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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Wien geführt, jawohl.«
    Das Mädchen spielte mit ihrem Fächer. »Mein Onkel Karel hat einen Wagen. Bei dessen Familie ich aufwuchs«, fügte sie rasch an mich gewandt hinzu. »Er hat mir alles beigebracht, was er über Automobile weiß. Manchmal lässt er mich sogar ans Steuer.«
    Ich war erstaunt. Ein derart fortschrittlicher Ziehvater erklärte wohl einiges von Lilis außergewöhnlichem Verhalten. Eine gewisse Tendenz, sich selbst mutwillig außerhalb der Gesellschaft zu stellen, mochte der gesamten Familie Trubic angeboren sein.
    »Nun, ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht an das Steuer meines Automobils lassen werde. Zumindest nicht vor dem Rennen. Aber vielleicht möchten Sie ihn sich ansehen?«
    Lili hob den Kopf, und verstand. Mit einem Achselzucken folgte sie mir.
     
     
    In Ermangelung einer zum Hotel gehörigen Remise hatte ich den Wagen vorübergehend in der Laube des weitläufigen Innenhofs abgestellt, wo er nun, zwischen Efeuranken und leicht verwittertem Gartenmobiliar, einen höchst ungewöhnlichen
Anblick bot. Der Hoteldirektion allerdings hatte ich versprechen müssen, bis zum späten Nachmittag, wenn der Gastgarten geöffnet wurde, die Laube wieder freizugeben und einen geeigneteren Standplatz für den Benz zu finden.
    Energischen Schrittes eilte Lili an meiner Seite durch den Hof, dessen pittoresken Charme – die weißen Kletterrosen, die auf der Fassade nach oben strebten, die altmodisch verschnörkelten Laternen, der Zierbrunnen, in dem einige Sperlinge badeten  – sie mit keinem Blick würdigte.
    Selbst als wir bei meinem Wagen ankamen, der sich ihr in blankpolierter pechschwarzer Pracht präsentierte, zeigte sie keinerlei Interesse. »Wie ich Sir Lysander bereits gesagt habe, ich kenne den Vampir nicht!« Die Hände undamenhaft in die Hüften gestemmt, funkelte sie mich wütend an.
    Müde lehnte ich mich an einen efeuüberwucherten Pfeiler; eine Biene suchte brummend das Weite. »Sie könnten uns beiden ein langes, erschöpfendes Katz-und-Maus-Spiel ersparen, wenn Sie mir einfach sagen, was der Vampir von Ihnen wollte.«
    Lili schlug ihren Fächer auseinander, schwenkte ihn ohne erkennbare Grazie in der Luft. »Mich bedrohen, das wollte er!«, rief sie aus.
    Sie war keine sonderlich gute Schauspielerin. Ihre Stimme zitterte ebenso wie ihre Hände, die jetzt unruhig am Spitzenbesatz des Fächers zupften. »Er hat mir Angst gemacht. Und ich verstehe wirklich nicht, weshalb Sie diesem Besuch so viel Aufmerksamkeit beimessen.«
    Ihr Ton wurde schrill. Ich betete stumm, dass mir nicht bevorstand, Zeuge einer hysterischen Szene zu werden.
    »Woher weiß ich, dass nicht doch mein Vater Sie auf mich angesetzt hat? Weshalb sollten Sie nicht lügen? Warum …« Sie brach ab.
    Ein Page in opulenter Uniform durchquerte den Hof, gefolgt von einem Herrn im Tennisanzug und einem Hündchen, das
seine winzige Statur durch Lautstärke und Frechheit zu kompensieren suchte, und mit sichtbarem Vergnügen nach den Fersen des Pagen schnappte.
    Lili lächelte; dann trafen sich unsere Blicke.
    Für gewöhnlich erkenne ich Schuldbewusstsein, selbst wenn es mir nicht wie in jenem Moment auf dem Silberteller präsentiert wird.
    »Weshalb«, fragte ich sanft, »sollte es für Ihren Vater von Interesse sein, ob Sie mit dem Vampir bekannt waren?«
    Lili Trubic zog sich ein paar Schritt in die Laube zurück.
    »Sie verstehen nicht!«, rief sie so laut aus, dass sich Herr, Hund und Page gleichermaßen nach uns umsahen. Es schien sie nicht zu kümmern. »Sie verstehen überhaupt nichts, Baron!«
    Mein »Dann erklären Sie es mir« verklang ungehört – den Fächer wie einen Schild umklammert, war sie davongestürmt.
     
     
    Dass Mirko entschwunden blieb, erfüllte mich nach dem Brief, den Esther mir gezeigt hatte, weit weniger mit Sorge als der Umstand, dass Lili Trubic sich für den Rest des Tages in ihrem Zimmer einschloss. Sie weigerte sich, mit Lysander, mir, ja selbst ihrem Kavalier zu sprechen.
    Letzterer verstand die Welt nicht mehr.
    »Sie war doch gerade noch so froh, dass wir beide endlich in Wien zusammen sind. ›František‹, hatte sie heute früh noch angekündigt, ›ich gehe nicht mehr zurück nach Prag, das verspreche ich dir.‹ Es war ihr ganz gleich gewesen, was der Graf dazu gesagt hätte; wir hatten heiraten wollen«, setzte er mir über dem einen oder anderen Cognac in dem unserem Hotel gegenüberliegenden Kaffeehaus auseinander.
    »Ich sag’ noch zu ihr: Lili, ich bin nur ein

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