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Des Teufels Maskerade

Des Teufels Maskerade

Titel: Des Teufels Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlederer Victoria
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sah mich an. »Du wirst doch bleiben, Dejan? Den Fräulein Weyr würdest du bestimmt große Freude bereiten. Ich erteile dir hiermit meine ausdrückliche Erlaubnis, die Sippschaft Weyr mit Geschichten aus der dramatischen Welt der Automobilrennen zu Tode zu langweilen, auf dass sie sich bald wieder entfernen und wir uns wieder relevanteren Themen zuwenden können.«
    Es hatte Tage gegeben, da hätte ich seine komplizenhafte Äußerung mit einem Scherzwort beantwortet, doch heute wies ich seine Absicht, mit kleinen Gesten die einstige Vertrautheit heraufzubeschwören, ab. »Wir haben eine Vilja festgenommen«, entgegnete ich eisig. »Eine Vilja, die Fuchsschmuck trägt und mich töten wollte, weil ich deinen Fluch zu ergründen suche. Dr. Rosenstein meint, eine Verbindung zwischen der Fuchssymbolik und der Schlacht am Weißen Berg gefunden zu haben.«

    Sorgsam faltete Felix sein Taschentuch, ehe er mich mit einem seltsam nachsichtigen Blick bedachte. »Wie überaus interessant«, sagte er geistesabwesend.
    Mit zwei Schritten war ich bei ihm; ich wollte ihn schütteln, bis er wieder zur Besinnung kam. Doch die Beweglichkeit meiner linken Schulter war noch immer so sehr eingeschränkt, dass ich mich damit begnügen musste, sein Handgelenk festzuhalten. »Was für ein absurdes Spiel treibst du hier? Die Bourgeoisie zum Tee und wir beide üben uns in Salongeplänkel?« Meine Finger schlossen sich fester um sein Gelenk; ich wollte ihn zu einer Reaktion, irgendeiner Reaktion treiben. »Du siehst mich erstaunt. Wahrhaftig erstaunt!«
    Felix unternahm keinen Versuch, sich aus meinem Griff zu befreien. »Du liebe Güte, Dejan«, sagte er leichthin, »aus dem bedauerlichen Umstand, dass ich sterben werde, lässt sich noch lange kein Freibrief für schlechte Umgangsformen ableiten.«
    Ich schlug ihm ins Gesicht. Es war keine Handlung im Affekt, auch kein Reflex, sondern eine bewusste Entscheidung, getrieben vom Zorn auf Pose und Ohnmacht. Seine Pose. Meine Ohnmacht.
    Sekunden verstrichen in ungläubigem Schweigen.
    Nur die Wanduhr tickte laut und unbeirrt. Dann hob Felix eine Hand, befühlte seine Wange. »Pistolen im Morgengrauen?« , fragte er, seine Stimme sanft, undeutbar. »Und ich dachte, es hätte auch dir beim ersten Mal schon kein rechtes Vergnügen bereitet.«
    Ich trat zurück; für einen Augenblick trafen sich unsere Blicke. Du wirst nicht sterben, wollte ich ihm sagen. Wir werden diesen Fall lösen und du wirst dein Leben zu Ende leben, irgendwie, denn ich kann es nicht ertragen, dich vom Sterben reden zu hören, als hättest du dich in dein Schicksal gefügt. Doch was ich sagte, war nur: »Wenn es deinem Wunsch entspricht.«

    Felix lachte; dann hustete er. Blindlings ließ er sich in einen der unbequemen Polstersessel fallen, würgte und hustete weiter  – genau so, wie Esther es in ihrem Brief beschrieben hatte.
    »Felix?« Plötzlich schuldbewusst ging ich neben seinem Sessel in die Hocke. »Soll ich nach einem Diener läuten?«
    »Nein«, brachte er mühsam hervor. Er presste ein Taschentuch an seine Lippen. »Nein, meinem Wunsch entspricht es nicht. Aber ich meine, die Etikette verlangt von mir, dass ich dich fordere, oder?« Sein schmales Antlitz blieb unergründlich, doch stahl sich vages Amüsement in seine Stimme.
    »Du könntest mir auch vergeben«, warf ich ein.
    Felix erhob sich langsam. »Lass es gut sein.« Er bot mir eine Zigarette an und nahm sich auch selbst eine – noch immer dieselbe französische Marke mit dem vergoldeten Mundstück. Eine Weile rauchten wir schweigend, und Felix nahm seine Wanderung durch den Raum wieder auf.
    »Es tut mir leid«, sagte ich, und einem Impuls folgend fügte ich hinzu: »Ich kann, will und werde nicht akzeptieren, dass du aufgegeben hast.«
    Felix hielt inne. Den Kopf gesenkt, wartete ich auf Hohn und Spott für meine offenen Worte.
    »Ich mache dir keinen Vorwurf, Dejan. Ich verzeihe dir sogar, wenn du möchtest.« Unruhig strich er durch seine Locken, die selten zu Felix’ tadellosem Auftreten passten.
    An eine altmodische Kommode gelehnt, verharrte ich still und kämpfte gegen das Verlangen, mich wieder und wieder für eine Entgleisung zu entschuldigen, die Felix’ mir doch nicht übelnahm: Vielleicht erinnerte er sich ebenso wie ich an eine Zeit, da wir es verstanden hatten, in den absonderlichsten Gesten und Taten den verbotenen Satz der drei Worte zu lesen.
    Ein Diener trat durch die Tür, um die Ankunft der Familie Weyr zu verkünden. Felix straffte

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