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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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»Vielleicht sollte ich … wenn Sie Persönliches zu besprechen haben …« Er wusste nicht weiter.
    Lysander setzte sich auf, seine Schnurrhaare standen senkrecht in alle Richtungen. »Bitte, Doktor, bleiben Sie.«
    Er kannte Mirko und mich gut; er wusste, dass wir beide nicht zu beschämenden Szenen in Anwesenheit Unbeteiligter neigten.
    »Es tut mir leid«, murmelte Mirko steif. Sein Gesicht blieb regungslos – wir hatten ihn wahrlich gut dressiert.
    Ich nahm seine Entschuldigung an. Die Zeit würde offenbaren, ob ich ihm oder mir verzeihen konnte; ob es mir irgendwann gelang, Vorwurf und Scham in seinen Augen zu übersehen.
    »Heißt das, Sie halten ihn nicht länger hier fest?«, wollte ich von Rosenstein wissen.
    »Sie haben mir alle möglichen Fragen gestellt. Aber jetzt, da die Vilja nicht mehr mit mir reden will, brauchen sie mich nicht mehr«, antwortete Mirko für ihn.
    »Gut«, ich gab mir den Anschein von Zielstrebigkeit. »Wir fahren mit dem Frühzug nach Prag.«
    Aus Mirkos Schweigen schloss ich, dass er Lysander und mich zu begleiten gedachte. »Doktor, Sie werden so freundlich sein, uns über die weiteren Entwicklungen um die Vilja zu informieren?«
    Rosenstein lächelte. Unser Händedruck fiel herzlich aus. »Waidmanns Heil bei der Fuchsjagd, Baron.«

10
PRAG 30. JUNI BIS 1. JULI 1909

AUS DEN AUFZEICHNUNGEN BARON SIRCOS, PRAG, 30. JUNI 1909
    Die Glocken schlugen zur Mittagsstunde, als unsere Droschke nach langwieriger und anstrengender Bahnfahrt vor dem Haus zu stehen kam.
    Zu Hause, dachte ich, und fühlte doch kein rechtes Wohlbehagen. Wie beschämend die Flucht ins leichtsinnige Abenteuer für mich doch geendet hatte: wie viel es hier zu tun gab, wie wenig wir wussten!
    »Meine Herren! Na, das ist ja zur Abwechslung ein schöner Zufall«, erklang unerwartet Esthers Stimme an meiner Seite.
    Vorsichtig wandte ich meinen schmerzenden Kopf; Esther trug ein geradezu biederes, hellgrünes Reisekleid, einen kleinen, weißen Strohhut und ein strahlendes Lächeln. »Bevor ich wegfahre, wollte ich noch geschwind vorbeischau’n, ob ihr schon zurückgekommen seid.«
    Lysander keckerte. Mirko, der mit unseren Gepäckstücken hantierte, deutete eine sonderbare Verneigung an und verschwand mit blutroten Wangen im Hauseingang.
    »Jesusmaria, der Bub ist so … ein Bub; der kleine, blöde Hund!«
    Ich konnte Esthers Meinung zu diesem sonderbaren Betragen insgeheim nur beipflichten.
    »Jetzt wird bei euch oben natürlich der Teufel los sein, wenn der Pavel erst den ganzen Krempel auspackt«, wechselte sie abrupt das Thema. »Komm, geh’n wir ein Stückerl spazieren.«
Sie spannte ihren Sonnenschirm wieder auf, musterte mich versonnen. »Das heißt, wenn’s dir nicht zu schlecht geht. Aber eins muss ich sagen, nach den Telegrammen hätt’ ich mir Schlimmeres erwartet. Du schaust eigentlich gar nicht so tragisch verunfallt aus.«
    Lysander tat fauchend seine abweichende Meinung kund, ehe er über den Gehsteig ins Haus hoppelte. Ich bot Esther meinen unverletzten Arm und fügte mich in mein Schicksal, auch wenn mir der Sinn gegenwärtig kaum nach einem Stadtspaziergang stand. Allein, es bedurfte keiner besonderen Intuition, um zu begreifen, dass Esther mit mir sprechen wollte.
    »Mit dem Marchese fahr’ ich weg, aufs Land, irgendwo in die Nähe von Melnik«, erzählte sie, als wir das Theater passierten; vor uns ragte der Pulverturm auf, düsteres Sinnbild unserer Stadt. Wann würde der Funke fliegen?
    »Ein bisserl muss ich ihn beruhigen, weißt du? Seit er dich kennt, ist er recht eifersüchtig geworden.«
    Ich lauschte und versuchte mich an eine Landpartie zu erinnern, vor vielen Jahren. Mit schwerem Melniker Rotwein hatten wir damals auf dumme Lieben und immerwährende Freundschaften getrunken – und Esther hatte meine Sentimentalität verlacht.
    »Letztens fragt mich der Marchese doch wirklich, von wem die Alena sei!«, empörte sich Esther jetzt. »Sag’ ich ihm, dass man so eine Frage einer Dame nicht stellt! Meint er gleich darauf, er wüsst’ eh schon längst, dass der Baron Sirco der Vater ist! Darauf hab’ ich erst nachrechnen müssen, ob die Alena überhaupt noch in unsere Zeit gefallen ist; ein Jammer, dass ich keine Tagebücher schreib’, da müsst’ ich mir nicht alles merken.«
    Ich biss mir auf die Lippen; niemals hatte ich sonderlich väterliche Gefühle für Alena verspürt. Ich machte mir nichts aus Kindern, und Kinder pflegten mich nicht zu mögen. Selbst
Lysander, den Alena

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