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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wir im sicheren Hafen vor dem Sturm ankern. Wollt Ihr in meinem Auftrag nach Aspley gehen?«
    »Von ganzem Herzen gern, Vater«, sagte Cadfael.
    »Morgen?«
    »Gern, wenn Ihr es wünscht. Doch darf ich nun gehen, um zu sehen, was man tun kann, um Bruder Meriet an Geist und Körper zu beruhigen und um zu erfahren, was ich von ihm erfahren kann?«
    »Geht mit meinem Segen«, sagte der Abt.
    In seiner kleinen steinernen Strafzelle, in der es nichts gab außer einem harten Lager, einem Schemel, einem Kreuz an der Wand und dem für die körperlichen Bedürfnisse des Gefangenen vorgesehenen Gefäß, wirkte Bruder Meriet seltsamerweise offener, entspannter und zufriedener, als Cadfael ihn bisher gesehen hatte. Allein, unbeobachtet und im Dunkel war er zumindest von der Notwendigkeit befreit, auf jedes Wort und jede Geste zu achten und alles abzuwehren, was ihm zu nahe kam. Als die Tür plötzlich entriegelt wurde und jemand mit einer winzigen Lampe in der Hand kam, versteifte er sich zwar einen Augenblick und hob den Kopf von den gefalteten Armen, um aufzublicken; doch Cadfael nahm es als Kompliment und Ermutigung, daß der junge Mann, als er ihn erkannte, unwillkürlich seufzte und sich entspannte und die Wange wieder auf die Arme legte, wenn auch dergestalt, daß er den Ankömmling beobachten konnte. Er lag ohne Hemd auf dem Bauch, seine Kutte war bis zur Hüfte herabgezogen, um Luft an die Striemen zu lassen. Er schwieg trotzig, denn sein Blut war immer noch in Wallung. Zwar hatte er sich vollkommen aufrichtig zu allem bekannt, was ihm vorgeworfen wurde, doch er hatte nichts bereut.
    »Was will man nun noch von mir?« fragte er direkt, ohne Furcht zu zeigen.
    »Nichts. Bleib nur liegen und laß mich die Lampe irgendwo abstellen. Da, hörst du? Wir sind zusammen eingeschlossen.
    Ich muß an die Tür hämmern, ehe du mich wieder loswirst.«
    Cadfael setzte die Lampe auf den Halter unter dem Kreuz, so daß sie das Bett beleuchten konnte. »Ich habe etwas mitgebracht, das dir so oder so zu einem guten Nachtschlaf verhelfen wird. Wirst du meiner Arznei vertrauen? Dieser Trank kann deine Schmerzen lindern und dir in den Schlaf helfen, wenn du willst.«
    »Ich will ihn nicht«, sagte Meriet tonlos und beobachtete ihn wachsam, das Kinn auf die gefalteten Arme gestützt. Sein gebräunter Körper war geschmeidig und kräftig, die bläulichen Striemen auf dem Rücken nicht zu garstig, um entstellend zu wirken. Ein Laienbruder hatte bei der Züchtigung seine Hand gehalten; vielleicht empfand auch er keine große Liebe für Bruder Jerome. »Ich will wachen. Es ist so still hier.«
    »Nun gut, dann halte den Mund und laß mich wenigstens deine Kupferhaut einreiben. Ich sagte dir doch, daß dir das Fell abgezogen würde!« Cadfael setzte sich auf die Kante des schmalen Betts, öffnete den Krug und begann die schlanken Schultern, die sich unter der Berührung wanden und bogen, einzusalben. »Dummer Junge«, schalt er. »Das hättest du dir ersparen können.«
    »Ach, das!« sagte Meriet gleichgültig, sich den lindernden Fingern ergebend. »Ich hab schon Schlimmeres erlebt«, sagte er, lässig und bequem auf die gekreuzten Arme gestützt.
    »Wenn mein Vater zornig ist, könnte er euch hier einiges lehren.«
    »Nun, auf jeden Fall hat er es versäumt, dir etwas Verstand beizubringen. Allerdings kann ich nicht leugnen«, räumte Cadfael großzügig ein, »daß ich selbst auch manchmal Gelüste hatte, Bruder Jerome zu erwürgen. Doch andererseits tat der Mann nur seine Pflicht, wenn auch mit harter Hand. Er ist der Beichtvater der Novizen, zu denen – kann ich es glauben? – auch du gehörst. Und wenn du ein Mönch werden willst, dann mußt du jeden Umgang mit Frauen aufgeben, mein Freund, und alle Sorge um persönliches Eigentum. Tu ihm Gerechtigkeit an, denn er hatte Grund zur Klage über dich.«
    »Er hatte keinen Grund, mir etwas zu stehlen«, gab Meriet heißblütig zurück.
    »Er hatte das Recht zu konfiszieren, was hier verboten ist.«
    »Ich nenne es immer noch stehlen. Und er hatte kein Recht, es vor meinen Augen zu zerstören – und schon gar nicht, zu sprechen, als wären Frauen unrein!«
    »Nun, er hat wie du für seine Verfehlungen gebüßt«, sagte Cadfael großzügig. »Er hat einen wunden Hals, der ihm noch eine Woche den Mund verschließen wird, und für einen Mann, der so gern seine eigenen Predigten hört, ist das keine schlechte Rache. Doch was dich angeht, mein Junge, so hast du noch einen weiten Weg zu gehen, ehe

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