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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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Klavierspieler, kein Künstler. Ich bring’ es im Leben zu nichts. Da meinte sie drauf,
ich wäre ihr lieber als jeder Graf und jeder Oberst – und dass es ihr nichts ausmachen wird, arm zu sein; wenn wir nur gemeinsam hierbleiben könnten.«
    Bekümmert sah er mich an, gerade so, als erwartete er von mir eine Erklärung für das unberechenbare Verhalten seiner Geliebten.
    »Und jetzt auf einmal soll ich mich zum Teufel scheren!«, rief er aus.
    Mit Mühe unterdrückte ich ein Schaudern und schob den Teller mit der eben bestellten Mehlspeise zurück. Der unbeholfene Redeschwall meines Begleiters bereitete mir beinahe physisches Unbehagen. Dennoch musste ich Čapek zum Weitersprechen ermutigen; vielleicht konnte er einen Schlüssel zu dem Rätsel liefern, das Lili Trubic für den Fall darstellte.
    »Sie haben einander in Brünn kennengelernt?«, fragte ich über das laute Geplauder zweier alter Damen am Nebentisch hinweg.
    Wie erwartet genügte diese harmlose Erkundigung, um den jungen Herrn Čapek abermals zum Reden zu bringen. »Vor zwei Jahren schon, im Haus von ihrem Herrn Vater. Ziehvater wollte ich sagen. Dort war der meine anstellig, und im Sommer hab’ ich manchmal aushelfen dürfen, im Garten. Das ist eine Kunst, auf die versteh’ ich mich ganz gut. Die Lili war auch immer ganz freundlich zu mir, und …«
    Er fuchtelte mit den Armen, als wolle er nach den Worten fischen, die seiner Rede fehlten. »In allen Ehren, Herr Baron, in allen Ehren natürlich!«, erwehrte sich Čapek eines Vorwurfs, den ich ihm nicht gemacht hatte.
    »Und dann ist sie eines Tages fortgegangen?«, hakte ich nach.
    Čapek schüttelte den Kopf. »Nein, das war erst später. Zuerst krieg’ ich einen Brief von einem alten Freund von meinem Vater, aus Wien. Er schreibt mir, er hätte Arbeit als Klavierspieler für mich gefunden. Dem hat das nämlich immer so gut
gefallen, wenn er auf Besuch war und ich ihm vorgespielt hab’. Um die große Kunst würd’ es zwar nicht gehen, hat er weiter geschrieben, aber die Bezahlung wär’ ganz anständig.«
    Sehnsüchtig blickte er auf den Boden seines leeren Cognacschwenkers. Ich stellte eine rasche Berechnung an und beschloss, ihm bis auf weiteres einen Nachschlag zu verweigern, um die Verständlichkeit einer ohnehin schon mit wenig Geschick vorgetragenen Geschichte nicht weiter zu gefährden.
    »Zuerst hab’ ich noch gezögert, obwohl ich immer schon einmal nach Wien wollt’, aber dann hat die Lili mich ermutigt. ›Geh nur‹, hat sie gesagt, ›ich komm’ schon nach, so schnell es geht.‹ Und dann, da war ich schon ein paar Wochen in Wien, kommt auf einmal dieser Brief von ihr: Es wäre etwas Furchtbares im Begriff zu geschehen, sie könnt’ mir nur leider nicht sagen, was. Und ihr Vater, der Graf, hätte irgendetwas damit zu tun. Dass sie hätt’ verheiratet werden sollen, das hat sie mir erst neulich dann erzählt.«
    Ich nickte stumm; die anstehende Verlobung mit Oberst Waldhausen hatte sich ein »furchtbar« wahrhaftig verdient. Flüchtiges Mitleid mit dem Mädchen stieg in mir auf, ehe ich mir ins Bewusstsein rief, dass Lili auch von sich aus einen bedenklichen Geschmack in Bezug auf die Männerwelt an den Tag legte: Welche Vorzüge Čapek auch haben mochte, er verstand sie gekonnt zu verbergen.
    »Gab es noch weitere Korrespondenz?«, fragte ich vorsichtig nach.
    »Nein, keinen einzigen Brief mehr. Bis auf das letzte Telegramm, dass sie nun in Prag sei und jetzt sofort nach Wien kommt. Und dass es ihr leidtäte.« Er zuckte die Schultern. »Ich habe sie gar nicht gefragt, was«, fügte er hinzu, als fiele es ihm erst jetzt auf.

    Im Hotel erwartete mich ein Telegramm des Marchese, der mittlerweile ebenfalls mit seiner Mannschaft in Wien eingetroffen war, und sich aufs Dringlichste nach meiner Gesundheit sowie dem Zustand meines Wagens erkundigte.
    Mit einem Schnauben zerknüllte ich das Papier. Lysander, der mitten auf dem Fußboden gedöst hatte, hob den Kopf.
    »Komplikationen?«, fragte er schläfrig.
    »Nichts von Interesse«, entgegnete ich reserviert.
    Noch fühlte ich mich außerstande, freundschaftliche Konversation zu führen. Dass Lysander an meinen Methoden und mitunter auch an meinen Geisteskräften zweifelte, daran hatte ich mich mit der Zeit gewöhnt; jedoch meine Ehre infrage zu stellen, das konnte ich nicht so leicht vergeben, ganz gleich, wie oft er noch für seinen »ungeschickt formulierten« Brief um Verzeihung bitten mochte.
    »Er wird zurückkommen,

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