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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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auf dem Ring, den Felix seit vielen Jahren als Mahnung und zum Gedenken unablässig trug; und nun jener, der sich an den Hals unserer spröden Gegnerin schmiegte. Zu viele Füchse, als dass es sich noch um einen Zufall handeln konnte.
    Dr. Rosenstein war zu einer ähnlichen Erkenntnis gelangt.
    »Also begann ich nach Füchsen zu suchen.« Er wies auf die Bücher und Papiere, die nahezu jeden freien Zentimeter seines bescheidenen Arbeitszimmers bedeckten. »Füchse in der Geschichte Böhmens. Füchse in der Mythologie. Füchse in der Historie. Füchse in der Symbolik. Füchse in Legende, Märchen und Anekdoten.« Er gähnte. »Ich würde sagen, das Glück war mir hold. Zufälligerweise ließ es mich auf die Schlacht am Weißen Berg stoßen.«
    Ich hielt die Luft an – nein, der 21. Juni, also der Tag der Hinrichtungen am Altstädter Ring, lag schon lange hinter uns! Und die Schlacht selbst hatte im November stattgefunden. Aber weshalb führte unsere Spur dann wieder zu diesem so markanten Ereignis der böhmischen Geschichte? Was hatten wir übersehen?

    Rosenstein wühlte in seinen Notizen. Mit triumphaler Miene reichte er mir endlich ein Büchlein, das sich als eine in lateinischer Sprache verfasste und auf den Beginn des 18. Jahrhunderts datierte Chronik der böhmischen Lande herausstellte. »Ein erstaunliches Werk. Ein Fürst Lobkovic hat es in Auftrag gegeben und es heißt, dass nur drei Exemplare jemals gedruckt worden sind. Glücklicherweise darf sich die Centrale der an Raritäten und Kuriosa reichsten Bibliothek in der ganzen Monarchie rühmen.«
    Ich blätterte zu der mit einer Krawattennadel markierten Stelle.
    »Ich habe im Namen des Fuchses gekämpft. Ich werde im Namen des Fuchses sterben«, übersetzte Lysander, dessen Lateinkenntnisse weit weniger eingerostet waren als die meinen. »So sprach ein junger Adeliger, der als hussitischer Verräter nach der Schlacht am Weißen Berg hingerichtet wurde.« Lysander rümpfte die Nase. »Ein junger Adeliger? Sein Name findet unglücklicherweise keine Erwähnung.«
    »Dafür kann die Chronik nichts«, verteidigte Rosenstein das Werk. »Auch wenn ich zugeben muss, dass sie an manchen Stellen höchst kurios ist. Aber in diesem Fall zitiert sie nur, was die Gazettenschreiber damals festhielten, als das ungerechte Urteil an diesem jungen Herrn vollstreckt wurde. Die Originalquellen scheinen verlorengegangen zu sein – oder befinden sich nicht in unserem Archiv.«
    »Das wahrlich Interessante«, unterbrach ihn Lysander ungeduldig, »ist der Umstand, dass unser Fuchs nirgendwo sonst Erwähnung findet.«
    Womit er Recht hatte: Wenn besagter Edelmann bereit war, im Namen des Fuchses zu sterben, so sollte man meinen, es würde sich nicht um eine vollkommen geheime Gestalt handeln, sondern um eine Persönlichkeit mit einem gewissen Symbolcharakter. Es sei denn, wir erkannten ihn nur nicht als
Fuchs ; zählten nicht zu den Eingeweihten, die Bescheid um seine Fuchsnatur wussten.
    »Hambjörn«, murmelte ich.
    Dr. Rosenstein runzelte die Brauen. »Wie meinen, Baron?«
    »Mann-Bär«, übersetzte Lysander. »In Skandinavien häufig, aber unbeliebt. Unglückliche, die sich in manchen Nächten in Bären verwandeln, mit sehr unterschiedlichen Resultaten.«
    »Ich habe von derartigen Wölfen gehört …«, antwortete Rosenstein zögerlich.
    »Und Katzen, Ratten, Schlangen und vielen anderen«, ergänzte ich. Tatsächlich war ich vor etlichen Jahren in Belgrad einer Varietékünstlerin begegnet, die sich in Momenten großer nervlicher Erregung in eine Fledermaus verwandelt hatte.
    »Ein Wer-Fuchs. Warum nicht?«, schlug Lysander vor.
    Dr. Rosenstein war weniger überzeugt. »Oder die offizielle Geschichtsschreibung verschweigt mit voller Absicht nicht nur die Fuchsnatur unseres Gesuchten, sondern vielmehr seine Existenz, und damit auch seine Taten.«
    Lysander nickte. »Was wiederum darauf hindeutet, dass es sich um Ereignisse handelt, deren Offenlegung von einiger Tragweite gewesen wären.« Seine Augen funkelten; kaum etwas fesselte seine Aufmerksamkeit so sehr wie ein historisches Rätselspiel. In einer besseren, weniger den Konventionen von Norm und Äußerlichkeit verhafteten Welt wäre ihm vermutlich eine große Karriere als Professor der Geschichtswissenschaften offen gestanden.
    »Oder vielleicht eine Kombination?«, spann Rosenstein den Gedanken weiter. »Stellen Sie sich nur vor, ein hochrangiger Staatsmann etwa, der zuweilen als Fuchs herumspazierte. Vielleicht nahm

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