien und seid ganz und gar mit Eurem Automobilrennen beschäftigt, während hier zu Hause Dinge vor sich gehen, die würdet Ihr nicht für möglich halten, selbst wenn Ihr dabei gewesen wärt; und ich weiß doch, was Ihr schon alles gesehen habt, so im Laufe Eurer Abenteuer: Aber das ist eine Geschichte, ich sag’ Euch, die hat’s in sich.
    Na, angefangen hat’s schon einmal gut: Gestern Abend kommt die Rosa (Dejan, Du erinnerst Dich sicher an sie, meine Empfangsdame, die immer versucht hat, den hochwohlgeborenen Herrn Baron mit in ihr Zimmer zu nehmen, weil er so schöne Haare hat wie Löwenherz‘ Blondel?) hinaufgestürzt in mein Boudoir, ganz aufgelöst. Sagt, der Graf Trubic wollt’ mich sprechen, es ging um Leben und Tod!
    Und wie der Tod hat er selber ausgeschaut, wie er dann hinaufkommt zu mir, ganz kalkweiß im Gesicht und Schweiß auf der Stirn. Ich sag’ ihm, dass Du, Dejan, halt nimmer in Prag bist, weil Du rennfahren musst in Wien, aber das hat ihn überhaupt nicht interessiert, den Trubic.
    »Waldhausen«, hat er gesagt. Und dann hat er sich auf mein Bett gesetzt, als ob er vorgehabt hätt’, dass wir das ein bisserl verwenden, später, und er sich schon einmal taktisch in Position bringen wollt’. Nur natürlich hab’ ich mich erinnert, was die Mariana mir vom Trubic erzählt hat; und es war ohnehin einerlei, weil der Graf Trubic wollt’ nur reden.
    Genaugenommen wollt’ er, dass ich rede und er Fragen stellt: Ob ich mich erinnern könnt’, ob mir im Zimmer, das der Waldhausen mit der Louise benutzt hat, irgendwas aufgefallen wäre? Ob die Louise mir oder den andern Mädchen irgendwas erzählt hätt’, oder ob sie vielleicht eine Andeutung gemacht hätt’?
    Sag’ ich ihm, dass er mich das alles schon einmal gefragt hat. Er
meint’ drauf, vielleicht hätt’ ich damals der ganzen Geschichte noch nicht die richtige Größenordnung zugemessen und wär’ deshalb nachlässig gewesen?
    Kurz, ein impertinenter Hund ist er, der Graf, und interessant noch obendrein.
    Nun ja, während wir zwei noch so hin und her diskutieren, und zu nichts kommen, weil der Trubic partout keine Ruh’ geben wollt’, und ich bei allem guten Willen nichts hatt’, was ich ihm noch erzählen konnt’, da klopft es ganz aufgeregt. Steht schon wieder die Rosa vor der Tür: Es sei gerade eben noch ein anderer Herr gekommen, der wollt’ schon wieder mich sprechen, aber einen Namen hat er der Rosa unter keinen Umständen nennen wollen. Und wie ich sie noch frag’, wie der Herr denn ausschaut – weil, ein bisserl gewundert hat’s mich dann schon, dass einer so geheimnisvoll daherkommt und trotzdem nicht gescheit genug ist, sich einen falschen Namen auszudenken –, da grinst der Trubic ganz verschlagen und sagt zur Rosa: »Dann würde ich vorschlagen, Sie schicken ihn herauf.« Ganz so, als wär’ das sein Etablissement, nicht das meine! Und zu mir sagt er noch: »Vergeben Sie mir meine kleine

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