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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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bedurfte.
    »Weißt du, wie viel meine Ehre kostet?«, fragte Felix zuletzt, als der Morgen schon graute.
    Beklommen schüttelte ich den Kopf.
    »Eine Empfehlung bei Seiner Kaiserlichen Majestät.«
    Ein sonderbarer Laut, einem Schluchzen gleich, entrang sich seiner Kehle. Und ich – ich wusste doch nur zu schweigen. Wer gerade Ehre und Seele verschachert hat, möchte nicht hören, dass die Zeit alle Wunden heilt; dass es seine Verpflichtung als Kavalier war, zu lächeln und den Kopf aufrecht zu tragen, was immer auch geschah.
    »Was hast du getan?«, fragte ich.
    Und er antwortete mir: Vor einigen Monaten schon war ein Mittelsmann mit einer mehr als außergewöhnlichen Forderung
an das Bureau herangetreten. Die Centrale hatte einen besonders fähigen Agenten zu einer Sonderaufgabe abzukommandieren, denn einen Herrn, einen sehr mächtigen, sehr feinen Herrn, verlangte es nach einer Vilja.
    An dieser Stelle unterbrach ich Felix’ Erzählung. »Eine Vilja?«
    »Was weißt du von ihnen?«, fragte er mich.
    Einmal, ich war nicht viel mehr als ein Knabe gewesen, hatte ein Kamerad mir die Sage von den Viljen erzählt: Sünderinnen wären es, in Rache und Eifersucht ermordet, die keinen Frieden in ihren Gräbern fänden. Dann und wann streiften diese ruhelosen Seelen nachts umher und suchten und lockten und reizten die Männer. Doch wer sie mitnahm in sein Bett, den erwartete ein Schicksal schlimmer als der Tod. Sie könnten sich in Vogelwesen verwandeln, und …
    »…wer eine ihrer Federn besitzt, der ist ihr Herr und Meister«, beendete Felix meinen Satz. »Jawohl. So will es der Mythos. Wie üblich ist die Wirklichkeit unendlich vielschichtiger  – aber jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um Schwesternschaften, Todesrituale und Gestaltwandlung zu erläutern. Einigen wir uns darauf, dass diese Geistermädchen noch nicht zur Gänze abgeschlossen haben mit ihrer früheren Welt.«
    Schon hatte ich die Sünde meines Freunds erahnt, und die Kälte in seinem Blick ließ mich frösteln. Felix Trubic, Geheimagent und Vertrauter des Kaiserhauses, war also aufgebrochen, eine Vilja zu finden. Hier, im heimatlichen Prag, war seine Suche nach Spuren und Indizien von Erfolg gekrönt: Ein einsamer Schwan am Moldaustrand, eine prachtvolle, weiße Feder, und schon wurde eine stolze Frau, die nicht fluchte, die nicht bat, in die Sklaverei geführt.
    Was mit ihr geschehen sollte, hatte Felix niemals erfahren.
    Man stellte keine Fragen, was Mitglieder der kaiserlichen Familie mit ihren Befehlen bezweckten. So wollten es die Regeln des Spiels.

     
     
    Langsam tauchte ich aus meinen Erinnerungen.
    »Eine Vilja«, murmelte ich.
    Rosenstein nickte. »Wir beobachten sie schon seit einigen Tagen. Bisher hat sie an niemandem Interesse gezeigt – außer an Ihnen, Baron, und Ihrem jungen Schützling. Wir vermuten …«
    Ich hörte nicht mehr zu. Allmählich wurde mein Kopf klarer, elementare Denkfähigkeiten kehrten zurück.
    »Den Brief«, verlangte ich. »Rasch.«
    Rosenstein händigte mir das Schriftstück aus und ich blätterte mit fiebriger Hast in den Seiten.
    »Der Fuchs, der Fuchs«, las ich, und »Herr von Zdar«. Der Ringfinger fehlte ihr. Sie hatte mich töten oder wenigstens außer Gefecht setzen wollen, obgleich sich unsere Wege noch niemals zuvor gekreuzt hatten. Das war eine dünne Hinweiskette, doch ich konnte es mir nicht leisten, sie zu ignorieren.
    »Doktor Rosenstein? Glauben Sie denn an Zufälle?«
    Er dachte eine Weile nach. »Ich bin noch keinem begegnet, der intensiverer Begutachtung standgehalten hätte«, antwortete er mir schließlich.
    »Vortrefflich.« Mit fest zusammengebissenen Zähnen quälte ich mich aus dem Bett, entschlossen, meinem protestierenden Körper keine Aufmerksamkeit zu schenken.
    »Doktor, Ihnen wird soeben die zweifelhafte Ehre zuteil, einen jener exquisiten Augenblicke, in denen Baron Sirco der Geistesblitz trifft, mitzuerleben«, spottete Lysander frohgemut. »In weiterer Folge werden wir nun etliche Taten begehen, die irgendwo zwischen Absurdität und schlechtem Geschmack zu verorten sind, und die uns zumeist an den Rand des Abgrundes und weit seltener zum Erfolg führen werden.«
    Rosenstein zuckte die Schultern. »Als Arzt fühle ich mich verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen, dass Sie wenigstens ein paar Tage strikte Bettruhe halten sollten, Baron.« Mit einem
Mal lächelte er breit. »Aber in meiner Funktion als Agent der Centrale bin ich außerordentlich neugierig, was Sie zu tun

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