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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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und in das Tuch war eine rotgoldene Locke von eben diesem Haar geknotet.
    »Begreifst du überhaupt die Bedeutung der Gelübde, die du, wie du sagst, so gern ablegen willst?« fauchte Jerome.
    »Zölibat, Armut, Gehorsam, Beständigkeit im Glauben – ist auch nur das winzigste Anzeichen davon in dir zu sehen?
    Denke jetzt darüber nach, solange du noch kannst, und sage dich los von jedem Gedanken an solche Verirrungen und Unreinheiten, wie sie dieses eitle Ding erahnen läßt, denn sonst kannst du bei uns nicht aufgenommen werden. Der Strafe für diese Verfehlung wirst du nicht entgehen, doch du hast Zeit zum Bereuen, falls in dir noch etwas Anstand ist.«
    »Anstand genug jedenfalls«, sagte Meriet ohne Verlegenheit und funkelnd, »um nicht im Bett eines anderen Mannes herumzuschnüffeln und sein Eigentum zu stehlen. Gebt mir«, sagte er sehr leise durch zusammengebissene Zähne, »was mir gehört!«
    »Wir werden sehen, Unverschämter, was der Herr Abt zu deinem Benehmen zu sagen hat. Ein so eitles Ding wie dieses darfst du jedenfalls nicht behalten. Und deine Aufsässigkeit soll getreulich berichtet werden. Und nun laß mich vorbei!« befahl Jerome, der mit seinem herrischen Auftreten und seiner Rechtschaffenheit ausgesprochen zufrieden war.
    Cadfael wurde sich nie richtig klar, ob Meriet Jeromes Absicht mißverstand und vermutete, daß es nur darum ging, die ganze Sache im Kapitel dem Abt zur Entscheidung zu unterbreiten. Der Junge mochte sich soweit wieder in der Gewalt haben, daß er dies akzeptieren konnte, selbst wenn er damit am Ende seinen kleinen Schatz verlöre; denn schließlich war er aus eigenem Willen gekommen und erklärte bei jeder Herausforderung steif und fest, daß er mit ganzem Herzen wünschte, bleiben zu dürfen und seine Gelübde abzulegen.
    Was auch immer sein Grund war, er trat zurück, wenn auch mit finsterem und zweifelndem Gesicht, und erlaubte es Jerome, in den Korridor herauszukommen.
    Jerome wandte sich zur Treppe, wo die Lampe noch brannte, und alle seine stummen Schergen folgten respektvoll. Die nur trüb brennende Lampe stand in einer flachen Schale, die von einer Wandklammer gehalten wurde. Jerome nahm sie heraus, und ehe Cadfael oder Meriet erkannten, was er beabsichtigte, hatte er das feine Gazeband schon durch die Flamme gezogen.
    Die Haarlocke zischte und flammte in einem kleinen goldenen Glanz auf, das Band fiel zu zwei verkohlten Hälften auseinander und glomm in der Schale weiter. Und Meriet sprang, ohne einen Ton von sich zu geben, wie ein gereizter Hund los und wollte Bruder Jerome an die Kehle. Es war zu spät, seine Kutte zu packen und ihn zu halten, und so setzte Cadfael hinterdrein.
    Es war keine Frage, daß Meriet töten wollte. Dies war kein lautstarker Streit. Er hatte die Hände um Jeromes mageren Hals geschlossen und warf ihn krachend auf die Bodenkacheln, wo er den Griff hielt, obwohl ein halbes Dutzend der entsetzten und erschrockenen Novizen an ihm zerrten und ihn kratzten und auf ihn einschlugen; sie konnten nichts ausrichten und waren überdies Cadfael im Weg. Jerome lief purpurn an, sein Brustkorb hob sich schwer; er wand sich wie ein Fisch auf dem Trockenen und klopfte hilflos mit der flachen Hand auf die Kacheln. Cadfael kämpfte sich durch, bis er sich zu Meriets ansonsten unzugänglichem Ohr beugen und die passenden Worte hineinbrüllen konnte:
    »Schäm dich, Sohn! Einen alten Mann!«
    In Wirklichkeit fehlten Jerome noch gut zwanzig an Cadfaels sechzig Jahren, doch die Not rechtfertigte die leichte Übertreibung. Meriets adlige Vorfahren gaben ihm einen Rippenstoß. Er löste den Griff, Jerome atmete geräuschvoll ein und kühlte von Purpur zu Ziegelrot ab, während ein Dutzend Hände den Missetäter auf die Füße zogen und ihn, der immer noch wortlos Feuer spuckte, festhielten; und just in diesem Augenblick kam Prior Robert, groß und furchteinflößend, als trüge er bereits die Mitra, funkelnd wie ein strafender Blitzschlag Gottes, den gekachelten Flur heruntergeschwebt.
    In der Lampenschale schmorten die beiden Enden des blumenbestickten Bandes und entließen einen schmutzigen, übelriechenden Qualm, und in der Luft hing noch der Gestank der verbrannten Locke.
    Zwei Laienbrüder brachten auf Prior Roberts Befehl die selten benutzten Handfesseln, banden Meriets Handgelenke und führten ihn in eine der Strafzellen, die weitab von den ständig benutzten Bereichen des Hauses lagen. Meriet ging, immer noch wortlos, mit ihnen, zu sehr seiner Würde

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